Geschnürt & Geschüttelt: Unterwegs mit der Ortlieb Handlebar QR

Geschnürt & Geschüttelt: Unterwegs mit der Ortlieb Handlebar QR / @ www.instagram.com/veloclaudi/

Hinweis:

Ich bin schon länger mit Ortlieb verbunden und wir tauschen uns immer wieder über Produkte und Prototypen aus. Daher habe ich die Handlebar QR zum Vorab-Test bekommen und ein Exemplar dann auch verlost. Deshalb ist das hier auch Werbung.

Vor fast einem Jahr kam Ortlieb auf mich zu, mit der Bitte um Einschätzung und Feedback zu einer neuen Bikepacking-Lenkertasche: die Handlebar QR. Das QR steht übrigens für Quick Release, also dem einfachen und schnellen Abnehmen oder Befestigen.

Besonders an diesem Prototyp war das Befestigungssystem, welches auf das bekannte Klick-System verzichtete und stattdessen auf eine neue Lösung setzte: das Bar Lock System. Hier werden zwei Schnüre um den Vorbau gespannt, welche die Tasche fixieren.

@ Ortlieb Sportartikel GmbH

Der Vorteil: einmal richtig eingestellt, kann so die Tasche einfach abgenommen oder wieder angebracht werden. Dieses System ist allerdings gewöhnungsbedürftig und ich habe etwas gebraucht, bis ich es richtig hinbekommen habe.

Wie das Bar Lock System funktioniert und die Handlebar QR sicher am Lenker angebracht werden kann, zeigt dieses Video:

 

Die 530g schwere Tasche fasst 11 Liter und verfügt zudem rechts und links über Seitenfächer, die entweder Trinkflaschen oder andere Sachen aufnehmen können. Sie hat eine Breite von 32cm, was sie vor allem interessant für Fahrer:innen mit Drop-Bar machen soll. Die Handlebar QR ist 22cm hoch und 18cm tief. In der Breite verjüngt sich die Tasche von 32cm oben auf 26cm unten.

Ortlieb gibt eine maximale Beladungsgrenze von 5kg an. Das ist wichtig zu wissen, denn es passt schon einiges rein. Ich habe beim Prototypen eine Daunenjacke, Werkzeug, zwei Flaschen, Riegel und eine Kamera dort untergebracht. Durch die Innenkompression (zwei Riemen rechts und links) bleibt die Tasche dabei in Form.

Der Prototyp an meinem Rad

Mir ging es darum zu sehen, wie die Tasche voll beladen im Gelände hält. Das hat sie auch gut gemacht. Geschlossen wird sie mit dem Ortlieb-bekannten Rollverschluss, der durch einen Riemen mit Haken fixiert wird.

@ Ortlieb Sportartikel GmbH

Während der Fahrt kann man also eher nicht auf den Inhalt des Hauptfaches zugreifen. Dafür muss man dann schon anhalten. Allerdings bieten die Seitenfächer genug Raum für Snacks und Co. mit einfachem Zugriff während der Fahrt. Und wer gerne etwas mehr Ordnung in der Handlebar möchte, der sollte sich das Inner Pocket holen, in das kleinere Sachen ordentlich verstaut werden können.

@ Ortlieb Sportartikel GmbH

Ist die Handlebar QR mal nicht voll beladen, kann sie mittels zweier Riemen und Haken unten an der Tasche komprimiert werden.

@ Ortlieb Sportartikel GmbH

Ich bin einen Drop Bar mit Flare in 46cm Breite gefahren. Da hatte die Handlebar QR genug Platz, um an einer Seite Flaschen aufzunehmen. Mit dieser füllte sie dann aber den ganzen Platz aus und die Flasche waren dann doch an den Brems-/Schaltgriffen hinderlich. Bei schmaleren Lenkern kann ich mir vorstellen, dass der Platz nicht mehr reicht, um die seitlichen Taschen zu nutzen.

@ Ortlieb Sportartikel GmbH

Und: Fahrer:innen mit Carbon Lenker müssen leider laut Ortlieb auf die Handlebar QR verzichten, da diese für diese Lenker nicht zugelassen ist.

 

Die Handlebar QR in der Praxis

Soweit die Theorie – doch wie verhält sich die Handlebar QR in der Praxis, auf ausgedehnten Bikepacking-Touren?

Dafür habe ich Claudia aka Veloclaudi angefragt, die zum einen wie ich aus Leipzig kommt und zudem mit der Handlebar QR Tasche schon viel auf Tour war:

Hallo Claudia! / @ www.instagram.com/veloclaudi/

Stell dich doch bitte mal kurz vor: Wer bist du, was machst du & wie kam es zu deiner Fahrradleidenschaft?

Ich bin Claudia, 32, komme gebürtig aus der Region Leipzig, lebe aber seit 5 Jahren am Bodensee in der Schweiz. Ich fahr eigentlich schon immer Rad, aber das Passionierte kam die letzten Jahre erst. Es gab keinen konkreten Auslöser. Es wurde einfach jedes Jahr mehr und mehr und dann kam das erste gute MTB 2017, dann kam das erste Rennrad 2018, dann 2019 das erste Gravelbike.

Gleichzeitig entwickelte sich meine Sucht nach Radreisen und mittlerweile schraube ich auch selbst. Klingt alles nicht sehr filmreif, hat für mich aber einen enormen Stellenwert im Leben und ohne Fahrrad wäre ich nicht die Person, die ich heute bin. Das Bikepacking reihte sich genauso einfach mit dazu ein.

Claudias Bikepacking-Rad / @ www.instagram.com/veloclaudi/

Bei meiner ersten großen Radreise 2018 in Südspanien hatte ich neben den Panniers am Carbon-MTB auch eine “Arschrakete” (Satteltasche) dabei. Nach und nach kamen die anderen Ortlieb-Taschen der Serie hinzu. Qualität und Funktionalität haben wie gewohnt überzeugt. Mittlerweile bringe ich mit all den Alltagskilometern, kleinen und großen Reisen oder Tagestouren jährlich 10.000-12.000 km unter die Räder. Ich bin oft allein oder auch mit meinem Mann unterwegs, regional wie auch europaweit, mit Auto, Bahn oder Flugzeug, aber immer mit dem Drahtesel im Gepäck. Ohne geht nicht.

Wie sind deine Erfahrungen und Eindrücke der Handlebar QR Tasche?

Ich habe lange auf einen Nachfolger bzw. eine Alternative zur Lenkerrolle und dem Accessory Pack gewartet. Ich komme mit dem System zwar ganz gut klar (einzeln und auch in Kombination), probiere aber auch immer gern neues aus. Mein Mann Felix hingegen hasst die Lenkerrollen, weil es ihm zu viel Gefummel ist.

Es wird eng am Lenker: Unterwegs mit der Handlebar QR / @ www.instagram.com/veloclaudi/

Wie die anderen Bikepackingtaschen auch, nutze ich die Tasche für mehrtägige Touren. Wenn ich nur eine Tagestour mache, habe ich nur die Rahmentasche am Bike oder das Accessory Pack.

Anbringen der Tasche: Beim ersten Mal noch mit Anleitung, aber es ging dann doch recht fix. Bei meiner letzten Tour und dem 10. Montieren der Tasche, habe ich allerdings das graue Bändel falsch angebracht. So ganz intuitiv ist es also auch nach mehrmaligem Nutzen nicht unbedingt.

@ Ortlieb Sportartikel GmbH

Packen der Tasche: Echt einfach durch die große Öffnung. Egal ob systematisch und fein säuberlich zusammengelegt oder einfach alles reinwerfen und durch die beiden Schnallen innen und den Rollverschluss komprimiert, das Packen ist echt unkompliziert.

Beladung: Ich hatte die letzten Trips meine kleine Isomatte, Klamotten an die ich schnell rankommen will (Regenjacke, lange Hose, Pullover), Powerbank und andere Elektronik reingepackt. Wichtig ist, dass die Schnallen innen zugemacht und festgezogen werden. Das hält die Tasche besser oben und in Form, so dass sie nicht wie ein nasser Sack am Lenker hängt. Ich habe auch mehrmals auf die Schnallen noch eine Jacke draufgelegt und dann erst zugerollt, geht auch sehr gut. Max. Beladung hatte ich bisher bei vielleicht 4kg.

Bietet viel Platz / @ www.instagram.com/veloclaudi/

Fahrgefühl, Lenkgefühl, Verhalten der Tasche: Ich kann keine Einschränkungen feststellen. Ich hatte anfangs Bedenken, ob sie vollbeladen da bleibt, wo sie montiert ist, vor allem wenn man huckelige Pisten fährt. Aber auch da konnte ich keine Probleme feststellen. Tatsächlich hat sich aber schon 2-3mal die zugeklappte Schnalle des schwarzen Bändels (am Bar Lock System) wieder aufgeklappt, was dann eine Bewegung der Tasche nach unten ermöglicht hat.

Bedienung während der Fahrt: Das Öffnen ist schon möglich, aber Verschließen nicht. Beim Accessory Pack habe ich das bei reduzierter Geschwindigkeit hinbekommen, aber bei der Tasche geht das nicht, da die Seiten stark nach innen eingeklappt werden müssen vor dem Rollen und ich dafür zwei Hände brauche.

Nicht ganz so einfach: das Bar Lock System / @ www.instagram.com/veloclaudi/

Anbringen und Abnehmen: Ich muss ehrlich sagen, dass ich sie lieber ausräume als sie abzunehmen. Es ist auch schwierig, sie anzubringen, wenn sie schon voll beladen ist. Letztendlich ist das System nicht weniger fummelig als die Klettbänder der Lenkerrolle. Beim Abnehmen habe ich manchmal das Problem, dass ich das graue Band nicht losbekomme (am Bar Lock System). Dann muss ich die Tasche nach dem Lösen des schwarzen Bandes ganz weit anheben, um die graue Lasche aus dem Haken zu lösen. Nach dem Aufklappen des schwarzen Halters am schwarzen Band ist es nicht gerade easy, den Halter aus dem Haken zu lösen.

Was ist dein Fazit?

Mein Eindruck nach ca. 1.200km mit der Handlebar QR: Die Tasche hat sich erfolgreich zu unseren anderen Bikepacking-Taschen hinzu gesellt. Aktuell ziehe ich sie der Lenkerrolle vor.

Meine Pros:

  • mehr Lenker- bzw. Grifffreiheit durch den Abstand zwischen Tasche und Lenker
  • keine möglichen Reibstellen am Fahrrad, da kein Rahmenkontakt besteht
  • viel Platz in der Tasche
  • stabiler Boden
  • gewohnt solide Ortlieb-Qualität
Meine Cons:

  • Die Tasche ist zu breit! Ich kann die Netztaschen nicht nutzen und berühre die Tasche beim Griff an die STIs. Dabei habe ich nicht den schmalsten Lenker (42cm).
  • Das orangene Verschlussband oben ist falsch herum am Haken fixiert. Im Gegensatz zum Accessory Pack kann ich das Band jetzt zwar fixieren mit dem Clip, aber es läuft einfach verkehrt herum durch, so dass ich es bei verschlossener Tasche nur mühsam straff ziehen kann.
  • Dadurch, dass die Tasche so breit ist, muss ich ganz schön präzise falten, bevor ich zurolle.
  • Welchen Sinn haben die schwarzen Bänder, die unten entlanglaufen? Durch den steifen Boden kann ich doch gar nicht groß komprimieren?!

Meine Verbesserungsvorschläge:

  • Die Tasche schmaler machen
  • Das orangene Verschlussband oben anders durch den Haken führen
  • Das QR System etwas intuitiver gestalten. So ganz „quick“ ist es dann doch nicht.

 

Fazit

Die Handlebar QR im Einsatz / @ Ortlieb Sportartikel GmbH

Die Ortlieb Handlebar QR Lenkertasche ist ein Angebot an alle, die eine Tasche für die Gravel-Tagestour brauchen, eine einfache Lösung für den alltäglichen Weg zur Arbeit oder eine schlankere Alternative für die Lenkertasche auf ausgedehnten Bikepacking- oder Radtouren suchen.

Die Praxis-Erfahrungen von Claudia zeigen, dass es etwas Zeit braucht, um mit der Tasche warm zu werden, sie dann aber durchaus ein Gewinn bei Bikepacking Touren sein kann.

@ Ortlieb Sportartikel GmbH

Besonders das Bar Lock System ist gewöhnungsbedürftig. Bei einem Preis von 130 Euro für die Handlebar QR sollte man sich dann doch die Tasche in natura und das Verschlusssystem anschauen. Aber mit etwas Übung sollte es dann schnell und einfach funktionieren – so wie von Ortlieb vorgesehen.

In die Tasche passt recht viel rein, was sie zwar nicht vollständig zur Alternative für klassische Lenkerrollen macht, aber bei Touren mit leichterem Gepäck durchaus sinnvoll ist. Und als schnelle Tasche für alle Gravelfahrten taugt sie allemal.

 

Weitere Testberichte zur Handlebar QR

Roadbike Party unterwegs mit der Handlebar QR:

 

Rennrad-News.de https://www.rennrad-news.de/news/ortlieb-handlebar-pack-qr-infos-preise/

Bikepacking.com https://bikepacking.com/gear/ortlieb-handlebar-pack-qr-review/

BikeBild https://www.bike-bild.de/zubehoer/tests/ortlieb-handlebar-pack-qr-fuer-bikepacking-touren-1075591.html

Path Less Pedaled:

https://youtu.be/gtCF7Fvf-qA

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4 Comments

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  1. says: Marco

    Ich habe die Tasche jetzt auch mal ausprobiert, und wollte mal meinen Senf dazu geben, weil ich dazu auch bisher kaum was gefunden habe.
    1. Also die Idee mit den Kordeln find ich super, wenn man weiß wie es geht, kann man es auch schnell ab- und dranmachen, allerdings nicht wenn man wie ich Dropbars mit 2fach mechanischer Schaltung fährt.
    Dann muss man nämlich die Kordel unter der Zügen durchfummeln, was es dann schon nichts mehr von “quick” hat.
    2. Es ist absolut nicht mit einem Standard Wahoo Roam Frontmount kompatibel, selbst wenn man ihn senkrecht stellt. Das Plastik der Tasche und des Mounts wollen einfach nicht zusammen an den Lenker. Evtl. geht es mit schlankeren 3rd Party Mounts, dazu kann ich aber nichts sagen. Ich müsste hier also auf einen anderen Mount umstellen, wozu ich aber keine Lust habe.
    3. Leider hat man keine Chance, eine Lampe am Lenker zusammen mit der Tasche zu befestigen. Man leuchtet dann lediglich die Tasche an, da sie zu hoch aufbaut, selbst wenn man sie schräger befestigt als Ortlieb das gerne möchte. Ich verstehe ehrlich gesagt nicht, wie dieser Punkt in keine Review, welches ich gefunden habe, angesprochen wird. Gerade beim Bikepacking ist doch Licht nicht ganz unwichtig. Müsste man hier wohl irgendwie das Licht an der Gabel befestigen, was bei meinem Licht nicht möglich ist.

    Diese 3 Punkte haben leider dazu geführt, dass die Tasche wieder zurück geht.
    Das finde ich sehr schade, weil ich die Tasche selbst super und die Technik mit den Kordeln eigentlich genial finde.

    Zu einem Kritikpunkt mit dem orangenen Verschlussband:
    Ich tippe, es ist ein Montagefehler seitens Ortlieb. Bei mir war jedenfalls alles richtig, bzw. verstehe ich die Kritik dann nicht. Man kann das Band ganz normal nach hinten fest ziehen.
    Evtl. kann man es selbst raus- und wieder korrekt reinfriemeln (Wenn das nicht schon passiert ist).
    Die schwarzen Gurte unten dienen wohl dazu, um ne Jacke oder Zeltgestänge oder ähnliches außen an der Tasche zu befestigen würde ich sagen.

  2. says: Tom

    Ich kann gegenüber der Ultimate irgendwie keinen Vorteil entdecken. Im Gegenteil, die wenigen Vorteile einer Handlebar-Pack wurden aufgegeben, aber richtig schnelle Montage ist trotzdem nicht möglich. Auch die Formstablilität und schneller Zugriff der Ultimate ist nicht. Fährt man nicht direkt ins schwere Gelände ist und bleibt die Ultimate die beste Wahl, falls es Ortlieb sein soll. gut, sieht vielleicht nicht so hipsterlike aus

  3. says: Heinz

    Hallo zusammen,

    vielen Dank für den aufschlussreichen Bericht. Ich fahre momentan mit einer klassischen Lenkertasche von Vaude mit Klick-System, die aber mittlerweile etwas in die Jahre gekommen ist. Ich habe überlegt mir eine Handlebar QR zuzulegen, aber das Gefummel mit dem QR wird mich wohl davon abhalten. Da nehme ich doch etwas weniger Stauraum in Kauf und bleibe bei der klassischen Variante.

    VG

    Heinz