Hinweis:
Der VentureMax XL Lenker wurde mir von Ritchey zum Test angeboten und anschließend zur Nutzung überlassen. Damit ist das hier Werbung. Ich habe meinen Salsaletten Team-Kollegen Tobias gebeten, den Lenker auszuprobieren und einem Praxistest zu unterziehen. Und darüber auch zu schreiben. Der folgende Testbericht stammt daher von Tobias – Dankeschön!Mein erster Eindruck: Irgendetwas stimmt hier nicht. Der Lenker steckt in einer Folie aber diese Welle fällt sofort auf. Ein Knick am unteren Ausfallende. Nicht massiv, aber deutlich zu erkennen. Mein erster Gedanke: Transportschaden. Doch der Karton ist intakt, keine Dellen oder ähnliches. Und Martin hat ja gesagt, dieser Lenker sei anders. Breiter ausgestellt, flaches Rohr am Oberlenker und mit Flare am Unterlenker. Aber von dem Knick hat er nichts erzählt. Dann die Entwarnung – der Knick ist an beiden Seiten, muss also so sein, denke ich, muss grinsen und frage: Disqualifiziert mich das für einen Test, wenn ich so etwas nicht sofort erkenne?
Von vorne: Martin und ich sind Race-Buddies. Wir sind das Atlas-Mountain-Race als Team gefahren, sind beide auf Salsa Fargos unterwegs, sehen uns kaum, hören uns manchmal, schreiben uns täglich. Meistens mehrmals. Eigentlich sind wir sogar Freunde. Und deshalb muss sich Martin mein Gejammer anhören. Ich heule ihm dann die Ohren voll, dass die Fahrrad-Industrie so Typen wie mich ignoriert. Zwei Meter, hundert Kilo, zack raus aus jedem Produktentwickler-Fokus.
Was habe ich mich gefreut als Salsa im vergangenen Frühjahr eine breitere Version des Cowchipper-Lenkers angekündigt hat. Ein Adventure-Lenker, bisher nur bis 46 cm Breite, jetzt dann bis 52 cm. Ich habe den Lenker im Sommer bestellt und warte seither. Und als ich am Telefon mit Martin gerade zum Lenker-Rant ansetzen wollte, über den nicht lieferbaren Salsa, den teuren Walmer-Bar und bestimmt wäre mir noch mehr eingefallen, da sagte Martin: „Willst du mal den Ritchey VentureMax XL testen, den hätte ich gerade hier?“
Testfragen
Ja klar will ich. So kommt der Lenker zu mir und damit die Frage: Wie könnte so ein Test ablaufen – ich habe so etwas noch nie gemacht und scheine ja schon durch einen gewollten Knick im Lenker kurz verwirrt zu sein. Also habe ich für mich zwei Prämissen formuliert: Erstens, der Test ist subjektiv, heißt: Hier stehen meine persönlichen Eindrücke. Und zweitens brauche ich Zielfragen, die mir bei der Beantwortung der Frage „Ist der Lenker was für mich?“ helfen. Also habe ich mir folgende Fragen zurechtgelegt:
- Großer Fahrer, breiter Lenker – bringt mir das was?
- Breiter Lenker, großer Hebel – wie schlägt sich der VentureMax XL im Downhill?
- Breiter Lenker, mehr Platz – passt alles Equipment an den Lenker?
- Flach, gewellt, breit – sind die vielen Lenkerpositionen vernünftig nutzbar?
- Und schließlich: Wäre das ein Lenker für das Silk-Road-Mountain-Race?
Der Lenker
Liest man sich die Beschreibung des VentureMax auf der Ritchey-Seite durch, dann trifft es gleich der erste Satz ziemlich gut: „Tom Ritchey has been riding off-road and riding far.“ Und das merkt man den Sachen, die er entwickelt und baut, an.
Martin hat hier kürzlich über das Outback geschrieben, ein Adventure Bike, dem man diese Erfahrung anmerkt. Anders käme wahrscheinlich niemand darauf, einen Lenker wie den Ritchey VentureMax XL zu bauen.
Der Lenker misst an den Drops 52 cm. Am Oberlenker ist das verwendete Rohr nicht rund, sondern flach und die Enden im Unterlenker sind um 24 Grad nach außen gedreht (Drop Flare). Eine weitere Raffinesse: Ritcheys „Ergo Bio Bend“ – dieser kleine Hubbel in der Unterlenkerposition, den man mit einem Transportschaden verwechseln könnte – aber dazu später mehr. Der VentureMax XL ist aus Aluminium, wiegt 325 Gramm und ich war erstaunt: Der Lenker sieht echt schwerer aus als er ist.
Testaufbau
Ich habe den Lenker auf mein grünes Salsa Fargo 2019 -Modell gebaut. Seit mir im Sommer bei meinem 20er Fargo der Rahmen unterhalb der Sattelklemme gerissen ist und ich auf den Tauschrahmen warte, ist das grüne Salsa mein „Staging Bike“. Ich teste am grünen Salsa, was später auf das schwarze Race-Salsa kommen soll. Da schaltet hinten eine Sram-Rival mit Garbaruk-Käfig eine 11-50 Sunrace-Kassette. Vorne links hängt noch eine Apex Schalt/Brems-Kombi, obwohl das Fahrrad längst auf 1×11-Antrieb umgebaut ist. Beste Testumgebung also für den Ritchey-Lenker.
Bislang bin ich dort den Salsa Woodchipper in 46 cm Breite gefahren, diesen extrem ausgestellten Adventure Bar, das Lenkerband doppelt gewickelt, das war auf langen Strecken richtig bequem. Beim Ritchey habe ich das Lenkerband einfach gewickelt, nur am Unterlenker und an den Drops bis zum Schalt/Bremshebel habe ich einen Streifen altes Lenkerband untergeklebt. Was mir gefallen hat: An der Unterseite des flachen Oberlenkers gibt es eine Vertiefung, in der die Brems- und Schaltzüge verschwinden, man spürt sie dann nicht mehr.
Einen möglichen Kritikpunkt kann ich hier übrigens gleich entkräften. Die „Bleibt man mit so einem breiten Lenker nicht überall hängen“-Frage. Klares Nein. Der VentureMax XL ist insgesamt schmaler als der Woodchipper, weil der DropFlare, beim Ritchey 24 Grad, beim Salsa 38 Grad, bei Weitem nicht so ausgeprägt ist. Um das zu zeigen, habe ich die beiden Lenker mal nackt nebeneinander gelegt.
Testfahrten
Ich habe den Ritchey VentureMax XL rund um Würzburg getestet. Hier lebe ich, hier ist alles vorhanden, was man für einen Test braucht – zumindest bilde ich mir das ein: Steile Weinbergsrampen, schmale Downhillpfade, Feldwege mit Matsch, Waldwege mit Wurzeln, nasses Laub, technisch einfache Oberflächen für die Aerobars, Stadtverkehr. Ich bin den Ritchey einmal mit und einmal ohne Aerobars gefahren, beide Male war das Wetter kacke, perfekt also für den Test.
Was mir sofort auf den ersten Metern aufgefallen ist: Die sechs Zentimeter mehr in der Breite, wenn ich locker auf die Schalt/Brems-Griffe gestützt fahre, merke ich sofort. Meine Armhaltung ist entspannter, die Griffbreite am Lenker unten entspricht eher dem Abstand zwischen meinen Schultergelenken oben. Das fühlt sich gut an. Bergab habe ich sofort mehr Kontrolle, die drei Zentimeter mehr pro Seite im Vergleich zum Salsa machen das Lenken unmittelbarer, direkter, kontrollierter. Ich habe das auf Asphalt, Schotter und einem Wurzelpfad ausprobiert, das hat sich bergab alles sehr sehr sicher angefühlt.
Was ich noch wichtig finde: Komfort bergauf. Ich mag es, locker im Oberlenker zu greifen. Die flache Oberlenkerposition macht das einfach. Man kann den Handballen auflegen, muss nicht umgreifen, das gibt Abwechslung, diese Position entspannt und Platz ist auch ausreichend vorhanden – auch bei aufgebautem AeroBar.
Beim Salsa musste ich immer ein bisschen umständlich unter die Auflieger greifen, die Unterarmauflage der Bars hat genervt, weil man mit dem Unterarm drangestoßen ist. In Verbindung mit Staub und Schweiß hatte das was von Schleifpapier. Aber auch das: Gelöst. Auflieger und Arm können sich aus dem Weg gehen. Platz gibt es am Ritchey VentureMax XL genug: Der 31,8 mm Klemmbereich erstreckt sich über 14 cm, das sind zwei mehr als beim Woodchipper. Genug Platz für Salsa Anything Cradle, Auflieger, Licht.
Und dann die Knubbelchen, diese Erhebungen auf beiden Seiten des Unterlenkers, die den VentureMax XL so verbogen aussehen lassen. Ergo Bio Bend, sagt Ritchey dazu. Ich fahre viel in der Unterlenkerposition. Nicht um Druck zu geben, sondern wegen der Abwechslung. Umgreifen, Position verändern, Rücken strecken, Nacken entspannen, Durchblutung ermöglichen – das ist wichtig, wenn die Sattelzeit 14 Stunden oder mehr beträgt. Interessant bei den Bio Bends: Sie fühlen sich sofort normal an. Wer in den Unterlenker greift, landet automatisch mit dem Handballen auf den Erhebungen. Und so lässt es sich aushalten. Auch lange.
Fazit
Beim Fazit kann ich es ganz kurz machen: Ich bin begeistert. Der Ritchey VentureMax XL kommt mir als Big Guy entgegen. Ich fahre mit dem breiteren Lenker entspannter, habe mehr Kontrolle auf Bergabfahrten, schätze die vielen zusätzlichen Griffmöglichkeiten und den Platz.
Für mich könnte der Ritchey der Lenker für das Silk-Road-Mountain Race werden. Es gibt nur ein ganz kleines Aber: Ich würde mir eine XXL-Version des Lenkers wünschen, der gerne 56 oder 58 cm breit sein darf.