Ostern im Schnee – Norwegen 2006

Um es kurz zu machen: es war viel zu kalt und zudem mit 360 km die kürzeste meiner Touren.

Rückblickend weiß ich auch gar nicht mehr, wie ich zu der Auffassung kam, dass es eine gute Idee ist mit dem Fahrrad zu Ostern durch Norwegen zu fahren. Spätestens als ich im Landeanflug auf Oslo aus dem Fenster schaute und unter mir alles weiß von Schnee war, wurde mir klar, dass diese Tour doch etwas anders werden würde.

Am 9. April 2006 landete ich in Oslo Gardermoen und war von der Menge an Schnee doch überrascht, die mich hier erwartete. Aber das das Wetter war ganz gut und so fuhr ich erstmal los. Natürlich musste mir meine Regenhose gleich nach 5 km am Hintern aufreißen. Notdürftig genäht ging es aber trotzdem weiter.

Die Temperaturen schwankten zwischen 2 und 6 Grad, bei einer Schneehöhe von 40 cm. An längere Pausen war bei diesen Temperaturen nicht zu denken und so machte ich erst nach einem Pass und 50 km in einem Schnellrestaurant bei Burger und Cola die erste Aufwärmpause.

Die Straßen bergauf Richtung Jurnaker waren schnee- und relativ eisfrei, aber die vielen Tunneldurchfahrten machten das Radeln doch etwas gefährlich, da in diesen unbeleuchteten Röhren der an sich geringe Autoverkehr doch recht unkalkulierbar war.

Der Schnee hatte zudem noch eine Nebenwirkung, denn die Suche nach einem Zeltplatz gestaltete sich recht schwierig. Teilweise war selbst im Wald der Schnee Hüfthoch, so dass ich mit Rad und Zelt gar nicht so weit rein kam. Aber einmal geschafft, war ich dann wirklich schön allein und machte es mir bei 7 Grad Zeltinnentemperatur und etlichen Minusgraden draußen gemütlich.

Am nächsten Tag lief es schwer – Temperaturen von 3 Grad Minus begrüßten mich morgens vor dem Zelt und legten sich auf meine Beine. Dadurch liefen die ersten 40 Km bis zum Frühstück in einem Supermarkt Richtung Kongsberg ziemlich schwer. Aber hier oben war wenigstens der Schnee nicht mehr so hoch. Ich fuhr die ganze Zeit in meinen Regenklamotten, was das Radeln noch etwas anstrengender machte. Aber nach dem Frühstück kam die Sonne raus und bei angenehmen 13 Grad machte es richtig Spaß. In Notodden meldete sich mein rechtes Knie und bekam eine Stütze. Dann ging es einen 465 m hohen Pass hinauf auf dem mich dichter Nebel und Temperaturen um die 0 Grad erwarteten. Glücklicherweise gab es eine Toilette mit Heißluftfön, der mich und meinen durchgeschwitzten Klamotten erstmal ordentlich warm pustete.

Highlight des heutigen Tages war aber die Holzstabkirche von Heddal. Obwohl mit 20 metern Länge und 26 Metern Höhe doch recht klein, ist diese Kirche ganz imposant. Teile der Kirche stammen aus dem 12. Jahrhundert und sie gilt als eine der ältesten, schönsten und höchsten ihrer Art in Norwegen. Eigentlich zählt sie zu den meistbesuchten Attraktionen des Landes, aber ich war ganz alleine dort. Lag vermutlich am Wetter 😉

 

 

Im Hintergrund grüßten die Berge der Telemark und da nun auch mein linkes Knie Probleme machte, war ich froh nicht über diese Berge fahren zu müssen. Die Kälte schien sich doch in den Gelenken eingenistet zu haben.

Nach 120 Tagenskilometern baute ich mein Zelt wieder im Wald auf – diesmal mit weniger Schnee, aber umso mehr Elchspuren rundherum.

Der nächste Tag zeigt meinem Körper die Grenzen. Das rechte Bein schmerzte plötzlich derart stark, dass an ein Weiterradeln nicht zu denken war. Es lag nicht am Knie, sondern am Oberschenkel. Der Schmerz sitzt tief und ein radeln geht nur mit Müh und Not. Trotzdem fahre ich noch drei Pässe, aber der letzte hat Konsequenzen: nix geht mehr. Ich mache eine längere Pause – leider tritt keine Besserung ein. Ich versuche noch in Richtung Küste weiter zu radeln, in der Hoffnung auf weniger Schnee und Kälte. Leider tritt das Gegenteil ein. Aber wenigstens verfügt der Zeltplatz bei dem Örtchen Vik heute über eine warme Dusche. Noch einmal keimt Hoffnung auf, dass es morgen vielleicht besser geworden ist.

Die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt, aber in meinem Fall war sie definitiv tot. Nix geht mehr – aus und vorbei. Mist. Die Reise hat ein jähes Ende gefunden, mein Bein und mittlerweile auch meine Knie schmerzen. In der Nacht ist neuer Schnee gefallen. Das machte die 50 km bis nach Nelauk recht rutschig und gefährlich.

Ich nehme den Zug zurück nach Oslo, ziehe meinen Rückflug vor und bin traurig. Aber noch eine Nacht im Zelt lasse ich mir nicht nehmen. In der Nähe der Bahnstation, an der am nächsten Morgen der Zug nach Oslo geht, baue ich noch ein letztes Mal mein Zelt auf.

Da erneut Schnee gefallen ist, muss ich mit einer Einfahrt zu einem Umspannwerk als Zeltplatz vorlieb nehmen. Im Wald war kein Durchkommen.

Nach 360 Radelkilometern endete diese Tour. Ich machte mir Sorgen um meine Beine und Knie, dachte schon, dass es nun nicht mehr ohne Schmerzen mehr geht, aber bereits im Jahr darauf konnte ich mich in Marokko vom Gegenteil überzeugen. Es war die Kälte, die mir in die Glieder gefahren ist und somit meinen Osterurlaub zu einem echten (bösen) Überraschungs-Ei machte.

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