How-To Overnighter: Wie ich für eine Nacht rausfahre

How-To Overnighter: Wie ich für eine Nacht rausfahre
How-To Overnighter: Wie ich für eine Nacht rausfahre

Es gibt manchmal Themen, über die ich mir gar keine Gedanken mehr mache und die für mich mittlerweile völlig normal sind. Dazu zählen auch Overnighter.

Ich komme gerade frisch von einem solchen Overnighter und teile daher gerne mal mit euch, wie ich sowas mache und plane. (Danke an Ingo für die Frage via Instagram, die mich zu diesem Beitrag inspiriert hat!)

Lassen wir mal das Englisch beiseite, so bedeutet das für eine Nacht einfach mal raus, in die Natur, abschalten und dann, am nächsten Morgen, wieder zurück nach Hause oder ins Büro.

Dieses Konzept der Kurzzeit-Auszeit ist eigentlich naheliegend, doch nicht für jede oder jeden ist das so einfach umzusetzen.

Planen ist eigentlich das falsche Wort, aber wer es zum ersten Mal macht, der sollte das auch planen.

Die Gelegenheit

Am ehesten bieten sich natürlich die Tage zum Wochenende oder am Wochenende an. Aber auch zwischendurch ist es durchaus möglich. Im Sommer, wenn die Tage lang sind, bin ich schon oft nach der Arbeit direkt aus dem Büro losgefahren und am nächsten Morgen wieder direkt ins Büro zurückgekommen. Allerdings habe ich eine Dusche im Büro und kann dort auch Sachen unterstellen.

Seitdem ich im Homeoffice arbeite, mache ich das aber auch ab und zu, fahre nach der Arbeit raus und bin am nächsten Morgen wieder da. Das heißt dann natürlich auch früh aufstehen – gestern zum Beispiel 5.45 Uhr – um dann morgens wieder mit der Familie zu frühstücken und die Tagesaufgaben zu übernehmen.

Manchmal gibt es auch Brückentage oder Feiertag, die sich dafür anbieten. Viel Zeit braucht es nicht dafür, im Kern zirka 15 Stunden, was schon viel ist. Aber diese paar Stunden sind teilweise wie eine Ewigkeit und sehr erholsam.

Der Schlafplatz

Ich plane meine Overnighter meist nach einer Himmelsrichtung oder Gegend, in die ich gerne mal wieder möchte. Und je nach dem was es dort so gibt, wähle ich entweder einen wilden Zeltplatz oder einen Campingplatz für die Nacht.

Ein Overnighter ist auch eine gute Gelegenheit, um zu testen, wie es so da draußen ist – vielleicht sogar alleine – und wir man damit klar kommt, alleine in der Natur zu sein.

Und da sollte man grundsätzlich nach den eigenen Vorlieben gehen: fühlst du dich nicht wohl so alleine irgendwo zu campieren, dann geh auf einen Campingplatz. Und umgekehrt, wenn Camping nix für dich ist, dann schlaf im Wald oder Feld oder auf einer Wiese. Oder in einer Schutzhütte am Wegesrand.

Schaut einfach in euren Planungstools nach entsprechenden Orten, wo man schlafen kann. Hütten sind meist verzeichnet, Campingplätze sowieso. Ich schaue meist erst nach der Gegend/Richtung und suche dann dort mit Google Maps nach entsprechenden Möglichkeiten und baue die in meine Route ein.

Ich richte mich bei meinen Overnightern immer nach den Regeln in Wald und Flur. So ziehe ich meist die wilden Schlafplätze des Netzwerks Wildes Schleswig-Holstein vor, oder – wenn es zum Beispiel südlich der Elbe geht, fahre ich zu einem Campingplatz. Ich schlafe nicht wild in Naturschutzgebieten oder baue dort mein Zelt auf. Allerdings schaue ich gerne auch nach Schutzhütten und lege mich dann dort einfach mit Biwaksack oder ohne hin.

Die Entfernung

Ein Overnighter wird nicht besser, je weiter man fährt. Auf die Kilometer kommt es gar nicht an, sondern auf den schönen Ort, an dem du übernachten möchtest.

Ich suche mir meist meine Plätze mit einer Entfernung von 55-80km aus. Das ist gut nach der Arbeit noch zu schaffen und man ist nicht fertig, wenn man ankommt. Vor allem im Sommer kann man noch schön in den Abendstunden radeln und legt sich dann hin.

Was ich auch sehr gerne mache ist, so an einem Campingplatz anzukommen, dass ich mich noch gemütlich in das Restaurant setzen kann und noch was esse und trinke und dabei die Platz-Atmosphäre aufsaugen kann.  Und für ein Zelt ist eigentlich immer Platz.

Die Begleitung

Bild: @Nils Thomsen

Ich bin sehr gerne alleine unterwegs und liebe es, abends dann im Zelt oder Biwaksack zu liegen, noch was auf dem Handy zu gucken oder einfach nichts zu machen und dann zu schlafen. Ein Overnighter ist für mich auch ein prima Kontrastprogramm zum Arbeitsalltag, der immer viele menschliche Kontakte bedeutet, was mir ab und zu sehr auf den Keks geht. Daher bin ich sehr gerne alleine. Und ein paar Stunden im Wald wirken wahre Wunder und geben Energie.

Wer allerdings nicht alleine unterwegs sein möchte und sich zum Beispiel auch erstmal nicht alleine traut, im Wald zu schlafen, der kann natürlich mit anderen Menschen unterwegs sein. Da gibt es keine Regeln. Wichtig ist, dass es dir gefällt, dich entspannt, dir Freude bereitet.

Auch bei mir passiert das ab und zu und ich fahre mit einem Freund oder mehreren Freunden auf einen Overnighter. Zum Beispiel mit Stephan bei einer Orbit-Übernachtung oder mit Nils und Gunnar in der Steinzeit. Das macht schon Laune und man sitzt dann abends zusammen und quatscht noch. Allerdings empfehle ich das nur bei wärmeren Nächten, denn sonst ist es einfach zu ungemütlich und man will schnell in den warmen Schlafsack.

Die Versorgung

Wenn ich auf einen der wilden Plätze fahre, nehme ich meist einen Kocher und etwas Wasser mit. Denn dann koche ich mir abends noch einen Tee und mache mir eine 5-Minuten Terrine oder ähnliches. Ansonsten plane ich hier wie auch sonst mit etwas Essen, dass ich auch für den nächsten Morgen dabei habe. Ich bin kein Frühstücker, aber etwas kleines ist ganz gut.

Meist lege ich mir meine Routen dann auch so, dass ich entweder abends vor dem Platz noch an einer Tanke oder Supermarkt vorbei komme, oder am nächsten Morgen dann bei einem Bäcker. Ein Overnighter ist kein Überlebenstraining und natürlich soll man es sich dabei gut gehen lassen.

Die Ausrüstung

Alles, was ihr zum Overnighter braucht, habt ihr ja bereits: ein Fahrrad, Taschen, Zelt oder Biwaksack, Schlafsack und Unterlage. Fertig.

Ich habe mir eine Liste in meiner Einkaufs-App angelegt, die ich immer konsultiere, wenn ich auf einen Overnighter fahre. Je nach Jahreszeit kann ich dann so alles abhaken und vergesse nichts. Im Winter brauche ich natürlich etwas mehr und da spielen auch warme bzw. Ersatzklamotten im Camp eine Rolle. Im Sommer ist es deutlich weniger und es geht schneller. Oft entscheide ich mich spontan für eine Kurzzeit-Auszeit und brauche nur ein paar Minuten, um alles zusammen zu packen.

Wer das zum ersten Mal macht, der kann sich ja eine Liste anlegen und diese dann abarbeiten. Sich auch mehr Zeit nehmen zum Packen und Überlegen. Die Erfahrung kommt von ganz alleine und ihr werdet immer effizienter.

Und ja, das Packen für einen Overnighter unterscheidet sich nicht wirklich vom Packen für eine längere Radtour. Denn man nimmt ja auch theoretisch das gleiche mit, braucht es dann aber nicht so lange. Lasst euch also nicht von Kommentaren irritieren, die da meinen, es sei viel zu viel für eine Nacht und man selber bräuchte dafür ja nur ein Taschentuch. Man sollte sich ohnehin nicht an Social Media Kommentaren orientieren.

Ich bin eher reduziert unterwegs, aber ich habe auch schon andere getroffen, die es sich mit Tisch und Hocker gemütlich gemacht haben. Und das ist völlig ok so. Ich sitze dann auf meinem Packsack und bin ab und zu auch neidisch auf diese Hocker und den Tisch.

Die Sicherheit

Also das muss jeder für sich entscheiden, denn das Sicherheitsgefühl ist ja sehr individuell. Campingplätze bieten da natürlich mehr Sicherheit, als es vielleicht beim wilden Campieren der Fall ist. Allerdings legt man sich dann ja auch nicht auf den Präsentierteller, sondern schaut schon, dass man nicht sofort gesehen wird.

Egal ob in Schutzhütten, auf dem Campingplatz oder beim wilden Übernachten: ich habe mich noch nie unsicher gefühlt. Und auch wenn es um das Fahrrad geht, bin ich da sehr gelassen. Ich schließe es meist nicht an. Nur auf dem Campingplatz. Und bin auch nachts nicht unruhig und erwarte Diebe und andere Gefahren. Bislang ist mir noch nie etwas passiert und man hat mir auch noch nie etwas geklaut.

Wer da unsicher ist und Sorge vor Mensch und Tier hat, der hat aus meiner Sicht nur die Möglichkeit, sich zu überwinden und diesen Ängsten zu stellen. Ich habe auch schon von Menschen gelesen, die sich nicht getraut haben, auf dem Campingplatz ihr Rad und Zelt allein zu lassen, um Duschen zu gehen. Dann ist ein Overnighter vielleicht nix für diese Leute. Oder vielleicht gerade doch, denn es kann eine neue Erfahrung sein.

Die Inspiration

Und wer jetzt Lust bekommen hat und es auch probieren möchte, der findet eigentlich ziemlich viele Infos und Inspiration im Web.

So gibt es mit Overnighter eine gleichnamige Seite, auf der Gunnar über seine Übernachtungsfahrten berichtet.

Auf Facebook findet ihr in der Gruppe Overnighter Germany jede Menge Infos, Tipps und Inspiration und könnt Fragen stellen.

Mit dem CXB Routenplaner (auf Brouter Basis) könnt ihr euch schöne Gravel-Routen für eine Nacht draußen zusammenplanen. Aktuell wird daran gearbeitet, alternativ könnt ihr auch Brouter nutzen.

Und natürlich geht auch Komoot, wo der Gravelplaner schon besser geworden ist und man zudem auch viele weitere Informationen, wie Schutzhütten und Wasserstellen sich anzeigen lassen kann.

Wer das erste Mal nicht alleine in den Wald fahren möchte, der kann sich auch Gruppen-Overnightern anschließen. So macht zum Beispiel Nils, Gründer des Hackenpedder, auch solche Ausfahrten für eine Nacht. Das wäre ja auch mal was für die ganzen Clubs, die sich rund ums Graveln und Bikepacken so gegründet haben. Vielleicht gibt es da ja bald mehr Angebote zum Einsteigen.

Und das Wichtigste ist: Es gibt keinen falschen oder richtigen Overnighter. Es kommt, wie so oft im Leben, nur auf dich und deine Bedürfnisse an. Hab also Spaß und geniesse einfach die Zeit auf dem Rad in der Natur.

Welche Tipps habt ihr noch zum Thema Overnighter?

Wer weiß von Overnighter-Ausfahrten und kann sie hier teilen?

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8 Comments

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  1. says: Karin

    Danke für die vielen Infos! Immer wenn ich bei meinen Radtouren denke, hier wäre doch jetzt ein guter Platz abends mal sein Zelt aufzubauen, dann schaue ich mich um und wieder ist ganz in der Nähe ein Hochsitz. Da könnte also ein Jäger/Förster kommen und ansitzen wollen. Wie hälst du es denn mit diesen Leuten? Wie vermeidest du Konflikte mit Förstern/Jägern, wenn du wild campst? Ich erinnere mich ungern an einen Jäger im Allgäu, der uns im Herbst zu Beginn der Dämmerung schon anschnauzte, als wir nur über den Waldweg radelten.

    1. Ich hatte mit Jägern noch keine Probleme. Wir haben auch mal in einer Jagdhütte gelegen, als Nachts die Jäger kamen. Alles kein Problem. Aber natürlich schauen, wo man sich hinlegt. Und mit Biwak ist das oft ok. In Schleswig Holstein haben wir ja zudem die ausgewiesenen Plätze im Wald. Da ist das lagern und Zelten für eine Nacht erlaubt.

        1. Ja, natürlich. Aber ich sehe Waldarbeiter , Jäger und Forstangestellte nicht als Problem. Man kann gemeinsam immer gut eine Lösung finden und wenn man sich an die Grundregeln hält, geht einiges. Aber wie gesagt halte ich mich da immer an die regeln, denn ich will ja nicht die Natur zertören oder stören. Zumindest nicht mehr als ich es ohnehin mache.

    2. says: Guido Merkle

      Hi, es gibt natürlich auch hier einen Trick…. guck mal in einen Jagdkalender, zu welchen Zeiten die Jäger auf welches Wild ansitzen, z.b. beim jeweiligen Landesjagdverband ….außerhalb der Jagdzeiten sind Jäger entspannt …..
      Schonzeiten in BW sind hauptsächlich von Februar bis Juli.