Tobias und ich haben es geschafft und als Team “Salsaletten” die 1.860 km und um die 33.000 HM beim diesjährigen Silk Road Mountain Race überwunden. Und man muss wirklich überwunden sagen, denn das war eine sehr harte und kräftezehrende Arbeit.
Nach 13,5 Tagen sind wir dann glücklich im Ziel in Balykchy am Issyl Kul See angekommen. Glücklich auch, weil wir es von 98 Fahrer:innen, die in Talas gestartet sind, auf Platz 37 geschafft haben, bzw. überhaupt angekommen sind. Denn die Abbruchrate lag in diesem Jahr bei ca. 55% (und ist sonst eigentlich noch höher).
Fast 14 Tage sind eine lange Zeit, denn die Tagen verschwimmen und bestehen vor allem aus Sleep-Eat-Ride-Repeat. Allerdings kann ich mich besser an viele Erlebnisse und Orte erinnern, als es beim Atlas Mountain Race der Fall war.
Eine chronologische Erzählung ist aber nicht sinnvoll, weshalb ich mir einfach selber Fragen zum Rennen gestellt habe.
Und wer mag, der kann sich auch schon vieles im Podcast mit Tobias zum Rennen anhören:
Viel Spaß!
Was ist das SRMR und was macht es so besonders?
Das Silk Road Mountain Race gilt als das forderndste/härteste Ultra Bikepacking Rennen auf der Welt. Gefahren wird im Selbstversorgermodus und es gilt 1.860 km und 33.000 Höhenmeter zu überwinden. Und dafür hat man knapp 15 Tage Zeit, dann schließt das Zeitfenster. Nach 2018 und 2019 fand es in diesem Jahr zum dritten Mal statt. Diesmal war die Strecke noch mal länger als bei den vorherigen Ausgaben, was es etwas anspruchsvoller machte.
Auch neu in diesem Jahr: anstatt in Bishkek zu starten, wurde der Start nach Talas, einer Stadt 300 km westlich von Bishkek, verlegt, wo das Rennen am 13. August um 22 Uhr starten sollte.
Das hat leider nicht ganz geklappt, denn der Transport der Fahrer:innen von Bishkek nach Talas und vor allem der Transport der Räder in zwei Sattelschleppern hatte zeitliche Verzögerungen. So kamen wir gegen 22 Uhr erst in Talas an, aber die Räder waren noch nicht da. So warteten wir in einem Hotelrestaurant bis Mitternacht, um dann in ein Hotel zu gehen und etwas zu schlafen. Die LKW steckten auf der Strecke fest und sollten erst 6 Uhr morgens ankommen.
Dann um 3.30 Uhr plötzlich ein Weckruf: die LKW wären da, alle raus, Start ist 4.30 Uhr. Also hieß es schnell aufwachen, anziehen und das Fahrrad suchen. Wir checkten kurz die Räder, bereiteten uns schnell vor und dann ging es auch schon los mit dem Silk Road Mountain Race in den kühlen Morgen des 14. August.
Besonders am SRMR sind zum einen die klimatischen und landschaftlichen Herausforderungen. Das sind Temperaturen zwischen -15 und +40 Grad, teilweise innerhalb eines Tages. Dazu Wind, Regen, Schnee, Frost und das in einem hochalpinen Land. Beim diesjährigen Silk Road Mountain Race mussten wir 16 Bergpässe höher als 3.000m überwinden. Und nicht alle waren wirklich fahrbar und manchmal durch Erdrutsche auch nur zu erklettern bzw. zu erschieben.
Die Wege und Straßen sind oft Wellblechpisten, grobe Schotterwege, Bergpfade oder Trails. Das zusammen ergibt dann eben eine Durchschnittsgeschwindigkeit von ca. 10 km/h und eine erhebliche Belastung für Mensch und Material.
Zum anderen die zeitliche Länge, die vor allem mental durchaus fordernd sein kann. Während in Marokko beim AMR nach 7 Tagen eigentlich alles vorbei ist, so befindet man sich beim SRMR da eigentlich noch mittendrin im Rennen. Und meistens auch irgendwo im Nirgendwo, in einem einsamen Tal oder auf einem hohen Pass oder im Hinterland an der chinesischen Grenze. Die körperliche Belastung ist aus meiner Sicht in Kirgisistan höher, was dann natürlich auch auf die mentale Motivation und das Durchhaltevermögen durchschlägt.
Warum machst du das, was reizt dich an solchen Rennen?
Ich bin viele Jahre als klassischer Radreisender mit dem Fahrrad durch die Welt gereist. 2018 bin ich dann auf den Tuscany Trail aufmerksam geworden und mit ihm auf das Bikepacking als Alternative und Ergänzung zum Radreisen. Das Tuscany Trail ist jetzt eher eine gemütliche Veranstaltung, allerdings fährt man über Trails und Pisten und entdeckt so ganz neue Seiten einer Landschaft. Wenig später war ich dann als Bikepacker auch auf Radreise unterwegs in Kenia und Tansania.
Gleichzeitig bin ich immer mehr in die Bikepacking Szene eingetaucht und dabei auch auf das Silk Road Mountain Race aufmerksam geworden. Diese sportive Art des Bikepackens und die Verbindung aus Leistung und Abenteuer fand ich sehr anziehend. Ein paar Monate später dann wurde das Atlas Mountain Race angekündigt und das war letztendlich für mich der Startschuss, durch Training und entsprechende Vorbereitungen vom Radreisenden über den Bikepacker zum (Ultra)Long-Distance Endurance Bikepacker zu werden. Mit dem Silk Road Mountain Race habe ich mir jetzt den Traum erfüllt, beim härtesten dieser Rennen anzutreten und zu bestehen.
Das Reisen durch die Welt mit dem Fahrrad war schon beeindruckend und erlebnisreich, aber irgendwie brauchte ich mal was anderes. Ich wollte meine Leistungsgrenzen ausloten, sehen, wie weit ich körperlich gehen kann, testen, wie stark ich mental belastbar bin und das alles mit meiner Leidenschaft für Abenteuer auf dem Fahrrad und dem Entdecken neuer Länder und Landschaften verbinden. Und das haben mir das Atlas Mountain Race und das Silk Road Mountain Race geboten.
Und am Ende ist es dann auch die recht dumme Antwort auf solche Fragen: Ich mache das, einfach weil ich es kann. Und dafür bin ich sehr dankbar.
Was hat dich unterwegs am meisten beeindruckt?
Das war so einiges: natürlich und vor allem das Land und seine Landschaften. Gewaltige Gebirgszüge, schneebedeckte Gipfel, einsame Jurten und zahllose Pferde, Rinder und Schafe in endlosen Tälern und bis hoch auf entlegene Bergpässe.
Da fühlt man sich schon mitunter recht winzig, fährt man 90 km zu einem Pass durch ein Hochtal, oder rollt von einem Berg hinab in die Zivilisation.
Regensturm mit Aussicht auf Neuschnee
Und auch das Klima und Wetter hat mich beeindruckt: so konnte innerhalb weniger Stunden das Wetter von warmem Sonnenschein auf Regen, Hagel und schlussendlich Schnee umschlagen. Nur um sich dann wieder genauso schnell erneut zu ändern.
Gleich am Anfang, wir waren erst wenige Tage unterwegs, holte uns bei einem Aufstieg zu einem Pass der Regen ein. Es schüttete die ganze Nacht und am nächsten Morgen verwandelte sich der Regen in Schnee und wenig später schoben wir unsere Räder durch 20-30 cm Neuschnee.
Am Ende der Kraft?
Weniger toll, aber genauso beeindruckend und interessant waren die Auswirkungen der Anstrengungen auf den Körper. So hatte ich ein paar Tage mit einer absoluten Schwäche zu kämpfen. Wir waren im Anstieg zum 3.800m hohen Arabel-Pass, als ich merkte, dass meine Beine keine Kraft mehr aufbauen konnten.
Meine Muskeln waren gefühlt nicht in der Lage überhaupt Watt zu treten. Es brauchte immer etwas Zeit, bevor die Kraft in meine Beine gelangen konnte und dann war es meist auch nicht genug. Daher war das Fahren unerträglich anstrengend und ich musste immer wieder Pausen machen, weil ich selbst kleinste Steigungen nicht mehr wirklich hoch kam. Ich war wie leer gepumpt, ausgelaugt.
Tobias hat mich dann doch die Serpentinen zum Arabel hochmotiviert, mit dem Ergebnis, dass wir oben angekommen noch die 17km über das auf 3.800m Höhe liegende Arabel Plateau fahren mussten. Es war mittlerweile Nacht und wir wollten keine Übernachtung in dieser Höhe und bei diesen kalten Temperaturen riskieren. Angesichts meiner Formschwäche war das dann natürlich nicht optimal. Und als wir es geschafft hatten, musste ich bei der Abfahrt in den unendlichen Serpentinen immer wieder anhalten, weil mein Körper so schwach war und ich so sehr gefroren habe, dass das konzentrierte Fahren kaum möglich war.
Nach einer Nacht mit etwas mehr Schlaf war es dann schon besser, allerdings wartete mit dem Tossor Pass gleich das nächste Ungetüm auf uns. Aber irgendwie habe ich auch diesen geschafft und am Ende sogar noch die Passagen, die von einem Erdrutsch blockiert waren, ziemlich zügig schieben können. Dass ich diese Kraft aufbringen konnte, hat mich sehr gewundert.
Der längste Tag
Um so mehr, da ich auch am folgenden Tag noch sehr mit meiner körperlichen Schwäche zu kämpfen hatte. Ich hatte mittlerweile auch darauf reagiert, mehr gegessen als sonst, mehr Mineralien zu mir genommen und es wurde langsam auch besser. Doch dann kam der Check Point 2 und mit ihm der längste und härteste Tag meines bisherigen Bikepacking-Lebens, beginnend mit der Old Soviet Road.
Das ist eine teilweise mehr als 30% steile alte Militärpiste im kirgisisch-chinesischen Grenzgebiet, die es galt hoch zu schieben. Es war so steil, dass ich das Rad immer nur wenige Meter schieben konnte, um dann zu verschnaufen und Kraft zu sammeln. 1,5 km lang ging das so. Und oben endlich angekommen, warteten noch 20 weitere Kilometer durch die hügelige Wiesenlandschaft, gespickt mit alten Stacheldrahtresten und steilen Steigungen und Abfahrten. Vor dieser Piste hatte ich viel Respekt, auch weil ich eben nicht in Form war. Dennoch konnte ich es gut meistern.
Damit nicht genug: Nun führte der Track 80 km entlang der chinesischen Grenze auf einer monotonen Wellblechpiste und bei wechselnd starkem Gegenwind. Also Kopf runter und strampeln, so gut es ging. Ging nicht so gut, da oft eine fahrbare Spur fehlte und das Radeln einem Hin- und Herspringen auf dem Weg glich.
Natürlich kam auch ein Unwetter vorbei, aber das konnte die Laune nicht verderben. Die wurde allerdings durch scheinbar flache 13 km getrübt, die direkt zum Beginn des Anstiegs zum Tash Rabat Pass führen sollten. Allerdings entpuppten sie sich als 13 flache Kilometer, die über einen ausgetrockneten See führten und damit recht holprig und nur wenig gut befahrbar waren.
So war es denn auch schon dunkel, als wir mit dem Anstieg zum Tash Rabat Pass begannen. Unsere Erwartung war eine kurze, aber steile Piste hoch zum Pass und dann eine entsprechende Abfahrt zu einem nur wenige Kilometer entfernten Jurten-Dorf, wo wir schlafen wollten. Tatsächlich bog der Track aber in ein Gerölltal ab und wir mussten in der Dunkelheit die steile Bergflanke auf losem Geröll mit dem Rad hochsteigen, um dann auf der anderen Seite genauso wieder abzusteigen.
An Fahren war bei den über 20% steilen Flanken nicht zu denken. Und so bauten wir dann in der Nacht auf dem Weg ins Tal unsere Zelte auf. Der längste Tag lag damit hinter uns und er hat begonnen wie er aufgehört hat: mit Schieben und Hike-a-Bike in seiner extremsten Form.
Wer sein Rad liebt, klettert
Und weil es so schön war: das Wandern mit dem Fahrrad ist ein fester Bestandteil des Silk Road Mountain Race. Und vor allem am Ende des Rennens, auf den letzten Kilometern, hat der Renndirektor Nelson noch eine Charakter-Prüfung eingebaut: 25 km Hike-a-Bike über drei Bergpässe, von denen der letztere der mit knapp 3.400m höchste ist.
Das Besondere: an Fahren ist dabei nur wenig zu denken. Vielmehr geht es auf sehr steilen Wanderpfaden und Trails immer nur nach oben. Um euch ein Gefühl für die Herausforderung zu geben: für 5km haben wir 6 Stunden gebraucht.
Insgesamt haben wir für dieses Segment des Rennens 12 Stunden benötigt und mussten zwischendurch noch mal die Zelte aufschlagen, da wir den Track verloren hatten und Tobias zudem Probleme mit seinen Beinen bekommen hatte.
Auch wenn es also eher Typ-2 Fun war – dieser Abschnitt des Rennens hat mich beeindruckt, auch weil er durch eine wunderschöne Landschaft führte, die mich sehr an die Alpen erinnert hat. Nur konnte ich das aufgrund der Anstrengungen nicht wirklich würdigen…
Beeindruckend fand ich auch die Leistung des tschechischen Fahrers Martin Pisacka (Cap 44): Wir sind uns immer wieder begegnet und nach dem Kegeti Pass haben wir ihn plötzlich im Dorf Kegeti getroffen. Sein Freilauf war gebrochen und er konnte nicht mehr fahren.
Doch anstatt aufzugeben, entschied sich Martin die verbleibenden 200 km zu Fuß zurückzulegen. Und das hat er auch geschafft und kam mehr als rechtzeitig ins Ziel, wo wir ihn natürlich entsprechend gefeiert haben. Eine beeindruckende Leistung!
Gab es auch mal schwache Momente und du dachtest ans Aufgeben?
Schwache Momente gab es durchaus. Und sie waren sehr lehrreich. Ich bin mental eher sehr stabil, kam aber dann in Kirgisistan doch ab und zu an meine Grenzen bzw. in neue Bereiche der Belastung. Es war nie der Wille nach dem einfach Aufgeben da. Dafür aber durchaus die Bereitschaft “wenn jetzt was am Rad passiert, dann kann ich endlich aufhören”. Das heißt, eine für mich eher untypische Delegation des Aufgebens an das Rad, an externe Gründe, mit denen ich einem inneren Drang entsprechen konnte. Aber die Räder haben gehalten und so schnell gehen die halt auch nicht kaputt und können auch repariert werden.
In den Tagen, als ich körperlich (vermeintlich) sehr schwach und an meiner Leistungsgrenze war, habe ich tatsächlich auch über das Aufgeben nachgedacht. Aber eher in Richtung: Willst du so dieses Rennen bestreiten? Das ist doch mehr Qual als Spaß. Es hat halt etwas gedauert, bis ich verstanden habe, dass genau das auch zum Rennen gehört.
Wie war die Versorgung unterwegs?
Eigentlich gut. Wasser gab es bis auf wenige Ausnahmen überall und ausreichend. Wir haben das Wasser immer gefiltert (Be Free ist ein sehr guter Filter) oder desinfiziert (Micropur).
Beim Essen waren wir ebenfalls gut vorbereitet: Wir hatten jeder 4 Portionen hochkalorienreiche Expeditionsnahrung (800-1.000 kcal pro Portion) dabei. Zudem haben wir uns unterwegs in den Läden mit Eis, Keksen, Snickers, Tütennudelsuppen, Brot, Käse und Fisch versorgt.
Der längste Streckenabschnitt ohne Versorgungspunkt war 240km lang. Und auch so mussten wir oft Distanzen von 160 bis 200 km mit entsprechender Bevorratung überbrücken. Das hat aber immer gut geklappt und wir hatten nie Versorgungsprobleme oder Knappheit beim Essen.
Grundsätzlich haben wir aber während des Rennens auf Fleisch und Milch verzichtet. Das Infektionsrisiko war einfach zu hoch. Damit sind wir gut gefahren und hatten keinerlei Magenprobleme.
Wie war es diesmal als Pair mit Tobias?
Intensiver. Das hat vor allem auch mit der Länge des Rennens und der diesmal höheren mentalen Belastung zu tun.
Wir sind als Team noch mal näher und mehr zusammen gewachsen, haben uns in den schwachen Momenten motiviert und gestützt. Das fand ich sehr gut, auch weil ich ja eher der Einzelgänger bin.
Ich war froh, das SRMR mit Tobias fahren zu können. Mental war ich auf ihn eingestellt und wäre er ausgefallen, wäre es ungemein härter für mich geworden, das Rennen zu finishen.
Ich würde Rennen wie das AMR oder SRMR auch alleine fahren. Dann braucht es aber eine andere Vorbereitung.
Ausrüstung: Gab es Schäden & Ausfälle? Und was sind deine/eure Tops & Flops?
Glücklicherweise sind wir ohne große Pannen durch das Rennen gekommen. Allerdings war die größte Panne und Herausforderung, als die Sattelstütze von Tobias 7 km vor CP 2 brach.
Und man darf es ruhig Trail Magic nennen, dass im CP2 ein Fahrer saß, der aufgrund von Magenverstimmung/Lebensmittelvergiftung hat aufgeben müssen und dessen Sattelstütze genau bei Tobias passte. Also ging es hier ohne weitere Verzögerungen weiter.
Ansonsten hatten wir mal Löcher in den Tubeless Reifen. Diese konnten wir aber mit Maxalami und neuer Dichtmilch ganz gut unter Kontrolle bekommen und sind so das ganze Rennen Tubeless gefahren. Bei mir hat ein Stein hinten ein Loch in den Reifen gemacht und auch seitlich an der Kontaktstelle zwischen Reifen und Felge einen Riss verursacht. Beides habe ich mit Maxalami dicht bekommen und es hat mehr als 1.400 km gehalten. Insgesamt haben mich die Vittoria Mezcal Reifen wieder überzeugt. Sie sind aktuell die aus meiner Sicht und Erfahrung besten Mäntel für diese Art von Herausforderung.
Ansonsten gab es nur leichte Ausfälle durch sich lösende Schrauben. Aber das war schnell behoben und nicht weiter relevant. Ein Flaschenhalter ist mir aber leider abgebrochen. Zuerst ist die Schraube ausgebrochen und dann der Halter durchgerissen.
Was allerdings etwas länger gedauert hat war die lockere Kassette bei Tobias. Diese mussten wir eine Zeitlang immer wieder festziehen, weil sich durch das Gerüttel immer wieder der Verschlussring der Sunrace Kassette löste. Das betraf übrigens nicht nur Tobias, sondern auch andere Fahrer hatten damit zu kämpfen. Wir haben die Kassette aber mit dem Unior Tool und einem Zelthäring festziehen können.
Wie wir mitbekommen haben, gab es oft Reifenprobleme (durch die Steine aufgeschlitzt), gebrochene Speichen, gebrochene Freiläufe, abgefallene Pedale, gebrochene Kurbeln, defekte Tretlager und beschädigte Bremsen/Bremshebel.
Gleich zu Beginn, noch bei der Akklimatisierung, ist die eine Verschlussseite der Revelate Designs Saltyroll bei Tobias ein- bzw. abgerissen. Das war überraschend, aber auch ärgerlich. Wir haben das dann zusammengerollt und Tobias hat die Saltyroll dann das Rennen über immer nur von einer Seite beladen.
Besonders gut haben mir die folgenden Sachen gefallen:
- Forclaz Über-Handschuhe: sie haben zuverlässig bei Regen und kaltem Wind die Handschuhe geschützt und zusätzlich Wärme gebracht. Sie sind leicht, einfach zu verstauen und ungemein praktisch.
- Wasserfilter Be Free: Leider ist gleich zu Beginn mein Sawyer Wasserfilter kaputt gegangen und so haben wir den Be Free von Tobias benutzt. Ungemein praktisch, schnell und gut sauber zu halten. Den werde ich mir auch holen.
- Big Agnes Copper Spur HV UL 1 Bikepack: Das Zelt war wirklich klasse. Selbststehend und groß genug um sich im Inneren vollständig anziehen zu können und alles zu packen. Leicht und schnell auf- und abzubauen. Sehr kompakt verstaubar und schnell trocknend, wurde es mal nass eingepackt (was ständig vorkam). Auch für große Menschen wie Tobias mit seinen 1,97m ideal, da die Seitenwände steiler ansteigen und so genug Platz für Isomatte und Schlafsack lassen (vor allem im Fußbereich). Zudem auch so recht geräumig.
- Garbarauk: Da muss ich sagen, dass der Umbau auf Garbarauk Schaltkäfig und Röllchen sowie Kassette (10-50) sich gelohnt hat. Die Rival arbeitet so prima und geschmeidig mit MTB Kassetten zusammen. Die Schaltperformance war sehr gut, vor allem wenn es in die steilen Anstiege ging, hat sie ohne Zucken das 50er angesteuert. Ich bin beim SRMR eine Übersetzung von vorne 30 (oval) und hinten 10-50 gefahren.
- Pedaled Alpha Jacket: Ich bin Fan des Polartec Alpha Material. Das ist sehr leicht, atmungsaktiv und vor allem sehr warm. Das macht es etwas teurer, aber es lohnt sich aus meiner Sicht. Ich habe mir daher die Pedaled Alpha Jacke geholt, die ich eigentlich dauernd an hatte. Sie war so gut und warm, dass ich meine Daunenjacke nicht ein mal gebraucht habe und statt dessen immer nur die Kombination aus Alpha und Regenjacke nutzte. Das war völlig ausreichend bei kaltem Wetter mit Wind, Schnee und Regen. Oder abends vor dem Zelt.
- Klite USB-Lader: Von der KlIte Lampe Bikepacker Ultra V2 bin ich ohnehin sehr angetan. Mit dabei ist der Klite USB-Lader. Und der war so effizient und gut, dass ich mit ihm nicht nur den Wahoo immer laden konnte (100%), sondern zudem auch gleichzeitig mein iPhone 12. Und das, obwohl wir nur wenige Passagen hatten, wo wir richtig schnell fahren konnten. Der Lader springt schon bei geringen Geschwindigkeiten an und liefert vernünftig Energie. Das liegt natürlich auch am SON 28 Nabendynamo. So brauchten wir kaum unsere Powerbanks.
- Cumulus X-Lite 400 Schlafsack: Mit knapp 600g hat der individualisierte Cumulus meinen Wärmeerwartungen in Kirgisistan voll und ganz entsprochen. Ich habe ihn mit Toray Gewebe und hydrophober Daune bauen lassen und nur im Fußbereich und im Kapuzen-Inneren mit Pertex Quantum ausstatten lassen. Selbst bei Temperaturen unterhalb des Gefrierpunktes hat er mich nicht im Stich gelassen. Da bei körperlicher Anstrengung oft das Kälteempfinden steigt, hatte ich noch zusätzlich den Cocoon Expedition Inliner dabei. Dieser Innenschlafsack soll bis zu 5 Grad mehr Temperatur geben und hat neben einem effektiven Schmutzschutz mir so auch mehr Komfort geboten. Insgesamt eine prima Kombination. Hinweis: das Toray-Geweben macht den Schlafsack sehr glatt. Das heißt, man rutscht auch schneller auf der Isomatte. Das kann manchmal komisch sein, vor allem wenn man nicht auf ebenem Boden schläft.
Nicht so gute Erfahrungen habe ich/haben wir mit folgenden Ausrüstungsgegenständen gemacht:
- Wahoo ELEMNT Roam: Diesen haben wir noch zum AMR ob seiner langen Akkulaufzeit und Präzision gefeiert. In Kirgisistan hat er aber ein paar Schwächen gehabt: so hat er nicht immer vollständig die Fahrt erfasst (allerdings kann man das vielleicht mit dem Abstellen der Auto-Pause Funktion ändern). Entscheidender war aber, dass er den Track nicht immer genau gefunden hat, was beim Hike-a-Bike schon schwierig war. Und er hat die Trackausrichtung bei einer Pause immer nach Westen gedreht. Also in Bewegung ist der Track immer direkt vor einem ausgerichtet. Bei einer Pause dreht das Wahoo diesen um 90 Grad. Warum weiß ich nicht. Es ist nur blöd, wenn man in den Pausen den Track sehen und checken will und dann eben nur Mist angezeigt bekommt. Zudem hat sich mein Wahoo 4-5x ausgestellt bzw. aufgehört zu messen. Erst nach einem Neustart wurde die Tour wieder hergestellt, was allerdings Zeit kostet.
- Sealskinz Socken: Eigentlich sind diese Socken ja wasserdicht – behauptet zumindest die Werbung. In der Praxis in Kirgisistan waren diese Socken leider überhaupt nicht dicht. Im Gegenteil: eine leichte Flussdurchquerung nur mit Spritzwasser oder leicht im Wasser stehenden Schuh hat gereicht, um die Füße nass werden zu lassen. So haben die Socken nur als Kälte- und Windschutz getaugt. Schade eigentlich.
- Reißverschluss Regenjacke: Das ist jetzt Jammern auf hohem Niveau, aber die Reißverschlüsse meiner Mountain Equipment Skardu Jacke waren recht schwergängig und mit einer Hand nicht gut zu bedienen. Insgesamt war ich aber sehr mit der Performance der Jacke zufrieden und werde noch die Kapuze etwas Radtauglicher nähen lassen.
- Restrap Stem Bags: Ich bin mit zwei der Restrap Stem Bags am Lenker gefahren. In der einen war eine Flasche und in der anderen Essen. Sie sind soweit ok, aber zu schmal und zu schwer, um einen wirklichen Vorteil bieten zu können. Ich werde sie daher vermutlich gegen Revelate Design Mountain Feed bags ersetzen, auch weil diese groß genug und zugänglicher sind, um Kochgeschirr aufzunehmen oder Essen besser im Zugriff zu haben.
- Ortlieb Satteltasche: Tobias ist mit dieser Tasche gefahren und ungewöhnlicherweise hat sich diese delaminiert und ist auseinander gefallen. Das war schon interessant zu sehen, wie die Nähte aufgingen. Dadurch war sie leider nicht mehr dicht, aber wir konnten uns mit Tüten behelfen. Auch andere Fahrer haben gleiche Erfahrungen machen müssen und beklagten Schäden an der Lenkerrolle (Risse) und Satteltasche (aufgehende Nähte und Verbindungen). Ich bin nach wie vor von der Ortlieb-Qualität überzeugt, aber das fand ich schon recht bemerkenswert.
- Revelate Designs Spinelock, Ripio & Saltyroll: Bei der Spinelock wurde es irgendwann immer schwerer den Spine durchzustecken. Das hatte vor allem mit der anhaltenden Verschmutzung zu tun. Man sollte diesen Stift also immer mal reinigen und auch den entsprechenden Kanal an der Tasche. Die Funktion war nie beeinträchtigt, nur die Montage war dann etwas schwerer. Bei der Ripio Rahmentasche ist mir aufgefallen, dass der Reißverschluss Fäden gezogen hat. Das muss nicht sein in dieser Preisklasse. Ich habe die dann abgeschnitten. Weniger erfreulich war, dass in der unteren Tasche die Sachen eine Art Loch in die erste innere Beschichtung gerieben haben. Das kann ich flicken und es ist kein Loch nach außen. Aber ich hätte hier mehr Widerstandsfähigkeit erwartet. Und natürlich die Saltyroll von Tobias, wo der komplette Rollverschluss einmal rundherum fast abgerissen ist, als er die Rolle komprimieren wollte. Das wird ein Materialfehler sein und ein Garantiefall.
War das Salsa Fargo das richtige Rad für das Race?
Ja und nein.
Ja, weil das Fargo grundsätzlich ein Fahrrad genau für solche Herausforderungen ist. Es hat die entsprechende Geometrie, bietet die nötige Reifenbreite und hat genug Möglichkeiten, um benötigte Anbauten vorzunehmen.
Nein, weil Rennen wie das AMR und das SRMR eigentlich Hardtail MTBs erfordert. Idealerweise mit Federgabel, hydraulischen Bremsen und Flat Bar. Das sind die aus meiner Sicht besseren oder passenderen Räder für das Gelände und die Anforderungen der Strecken.
In jedem Fall hat aber die Ausstattung unserer Fargo überzeugt und es ist nicht wirklich was kaputt gegangen. Das sind sehr robuste Drop Bar MTBs, die einiges mitmachen. In Kirgisistan wären etwas Federung und Bremsen mit mehr Power (4 Kolben) noch besser gewesen.
Wie habt ihr euch vorbereitet?
So richtig kann man sich auf ein Rennen wie das Silk Road Mountain Race nicht vorbereiten. Wir haben viel Zeit und Energie in ein körperliches Trainingsprogramm gesteckt, mit dem wir strukturiert fast ein Jahr lang Intervalle und Langstrecke trainiert haben.
Zudem haben wir uns viel mit der Strecke und deren Beschaffenheit auseinandergesetzt und natürlich von unseren Erfahrungen beim Atlas Mountain Race profitiert.
Ich habe diesmal mehr Langstrecke trainiert und viele längere Fahrten gemacht. Und im Juni haben Tobias und ich uns dann noch mal im Harz zu einem kleinen Trainingswochenende getroffen, um letzte Details zu besprechen.
Mehr über das Training und die Vorbereitung könnt ihr auch hier lesen.
Welche Spuren hat das SRMR hinterlassen?
Seelisch oder mental eine hohe Zufriedenheit. Ich bin schon sehr stolz, auch dieses Abenteuer bestanden zu haben. Das Erlebnis, fast aufzugeben, am Ende der Kräfte zu sein und dann doch die Kraft zu haben und zu finishen, war sehr interessant und prägend. Ich bin kein emotionaler Mensch, aber das hat mich schon überrascht.
Auch körperlich hat das Silk Road Spuren hinterlassen: eine Rippenprellung zum Beispiel, die ich mir bei einem kalkulierten Sturz in einem Sandfeld kurz vor dem Ziel zugezogen habe. Die wird mich schmerzhaft noch ein bisschen begleiten.
Dann gibt es auch diesmal wieder taube Zehen. Das wird auch ein paar Monate dauern, bis das weg ist. Ansonsten die normalen Erscheinungen des Leistungsentzugs: dicke Hände und Füße, restless Legs, Kopfschmerzen und eine leichte Erschöpfung. Aber alles soweit normal.
Und ich mache keinen Hehl daraus: Das erfolgreiche Finishen bei diesem Rennen ist mir auch von daher wichtig, als dass ich dadurch natürlich Glaubwürdigkeit als Podcaster und Blogger gewinne. Ich könnte nicht mit gutem Gewissen über all diese Themen schreiben und sprechen, wenn ich selbst nicht in der Lage wäre, diese auch zu machen. Das mag komisch klingen, aber mir ist das sehr wichtig und hat auch viel mit Selbstachtung zu tun.
Aber nun kann ich ja angeben und mich als Ultra bezeichnen 🙂
Was ist der Unterschied von AMR zu SRMR?
Es klang ja schon hier und da an: Das Silk Road Mountain Race ist einfach durch seine Länge und die doch härteren klimatischen und topografischen Bedingungen anders als das AMR. Es ist dadurch nicht nur körperlich fordernder, sondern auch mental belastender.
In Kirgisistan sind es Temperaturen von -15 bis +40 Grad und Berge, deren Anstiege fast 100 km dauern können und deren Serpentinen dann ungemein steiler und (dank Erdrutschen) auch schwerer zu erklimmen sind.
Das Atlas Mountain Race ist gefühlt etwas technischer, hat mehr Trails und fordert den oder die MTB-Fahrer:in mehr. Das Silk Road hat das auch, aber hier ist es mehr die Langstrecke und die Leidensbereitschaft, mehrere hundert Kilometer sich durch Steine und Wellblech den Arsch versohlen zu lassen.
Auch ist die Versorgungslage unterschiedlich: In Marokko ist Wasser ein großes Thema und eher schwierig. In Kirgisistan nicht und Wasser ist meist gut verfügbar. Dafür sind in Marokko die Abstände zwischen Versorgungspunkten nicht so groß, wie es in Kirgisistan oft der Fall war. Kirgisistan ist zudem abgelegener und einsamer als Marokko und verfügt über weniger Infrastruktur.
In jedem Fall sind beides sehr gute und schöne Races, die sich durch ihre Landschaften und die Herausforderungen lohnen.
Beides sind aber KEINE Gravel-Rennen oder irgend so was Komisches. 🙂 Da braucht man richtige Räder wie Hardtail MTBs oder gar Fullys.
Was kommt als nächstes?
Gute Frage! Erstmal nichts, denn wir müssen uns erstmal um unsere Familien kümmern, die ja über viele Monate hinweg uns den Rücken frei gehalten haben, damit wir uns vorbereiten und das Silk Road fahren konnten.
Natürlich gibt es Ideen, wie zum Beispiel die Grenzsteintrophy oder Tour Divide. Das sind aber noch alles ungelegte Eier. Vielleicht gehe ich auch wieder mehr in Richtung Bikepacking Radreisen. Einfach mal schauen, hier und da an kleineren Events teilnehmen. In jedem Fall werde ich das Fitness-Level stabilisieren und dann je nach Anlass wieder entsprechend hochfahren.
Exkurs: Bikeanalytics Fahrräder Silk Road Mountain Race 2021
Ich habe mir wieder die Fährräder des SRMR angeschaut und hinsichtlich ihrer Ausstattung ausgewertet. Insgesamt konnte ich 56 Räder auswerten, basierend auf dem Artikel der Bikepüacking.com Kollegen “Rigs of Silk Road Mountain Race 2021”.
Das ist durchaus interessant für alle, die sich für die Ausstattung und Technik interessieren und ihr Fahrrad vielleicht auch auf Rennen dieser Art vorbereiten möchten.