Im September 2012 haben Bärbel und Johan ihre sicheren Jobs aufgegeben, um mit dem Fahrrad auf unbestimmte Zeit die Welt zu erkunden. In 21 Monaten und 26.000 km radelten sie durch 23 Länder von Deutschland bis nach Neuseeland und kehrten im Mai 2014 nach Deutschland zurück. Das Fernweh war noch längst nicht gestillt und so setzten sich die beiden im August 2015 wieder auf die Räder, um neue Ländern und Kulturen zu entdecken. Nach Zentralasien, dem Iran, den Vereinigten Arabischen Emiraten und Oman erkundeten sie ab Ende April 2016 den amerikanischen Kontinent. Nun sind sie wieder in Europa und radeln gerade von Italien aus nach Deutschland.
Zum Warmwerden: Wie seid ihr zum Radreisen gekommen?
Wir machen beide gerne Sport, vor allem in der Natur. Angefangen haben wir mit kurzen Wochenendtouren, dann kamen zwei- bis dreiwöchige Urlaube mit dem Rad, die uns dann aber auch zu kurz wurden. Wir beide hegten schon lange den Traum, gemeinsam auszusteigen. Als dann der richtige Zeitpunkt kam, war klar, dass für uns nur das Reisen per Fahrrad in Frage kommt.
Zum Träumen: Wo wart ihr schon überall und wo müsst ihr unbedingt noch hin?
Von 2012 – 2014 sind wir von Deutschland nach Neuseeland durch insgesamt 23 Länder auf drei Kontinenten geradelt (Europa, Asien, Australien, Neuseeland). Nach einer 14-monatigen Pause in Deutschland hat uns das Reisefieber wieder gepackt und seit August 2015 waren wir dann wieder auf Tour: begonnen haben wir in Zentralasien (Kirgisistan, Tadschikistan, Usbekistan, Turkmenistan) und sind dann über den Iran in die Vereinigten Arabischen Emirate und den Oman geradelt. Ende April 2016 starteten wir dann auf dem amerikanischen Kontinent. Was uns unbedingt noch fehlt sind die skandinavischen Länder, Island und natürlich Afrika. Insgesamt haben wir mittlerweile 30 Länder ‚erradelt’.
Zum Nachmachen: Welches Land könnt ihr empfehlen und warum?
Das ist schwierig, da für uns jedes Land auf irgendeine Weise faszinierend war. Frankreich ist toll, da es so viele ruhige Nebenstraßen gibt und die Landschaften so abwechslungsreich sind. Laos und Vietnam in Südostasien mit seinen traumhaften Landschaften, vor allem im Norden. Außerdem kann man billig reisen und sich trotzdem den ‚Luxus’ Hotel leisten. Neuseeland aufgrund der Landschaften, der Ruhe und der relaxten Lebensweise der Neuseeländer. Kirgisistan für seine unglaublichen Berglandschaften, ist allerdings nichts für Anfänger aufgrund der Steigungen und schlechten Straßen. Iran und Oman aufgrund der unvergleichlichen Gastfreundschaft. So etwas muss man einfach selbst erlebt haben.
Zum Erfahren: Was hat euch am meisten unterwegs beeindruckt?
Die Gastfreundschaft der Menschen. In vielen Ländern wurden wir vorab gewarnt, sie seien zu gefährlich und überall sind wir nur freundlichen Menschen begegnet. Wir sind durch die ärmsten Länder und Gegenden der Welt geradelt und sind überall herzlich aufgenommen worden, auch wenn Familien selbst wenig zu essen hatten, wurde das Wenige oft noch mit uns geteilt.
Wir bekamen in Ländern wie Kirgisistan Karotten von Bauern geschenkt, die gerade mit der Ernte beschäftigt waren, im Iran wussten wir teilweise nicht mehr, wo wir das viele Essen verstauen sollten, da uns so viele Menschen irgendetwas zusteckten. An einem Tag bekamen wir 12 Granatäpfel, von denen wir die letzten vier in unsere Jackentaschen stecken mussten.
Zum Leben: Seid ihr lieber alleine unterwegs, oder zu zweit? Und warum?
Auf jeden Fall zu zweit. Bärbel war bisher noch nie länger alleine unterwegs, Johan hat mittlerweile mehrere Touren zwischen einer und vier Wochen alleine hinter sich. Wir sind ein gut eingespieltes Team und auf langen Touren kann es alleine manchmal doch recht einsam werden. Für uns ist es schöner, Erlebnisse direkt teilen und sich austauschen zu können. Wenn es einem von uns schlecht geht, ist meist der andere da, um zu helfen, zu ermutigen oder abzulenken.
Zum Fahrrad: Stellt es uns bitte mal kurz vor: Welche Komponenten sind an euren Rädern dran?
Wir haben beide das Idworx Off Rohler Evo mit
– Rohloff Speedhub 500
– Magura HS33-Bremsen
– SON Nabendynamo
– Tubus Cargo Gepäckträger vorne und hinten
– Ergon GP5 Griffe
– The Plug USB-Anschluss
– Brooks B17 Sattel (Bärbel: Flyer S und Johan Titanium)
– Shimano Pedale Freeride Saint PD-MX80
– Sigma Tachometer BC 14.12
– Taschen: Ortlieb, Lenkertasche Bärbel: Ortlieb M, Johan Vaude
Zum Mitfühlen: Gab es Pannen unterwegs und falls ja, welche?
Außer Plattfüßen gab es nicht wirklich viele Pannen. Die ärgerlichste waren gebrochene Speichen in Südostasien. Das begann mit Johans Rad, fast täglich brach eine Speiche in der Mitte durch. Nach ein Paar Wochen hatte Bärbel dann das gleiche Problem. Nach Rücksprache mit unserem Hersteller stellten wir fest, dass eine Serie falsch gelieferter Speichen eingebaut war. Wir bekamen für beide Räder Ersatzspeichen geliefert und haben sie an beiden Rädern komplett ausgewechselt. Seither läuft alles rund.
Zum Wissen: Euer ultimativer Tipp für das Reisen mit dem Fahrrad?
Weniger ist manchmal mehr, vor allem in Bezug auf die Routenplanung, denn meistens kommt es ja doch anders, als man denkt. Als wir mit dem Radreisen begonnen haben, hatten wir immer versucht, die Routen so gut wie möglich im Voraus zu planen. Viel besser ist es, nur grob zu planen, dann fällt es viel leichter, von der direkten Route abzuweichen und auf Empfehlungen Einheimischer zu hören.
Zum Nachdenken: Was ist schwerer: Losfahren oder Wiederkommen?
Auf jeden Fall das Zurückkommen. Plötzlich verweilt man wieder für lange Zeit an einem Ort, neue Eindrücke werden seltener, das Gefühl der absoluten Freiheit verschwindet und man muss aufpassen, dass man nicht schnell wieder in den alten Trott verfällt.
Zum Abschluss: Was ist als nächstes geplant?
Ende Juli sind wir nach fast 4000 geradelten Kilometern auf dem amerikanischen Kontinent (von Anchorage in Alaska bis nach Calgary in Kanada) zurück nach Europa geflogen. Ganz konkret nach Italien, wo wir uns erst einmal ein wenig erholt haben. Wir radeln jetzt gemütlich dem Herbst und der Heimat entgegen, um uns auf die Suche nach einem permanenten Zuhause zu machen, das wir dann als Basis für unsere hoffentlich zahlreichen künftigen Radtouren rund um den Globus nutzen werden. Denn wir haben noch lange nicht genug vom Fahrradfahren und vom Reisen.
Hier findet ihr mehr über Bärbel und Johan:
Mich würde interessieren, wie sich Reiseradler finanzieren, die mehrere Jahre unterwegs sind. Weiss selbst, was Reisen kostet. Erben? Jahrelang vorher sparen? Haus verkaufen? Remote office von unterwegs? Selbst wenn man zB beim Nächtigen spart (größtes Sparpotential finde ich), kommen Essenskosten, Transfer, zwischendurch dann vielleicht doch mal B&B oder guest house, … wie machen andere das??
Hallo Peter,
Das ist gar nicht so mysteriös, aber natürlich immer verschiedenen. Ich kann Dir dazu diesen Beitrag empfehlen: http://www.biketour-global.de/2015/10/11/was-kostet-eine-radtour/
Viele Grüße,
Martin
“Weniger ist manchmal mehr, vor allem in Bezug auf die Routenplanung…”
Genau das würde ich unterschreiben da ich genau die gleiche Entwicklung durchgemacht habe! 😉