Reiseradler-Interview #17: Karen und Daniel von petittours.com

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Um und durch die Welt radeln viele, aber auf zwei kleinen Falträdern – das macht nicht jeder. Aber Karen und Daniel, die ihre Leidenschaft für Falträder von Berlin aus einmal um die Welt geführt hat. Dabei zeigen sie, dass es eben nicht Voraussetzung ist, aus dem Leben “auszusteigen”, sich aufs Rad zu schwingen und viele Jahre zu touren. Es gibt so unendlich viele Möglichkeiten, einen erholsamen, gemütlichen Urlaub in der Natur oder Städtetrip zu machen – mit dem Rad. Wie es dazu kam, warum Japan ein ideales Land zum Radeln ist und wie man mit nur 6 Gängen durch die Welt kommt, das erzählen sie nun im Interview.

Karen und Daniel auf großer Tour mit kleinen Rädern © www.petittours.com
Karen und Daniel auf großer Tour mit kleinen Rädern © www.petittours.com

Zum Warmwerden: Wie seid ihr zum Radreisen gekommen?

Karen: Ich bin im Grunde auf dem Rad bzw. pedalierend groß geworden und einfach nie wieder abgestiegen. Inspiriert von meiner Familie, überzeugt von der unglaublichen Freiheit und Unabhängigkeit, die mir das Rad in meiner Jugend eröffnete und motiviert von den facettenreichen Möglichkeiten, mit dem Rad zu reisen/fahren/pendeln, ist es nur mehr ein sehr kleiner Sprung zu einer längeren Radreise. Österreich (meine Heimat), die Mittelmeerküste von Barcelona nach Florenz und Slowenien/Kroatien waren zuallererst dran. Ja, und letzten Herbst stand ich dann mit Tränen in den Augen in der Radreisebuchabteilung und wusste: das ist es. Das muss ich machen. Mit Daniel!

Daniel: Karens Leidenschaft für das Radfahren, die Begeisterung und positive Energie, die sie nach ihrer Radreise durch Südeuropa ausstrahlte, das alles hat mich tief beeindruckt. Ich wollte das unbedingt mit Karen zusammen erleben und teilen. Dann war da noch ein großer Hunger auf die Welt und ferne Länder, und so kam eins zum anderen.

Zum Träumen: Wo wart ihr schon überall und wo müsst ihr unbedingt noch hin?

Daniel: Das gelbe Brompton Faltrad – auf dem Karen und ich vor unserer großen gemeinsamen Reise bereits alleine getourt waren – rollte inzwischen in Deutschland, Norwegen, Spanien, Frankreich, Italien, Österreich, Thailand, Kambodscha, Vietnam, Singapur, Malaysia, Japan, USA, Kanada, Island und Dänemark. Und in Bayern. Und auch wenn uns die Welt nach unserer round-the-world Tour etwas kleiner vorkommt als zuvor – es gibt noch so viel zu entdecken! Interessanterweise haben wir beide beim Radeln in der Ferne richtig Lust auf Europa bekommen. Es gibt hier so viel Diversität und Kultur auf kleinstem Raum. Das ist spannend!

Karen: Und in jedem Land, in dem wir bisher waren, gibt es natürlich kleine und größere Ecken, die wir nicht erradelt haben und noch kennen lernen möchten. Aber jetzt liegt das Fremde erstmal ganz nah und vor der Haustür.

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Zum Nachmachen: Welches Land könnt ihr empfehlen und warum?

Karen + Daniel: Japan. Auch unabhängig vom Radfahren. Es ist ein faszinierendes Land voller Gegensätze und Widersprüchlichkeiten. Die Kultur mal fremd, dann wieder so vertraut. Die Mentalität unterscheidet sich so stark von allem, was wir bisher kennenlernen konnten. Und: Das Land hält für jeden etwas bereit – egal ob low budget Backpacker oder gut situiertes Rentnerpaar.

Auch das Radfahren ist ein Genuss: Malerische Landschaften und anspruchsvolle Berge. Die Straßen sind gut, und die Motoristen ungemein rücksichtsvoll und leise. Und es ist so sicher! Wir haben während unserer 6 Wochen in Japan kein einziges Mal unsere Räder oder Ausrüstung abgeschlossen. Und es kam nie etwas weg.

Übrigens: Die Aussage “Japan ist so teuer” hat sich für uns als Mythos herausgestellt. Erstmal dort, lässt es sich recht günstig reisen – sofern man sich mit wild Campieren, Selbstkochen und Radfahren anfreunden kann.

Zum Erfahren: Was hat euch am meisten unterwegs beeindruckt?

Daniel: Es waren die Menschen. Rund um die Welt haben wir so viel Gastfreundschaft und Hilfsbereitschaft erfahren. Ein Beispiel aus Bangkok: Wir wollten nur auf ein kurzes “Hallo” beim örtlichen Brompton-Händler vorbeischauen. Dort angekommen wurden wir vom ganzen Team und einer großen Brompton Community empfangen, herzlichst begrüßt und umsorgt. Dann machten sich die Mechaniker an unsere Räder, zerlegten und reinigten Sie, wechselten verschlissene Teile aus und schraubten etliches an gutem Zubehör dran. Wir trauten unseren Augen nicht. In den nächsten Tagen lud uns die Community zur kulinarisch-kulturellen Tour durch Bangkok ein und wir verbrachten das Wochenende in der historischen Hauptstadt Ayuttaya – ein Brompton-Group-Ride mit etwa 20 Radfahrern und in polizeilicher Begleitung. Unvergesslich!

Karen: Egal wo du bist – Kambodscha bei 40 Grad oder Island bei 10 Grad – sobald du aufs Rad steigst ist alles faszinierend vertraut.

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Zum Leben: Seid ihr lieber alleine unterwegs, oder zu zweit? Und warum?

Karen: Klar. Wenn man als Pärchen reist, ist es etwas Besonderes – in jeder Hinsicht: besonders schön, besonders konfliktreich. Es tat mir gut, in Amerika aufgrund der einfachen Streckenführung – wochenlang geradeaus, links Pazifik, rechts Wald – mal alleine zu radeln. Abends war es dann umso schöner, Bier und Sonnenuntergang mit Daniel zu teilen und sich Geschichten vom Tag zu erzählen. Und es ist meiner Meinung nicht die Frage, ob allein vs. zu zweit, sondern allein vs. zu zweit mit Bekanntschaft/Freundin oder zu zweit mit dem Partner.

Daniel: Ich denke, beides sind sehr unterschiedliche Dinge. Beim (Rad-)Reisen alleine steht der Aspekt “Selbstfindung” wohl eher im Vordergrund. Man ist nur bei sich, lernt sich und seine Grenzen eher kennen, sowohl körperlich als auch psychisch. Auch muss man häufiger seine persönliche “comfort zone” verlassen, allein schon weil man so oft auf die Hilfe anderer Menschen angewiesen ist. Wenn ich allerdings auf unsere gemeinsame Reise zurückblicke, dann sind es ausschließlich die gemeinsamen Momente mit Karen, die wirklich “von Wert” sind, und die mein Herz höher schlagen lassen.

Der gemeinsame Lachanfall vor lauter Erschöpfung am steilen Berghang in den japanischen Alpen. Das gemeinsame Waschen im eiskalten Gebirgsfluss. Die Arbeitsteilung beim abendlichen Kochen in den Redwoods. Auch in Zeiten der Krankheit tat es gut, da einen Partner zu wissen, der da ist, der einen pflegt und der zur Not auch Hilfe holen kann. Welche Besonderheit und welches Glück es ist, eine solche Reise mit dem Menschen machen zu dürfen, den man liebt, ist mir leider erst im Nachhinein wirklich bewusst geworden. Dies immer fest im Blick zu haben, und jeden Augenblick im Hier und Jetzt zu erleben, ist mein persönliches Ziel. Nicht nur für unsere nächste gemeinsame Reise.

Zum Fahrrad: Stellt es uns bitte mal kurz vor: Welche Komponenten sind an euren Rädern dran?

Karen + Daniel: Wir reisen auf (und mit) Falträdern der englischen Marke Brompton. Die Firma baut ausschließlich Falträder und im Kern auch nur ein Modell. Alle Bromptons werden in London von Hand gelötet. Aus unserer Sicht faltet kein anderes “ernstzunehmendes” – heißt tourentaugliches – Faltrad so schnell und so kompakt wie das Brompton. Der Fokus auf nur ein Modell und dessen evolutionäre Weiterentwicklung im Detail über Jahrzehnte ist dem Produkt anzumerken, es ist unglaublich durchdacht. Wohlgemerkt ist das Brompton nicht als Tourenrad konzipiert, sondern als Commuting Rad für intermodalen Transport. Dass es sich auf langen Touren gut macht, haben wir – und vor uns schon viele andere – gezeigt. Ach ja, Komponenten: Unsere Räder sind Bromptons “von der Stange”, in der Ausstattungsvariante mit 6 Gängen und Gepäckträger.

Die Bromtons © www.petittours.com
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Zum Mitfühlen: Gab es Pannen unterwegs und falls ja, welche?

Daniel: Was die Räder betrifft, glücklicherweise nichts Größeres. Kurz nach Beginn unserer Reise machten wir 100 km südlich von Bangkok einen kleinen Tagesausflug ohne Gepäck, also auch ohne Werkzeug. Getreu nach Murphy’s Law schlitzte genau an diesem Tag ein scharfes Stück Metall meinen Hinterradmantel komplett auf, ein Weiterfahren war unmöglich. Nach ca. 30 Sekunden hielt dann ein Pickup neben uns, lud uns samt der Räder ohne Worte auf die Ladefläche und fuhr los. Wir freuten uns, und warteten ab, was passieren würde. Nach einiger Zeit erreichten wir eine kleine Stadt, der Fahrer hielt vor einem Fahrradgeschäft und lud uns sichtlich erfreut ab. Ein tolles Erlebnis.

Karen: Für mich waren es weniger die ‘technischen’ Pannen. Viel mehr tangierte mich eine fast 3-wöchige Radfahrpause in Malaysia: Wochenlang hohes Fieber und Schweißausbrüche, ranzige Gästezimmer ohne Fenster und eine etwas dubiose medizinische Versorgung gekoppelt an die Angst Petit Tours ‘abbrechen’ zu müssen…

Zum Wissen: Euer ultimativer Tipp für das Reisen mit dem Fahrrad?

Karen + Daniel: Probier’s mal mit dem Faltrad! Auf den ulkigen kleinen Rädern verdoppeln sich sofort die Sympathiepunkte – wir waren immer und überall sofort mit interessierten Menschen in Kontakt. Außerdem bist du so unglaublich flexibel, – egal ob Notfall oder Lust – du kannst immer auf andere Verkehrsmittel umsteigen und diese ohne zusätzliche Gebühren – wie man sie z.B. mit großen Rädern hätte – nutzen. Mit dem Faltrad zu reisen macht vieles einfacher, flexibler und einiges überhaupt erst möglich!

Immer mittendrin © www.petittours.com
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Zum Nachdenken: Was ist schwerer: Losfahren oder Wiederkommen?

Karen: Für mich fühlt sich Losfahren wie Ankommen an. Ich bin auf dem Rad einfach zuhause und Heimat ist somit kein Ort sondern ein wohltuendes Gefühl. Schwer ist für mich somit weder das eine noch das andere.

Daniel: Beides ist schön und ohne das jeweils andere nicht möglich.

Zum Abschluss: Was ist als nächstes geplant?

Daniel: Zunächst: Ankommen. Wenn die Zeit reif ist, wird wieder geplant. Das Faltrad steht immer bereit, und manchmal meine ich es leise schnurren zu hören, hungrig auf das nächste Abenteuer.

Karen: Zu allererst: Mein Job. Ich arbeite für eine Agentur mit starkem Bezug zur Fahrradbranche und bin jetzt viel klarer über meine persönlichen Schwerpunkte und Leidenschaften in diesem Bereich. Zum Ausgleich mache ich gern Fahrrad-Microadventures im Berliner Umland. Im Sommer dann eine Reise durchs bekannte Europa… Und: Egal ob ich mal zu meinen Eltern nach Österreich oder zu Freunden nach Italien fahre, mein Faltrad ist dabei.

Hier gibt es noch mehr über Karen und Daniel und petittours.com:

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