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13t 11h 47min – Das war das Silk Road Mountain Race 2021

13d 11h 47min - Das war das Silk Road Mountain Race 2021 / That was the Silk Road Mountain Race 2021

Tobias und ich haben es geschafft und als Team “Salsaletten” die 1.860 km und um die 33.000 HM beim diesjährigen Silk Road Mountain Race überwunden. Und man muss wirklich überwunden sagen, denn das war eine sehr harte und kräftezehrende Arbeit.

Nach 13,5 Tagen sind wir dann glücklich im Ziel in Balykchy am Issyl Kul See angekommen. Glücklich auch, weil wir es von 98 Fahrer:innen, die in Talas gestartet sind, auf Platz 37 geschafft haben, bzw. überhaupt angekommen sind. Denn die Abbruchrate lag in diesem Jahr bei ca. 55% (und ist sonst eigentlich noch höher).

Glücklich im Ziel

Fast 14 Tage sind eine lange Zeit, denn die Tagen verschwimmen und bestehen vor allem aus Sleep-Eat-Ride-Repeat. Allerdings kann ich mich besser an viele Erlebnisse und Orte erinnern, als es beim Atlas Mountain Race der Fall war.

Eine chronologische Erzählung ist aber nicht sinnvoll, weshalb ich mir einfach selber Fragen zum Rennen gestellt habe.

Und wer mag, der kann sich auch schon vieles im Podcast mit Tobias zum Rennen anhören:

Viel Spaß!

 

Was ist das SRMR und was macht es so besonders?

Das Silk Road Mountain Race gilt als das forderndste/härteste Ultra Bikepacking Rennen auf der Welt. Gefahren wird im Selbstversorgermodus und es gilt 1.860 km und 33.000 Höhenmeter zu überwinden. Und dafür hat man knapp 15 Tage Zeit, dann schließt das Zeitfenster. Nach 2018 und 2019 fand es in diesem Jahr zum dritten Mal statt. Diesmal war die Strecke noch mal länger als bei den vorherigen Ausgaben, was es etwas anspruchsvoller machte.

Auch neu in diesem Jahr: anstatt in Bishkek zu starten, wurde der Start nach Talas, einer Stadt 300 km westlich von Bishkek, verlegt, wo das Rennen am 13. August um 22 Uhr starten sollte.

Die Räder werden im LKW verladen

Das hat leider nicht ganz geklappt, denn der Transport der Fahrer:innen von Bishkek nach Talas und vor allem der Transport der Räder in zwei Sattelschleppern hatte zeitliche Verzögerungen. So kamen wir gegen 22 Uhr erst in Talas an, aber die Räder waren noch nicht da. So warteten wir in einem Hotelrestaurant bis Mitternacht, um dann in ein Hotel zu gehen und etwas zu schlafen. Die LKW steckten auf der Strecke fest und sollten erst 6 Uhr morgens ankommen.

Aufstehen und Fahrrad fertig machen

Dann um 3.30 Uhr plötzlich ein Weckruf: die LKW wären da, alle raus, Start ist 4.30 Uhr. Also hieß es schnell aufwachen, anziehen und das Fahrrad suchen. Wir checkten kurz die Räder, bereiteten uns schnell vor und dann ging es auch schon los mit dem Silk Road Mountain Race in den kühlen Morgen des 14. August.

Start am 14. August um 4.30 Uhr

Besonders am SRMR sind zum einen die klimatischen und landschaftlichen Herausforderungen. Das sind Temperaturen zwischen -15 und +40 Grad, teilweise innerhalb eines Tages. Dazu Wind, Regen, Schnee, Frost und das in einem hochalpinen Land. Beim diesjährigen Silk Road Mountain Race mussten wir 16 Bergpässe höher als 3.000m überwinden. Und nicht alle waren wirklich fahrbar und manchmal durch Erdrutsche auch nur zu erklettern bzw. zu erschieben.

Die Wege und Straßen sind oft Wellblechpisten, grobe Schotterwege, Bergpfade oder Trails. Das zusammen ergibt dann eben eine Durchschnittsgeschwindigkeit von ca. 10 km/h und eine erhebliche Belastung für Mensch und Material.

Irgendwo im Nirgendwo

Zum anderen die zeitliche Länge, die vor allem mental durchaus fordernd sein kann. Während in Marokko beim AMR nach 7 Tagen eigentlich alles vorbei ist, so befindet man sich beim SRMR da eigentlich noch mittendrin im Rennen. Und meistens auch irgendwo im Nirgendwo, in einem einsamen Tal oder auf einem hohen Pass oder im Hinterland an der chinesischen Grenze. Die körperliche Belastung ist aus meiner Sicht in Kirgisistan höher, was dann natürlich auch auf die mentale Motivation und das Durchhaltevermögen durchschlägt.

 

Warum machst du das, was reizt dich an solchen Rennen?

Die körperliche und mentale Herausforderung reizt mich // Bild: Tobias Köpplinger

Ich bin viele Jahre als klassischer Radreisender mit dem Fahrrad durch die Welt gereist. 2018 bin ich dann auf den Tuscany Trail aufmerksam geworden und mit ihm auf das Bikepacking als Alternative und Ergänzung zum Radreisen. Das Tuscany Trail ist jetzt eher eine gemütliche Veranstaltung, allerdings fährt man über Trails und Pisten und entdeckt so ganz neue Seiten einer Landschaft. Wenig später war ich dann als Bikepacker auch auf Radreise unterwegs in Kenia und Tansania.

Gleichzeitig bin ich immer mehr in die Bikepacking Szene eingetaucht und dabei auch auf das Silk Road Mountain Race aufmerksam geworden. Diese sportive  Art des Bikepackens und die Verbindung aus Leistung und Abenteuer fand ich sehr anziehend. Ein paar Monate später dann wurde das Atlas Mountain Race angekündigt und das war letztendlich für mich der Startschuss, durch Training und entsprechende Vorbereitungen vom Radreisenden über den Bikepacker zum (Ultra)Long-Distance Endurance Bikepacker zu werden. Mit dem Silk Road Mountain Race habe ich mir jetzt den Traum erfüllt, beim härtesten dieser Rennen anzutreten und zu bestehen.

Das Silk Road Mountain Race: die ultimative Herausforderung für Mensch und Material

Das Reisen durch die Welt mit dem Fahrrad war schon beeindruckend und erlebnisreich, aber irgendwie brauchte ich mal was anderes. Ich wollte meine Leistungsgrenzen ausloten, sehen, wie weit ich körperlich gehen kann, testen, wie stark ich mental belastbar bin und das alles mit meiner Leidenschaft für Abenteuer auf dem Fahrrad und dem Entdecken neuer Länder und Landschaften verbinden. Und das haben mir das Atlas Mountain Race und das Silk Road Mountain Race geboten.

Und am Ende ist es dann auch die recht dumme Antwort auf solche Fragen: Ich mache das, einfach weil ich es kann. Und dafür bin ich sehr dankbar.

 

Was hat dich unterwegs am meisten beeindruckt?

Das war so einiges: natürlich und vor allem das Land und seine Landschaften. Gewaltige Gebirgszüge, schneebedeckte Gipfel, einsame Jurten und zahllose Pferde, Rinder und Schafe in endlosen Tälern und bis hoch auf entlegene Bergpässe.

Da fühlt man sich schon mitunter recht winzig, fährt man 90 km zu einem Pass durch ein Hochtal, oder rollt von einem Berg hinab in die Zivilisation.

Immer wieder neu beeindruckende Landschaften // Bild: Justin Ashford

Regensturm mit Aussicht auf Neuschnee

Und auch das Klima und Wetter hat mich beeindruckt: so konnte innerhalb weniger Stunden das Wetter von warmem Sonnenschein auf Regen, Hagel und schlussendlich Schnee umschlagen. Nur um sich dann wieder genauso schnell erneut zu ändern.

Schieben im Neuschnee

Gleich am Anfang, wir waren erst wenige Tage unterwegs, holte uns bei einem Aufstieg zu einem Pass der Regen ein. Es schüttete die ganze Nacht und am nächsten Morgen verwandelte sich der Regen in Schnee und wenig später schoben wir unsere Räder durch 20-30 cm Neuschnee.

Am Ende der Kraft?

Weniger toll, aber genauso beeindruckend und interessant waren die Auswirkungen der Anstrengungen auf den Körper. So hatte ich ein paar Tage mit einer absoluten Schwäche zu kämpfen. Wir waren im Anstieg zum 3.800m hohen Arabel-Pass, als ich merkte, dass meine Beine keine Kraft mehr aufbauen konnten.

Auf dem Weg zum Arabel

Meine Muskeln waren gefühlt nicht in der Lage überhaupt Watt zu treten. Es brauchte immer etwas Zeit, bevor die Kraft in meine Beine gelangen konnte und dann war es meist auch nicht genug. Daher war das Fahren unerträglich anstrengend und ich musste immer wieder Pausen machen, weil ich selbst kleinste Steigungen nicht mehr wirklich hoch kam. Ich war wie leer gepumpt, ausgelaugt.

Ausdauer… // Bild: Tobias Köpplinger

Tobias hat mich dann doch die Serpentinen zum Arabel hochmotiviert, mit dem Ergebnis, dass wir oben angekommen noch die 17km über das auf 3.800m Höhe liegende Arabel Plateau fahren mussten. Es war mittlerweile Nacht und wir wollten keine Übernachtung in dieser Höhe und bei diesen kalten Temperaturen riskieren. Angesichts meiner Formschwäche war das dann natürlich nicht optimal. Und als wir es geschafft hatten, musste ich bei der Abfahrt in den unendlichen Serpentinen immer wieder anhalten, weil mein Körper so schwach war und ich so sehr gefroren habe, dass das konzentrierte Fahren kaum möglich war.

Serpentinen gab es jeden Tag

Nach einer Nacht mit etwas mehr Schlaf war es dann schon besser, allerdings wartete mit dem Tossor Pass gleich das nächste Ungetüm auf uns. Aber irgendwie habe ich auch diesen geschafft und am Ende sogar noch die Passagen, die von einem Erdrutsch blockiert waren, ziemlich zügig schieben können. Dass ich diese Kraft aufbringen konnte, hat mich sehr gewundert.

Auf dem Weg zum Tossor

Der längste Tag

Um so mehr, da ich auch am folgenden Tag noch sehr mit meiner körperlichen Schwäche zu kämpfen hatte. Ich hatte mittlerweile auch darauf reagiert, mehr gegessen als sonst, mehr Mineralien zu mir genommen und es wurde langsam auch besser. Doch dann kam der Check Point 2 und mit ihm der längste und härteste Tag meines bisherigen Bikepacking-Lebens, beginnend mit der Old Soviet Road.

Der Beginn der Old Soviet Road

Das ist eine teilweise mehr als 30% steile alte Militärpiste im kirgisisch-chinesischen Grenzgebiet, die es galt hoch zu schieben. Es war so steil, dass ich das Rad immer nur wenige Meter schieben konnte, um dann zu verschnaufen und Kraft zu sammeln. 1,5 km lang ging das so. Und oben endlich angekommen, warteten noch 20 weitere Kilometer durch die hügelige Wiesenlandschaft, gespickt mit alten Stacheldrahtresten und steilen Steigungen und Abfahrten. Vor dieser Piste hatte ich viel Respekt, auch weil ich eben nicht in Form war. Dennoch konnte ich es gut meistern.

Schieben auf der Old Soviet Road

Damit nicht genug: Nun führte der Track 80 km entlang der chinesischen Grenze auf einer monotonen Wellblechpiste und bei wechselnd starkem Gegenwind. Also Kopf runter und strampeln, so gut es ging. Ging nicht so gut, da oft eine fahrbare Spur fehlte und das Radeln einem Hin- und Herspringen auf dem Weg glich.

Gleich nebenan ist China

Natürlich kam auch ein Unwetter vorbei, aber das konnte die Laune nicht verderben. Die wurde allerdings durch scheinbar flache 13 km getrübt, die direkt zum Beginn des Anstiegs zum Tash Rabat Pass führen sollten. Allerdings entpuppten sie sich als 13 flache Kilometer, die über einen ausgetrockneten See führten und damit recht holprig und nur wenig gut befahrbar waren.

Tash Rabat

So war es denn auch schon dunkel, als wir mit dem Anstieg zum Tash Rabat Pass begannen. Unsere Erwartung war eine kurze, aber steile Piste hoch zum Pass und dann eine entsprechende Abfahrt zu einem nur wenige Kilometer entfernten Jurten-Dorf, wo wir schlafen wollten. Tatsächlich bog der Track aber in ein Gerölltal ab und wir mussten in der Dunkelheit die steile Bergflanke auf losem Geröll mit dem Rad hochsteigen, um dann auf der anderen Seite genauso wieder abzusteigen.

Nachts am Tash Rabat Pass

An Fahren war bei den über 20% steilen Flanken nicht zu denken. Und so bauten wir dann in der Nacht auf dem Weg ins Tal unsere Zelte auf. Der längste Tag lag damit hinter uns und er hat begonnen wie er aufgehört hat: mit Schieben und Hike-a-Bike in seiner extremsten Form.

Kalter Morgen im Jurten Camp

Wer sein Rad liebt, klettert

Anstrengend… // Bild: Tobias Köpplinger

Und weil es so schön war: das Wandern mit dem Fahrrad ist ein fester Bestandteil des Silk Road Mountain Race. Und vor allem am Ende des Rennens, auf den letzten Kilometern, hat der Renndirektor Nelson noch eine Charakter-Prüfung eingebaut: 25 km Hike-a-Bike über drei Bergpässe, von denen der letztere der mit knapp 3.400m höchste ist.

Das Wandern ist des Tobis Lust

Das Besondere: an Fahren ist dabei nur wenig zu denken. Vielmehr geht es auf sehr steilen Wanderpfaden und Trails immer nur nach oben. Um euch ein Gefühl für die Herausforderung zu geben: für 5km haben wir 6 Stunden gebraucht.

Schieben… // Bild: Tobias Köpplinger

Insgesamt haben wir für dieses Segment des Rennens 12 Stunden benötigt und mussten zwischendurch noch mal die Zelte aufschlagen, da wir den Track verloren hatten und Tobias zudem Probleme mit seinen Beinen bekommen hatte.

Pause

Auch wenn es also eher Typ-2 Fun war – dieser Abschnitt des Rennens hat mich beeindruckt, auch weil er durch eine wunderschöne Landschaft führte, die mich sehr an die Alpen erinnert hat. Nur konnte ich das aufgrund der Anstrengungen nicht wirklich würdigen…

Tolle Landschaft

Beeindruckend fand ich auch die Leistung des tschechischen Fahrers Martin Pisacka (Cap 44): Wir sind uns immer wieder begegnet und nach dem Kegeti Pass haben wir ihn plötzlich im Dorf Kegeti getroffen. Sein Freilauf war gebrochen und er konnte nicht mehr fahren.

Martin in Kegeti

Doch anstatt aufzugeben, entschied sich Martin die verbleibenden 200 km zu Fuß zurückzulegen. Und das hat er auch geschafft und kam mehr als rechtzeitig ins Ziel, wo wir ihn natürlich entsprechend gefeiert haben. Eine beeindruckende Leistung!

 

Gab es auch mal schwache Momente und du dachtest ans Aufgeben?

Schwache Momente gab es durchaus. Und sie waren sehr lehrreich. Ich bin mental eher sehr stabil, kam aber dann in Kirgisistan doch ab und zu an meine Grenzen bzw. in neue Bereiche der Belastung. Es war nie der Wille nach dem einfach Aufgeben da. Dafür aber durchaus die Bereitschaft “wenn jetzt was am Rad passiert, dann kann ich endlich aufhören”. Das heißt, eine für mich eher untypische Delegation des Aufgebens an das Rad, an externe Gründe, mit denen ich einem inneren Drang entsprechen konnte. Aber die Räder haben gehalten und so schnell gehen die halt auch nicht kaputt und können auch repariert werden.

Abendessen vor dem Zelt // Bild: Tobias Köpplinger

In den Tagen, als ich körperlich (vermeintlich) sehr schwach und an meiner Leistungsgrenze war, habe ich tatsächlich auch über das Aufgeben nachgedacht. Aber eher in Richtung: Willst du so dieses Rennen bestreiten? Das ist doch mehr Qual als Spaß. Es hat halt etwas gedauert, bis ich verstanden habe, dass genau das auch zum Rennen gehört.

 

Wie war die Versorgung unterwegs?

Eigentlich gut. Wasser gab es bis auf wenige Ausnahmen überall und ausreichend. Wir haben das Wasser immer gefiltert (Be Free ist ein sehr guter Filter) oder desinfiziert (Micropur).

Wasser filtern war unser täglich Brot

Beim Essen waren wir ebenfalls gut vorbereitet: Wir hatten jeder 4 Portionen hochkalorienreiche Expeditionsnahrung (800-1.000 kcal pro Portion) dabei. Zudem haben wir uns unterwegs in den Läden mit Eis, Keksen, Snickers, Tütennudelsuppen, Brot, Käse und Fisch versorgt.

Brot und Fisch

Der längste Streckenabschnitt ohne Versorgungspunkt war 240km lang. Und auch so mussten wir oft Distanzen von 160 bis 200 km mit entsprechender Bevorratung überbrücken. Das hat aber immer gut geklappt und wir hatten nie Versorgungsprobleme oder Knappheit beim Essen.

Essen im Checkpoint

Grundsätzlich haben wir aber während des Rennens auf Fleisch und Milch verzichtet. Das Infektionsrisiko war einfach zu hoch. Damit sind wir gut gefahren und hatten keinerlei Magenprobleme.

 

Wie war es diesmal als Pair mit Tobias?

Intensiver. Das hat vor allem auch mit der Länge des Rennens und der diesmal höheren mentalen Belastung zu tun.

Auf Tobias kann ich mich immer verlassen…

Wir sind als Team noch mal näher und mehr zusammen gewachsen, haben uns in den schwachen Momenten motiviert und gestützt. Das fand ich sehr gut, auch weil ich ja eher der Einzelgänger bin.

Abendroutine

Ich war froh, das SRMR mit Tobias fahren zu können. Mental war ich auf ihn eingestellt und wäre er ausgefallen, wäre es ungemein härter für mich geworden, das Rennen zu finishen.

Danke, Towaritsch Tobias!

Ich würde Rennen wie das AMR oder SRMR auch alleine fahren. Dann braucht es aber eine andere Vorbereitung.

 

Ausrüstung: Gab es Schäden & Ausfälle? Und was sind deine/eure Tops & Flops?

Glücklicherweise sind wir ohne große Pannen durch das Rennen gekommen. Allerdings war die größte Panne und Herausforderung, als die Sattelstütze von Tobias 7 km vor CP 2 brach.

Knacks im Dunkeln

Und man darf es ruhig Trail Magic nennen, dass im CP2 ein Fahrer saß, der aufgrund von Magenverstimmung/Lebensmittelvergiftung hat aufgeben müssen und dessen Sattelstütze genau bei Tobias passte. Also ging es hier ohne weitere Verzögerungen weiter.

Neue Stütze dank Trail Magic

Ansonsten hatten wir mal Löcher in den Tubeless Reifen. Diese konnten wir aber mit Maxalami und neuer Dichtmilch ganz gut unter Kontrolle bekommen und sind so das ganze Rennen Tubeless gefahren. Bei mir hat ein Stein hinten ein Loch in den Reifen gemacht und auch seitlich an der Kontaktstelle zwischen Reifen und Felge einen Riss verursacht. Beides habe ich mit Maxalami dicht bekommen und es hat mehr als 1.400 km gehalten. Insgesamt haben mich die Vittoria Mezcal Reifen wieder überzeugt. Sie sind aktuell die aus meiner Sicht und Erfahrung besten Mäntel für diese Art von Herausforderung.

Hat 1.400 km gehalten

Ansonsten gab es nur leichte Ausfälle durch sich lösende Schrauben. Aber das war schnell behoben und nicht weiter relevant. Ein Flaschenhalter ist mir aber leider abgebrochen. Zuerst ist die Schraube ausgebrochen und dann der Halter durchgerissen.

Was allerdings etwas länger gedauert hat war die lockere Kassette bei Tobias. Diese mussten wir eine Zeitlang immer wieder festziehen, weil sich durch das Gerüttel immer wieder der Verschlussring der Sunrace Kassette löste. Das betraf übrigens nicht nur Tobias, sondern auch andere Fahrer hatten damit zu kämpfen. Wir haben die Kassette aber mit dem Unior Tool und einem Zelthäring festziehen können.

Alle Kassetten locker

Wie wir mitbekommen haben, gab es oft Reifenprobleme (durch die Steine aufgeschlitzt), gebrochene Speichen, gebrochene Freiläufe, abgefallene Pedale, gebrochene Kurbeln, defekte Tretlager und beschädigte Bremsen/Bremshebel.

Gleich zu Beginn, noch bei der Akklimatisierung, ist die eine Verschlussseite der Revelate Designs Saltyroll bei Tobias ein- bzw. abgerissen. Das war überraschend, aber auch ärgerlich. Wir haben das dann zusammengerollt und Tobias hat die Saltyroll dann das Rennen über immer nur von einer Seite beladen.

Besonders gut haben mir die folgenden Sachen gefallen:

Big Agnes im Einsatz

Nicht so gute Erfahrungen habe ich/haben wir mit folgenden Ausrüstungsgegenständen gemacht:

Auf unsere Ausrüstung war eigentlich Verlass // Bild: Tobias Köpplinger

 

War das Salsa Fargo das richtige Rad für das Race?

Ja und nein.

Ja, weil das Fargo grundsätzlich ein Fahrrad genau für solche Herausforderungen ist. Es hat die entsprechende Geometrie, bietet die nötige Reifenbreite und hat genug Möglichkeiten, um benötigte Anbauten vorzunehmen.

Das Salsa Fargo Ti in Kirgisistan

Nein, weil Rennen wie das AMR und das SRMR eigentlich Hardtail MTBs erfordert. Idealerweise mit Federgabel, hydraulischen Bremsen und Flat Bar. Das sind die aus meiner Sicht besseren oder passenderen Räder für das Gelände und die Anforderungen der Strecken.

In jedem Fall hat aber die Ausstattung unserer Fargo überzeugt und es ist nicht wirklich was kaputt gegangen. Das sind sehr robuste Drop Bar MTBs, die einiges mitmachen. In Kirgisistan wären etwas Federung und Bremsen mit mehr Power (4 Kolben) noch besser gewesen.

 

Wie habt ihr euch vorbereitet?

So richtig kann man sich auf ein Rennen wie das Silk Road Mountain Race nicht vorbereiten. Wir haben viel Zeit und Energie in ein körperliches Trainingsprogramm gesteckt, mit dem wir strukturiert fast ein Jahr lang Intervalle und Langstrecke trainiert haben.

Zudem haben wir uns viel mit der Strecke und deren Beschaffenheit auseinandergesetzt und natürlich von unseren Erfahrungen beim Atlas Mountain Race profitiert.

Eine von unzähligen Flussdurchquerungen

Ich habe diesmal mehr Langstrecke trainiert und viele längere Fahrten gemacht. Und im Juni haben Tobias und ich uns dann noch mal im Harz zu einem kleinen Trainingswochenende getroffen, um letzte Details zu besprechen.

Mehr über das Training und die Vorbereitung könnt ihr auch hier lesen.

 

Welche Spuren hat das SRMR hinterlassen?

Seelisch oder mental eine hohe Zufriedenheit. Ich bin schon sehr stolz, auch dieses Abenteuer bestanden zu haben. Das Erlebnis, fast aufzugeben, am Ende der Kräfte zu sein und dann doch die Kraft zu haben und zu finishen, war sehr interessant und prägend. Ich bin kein emotionaler Mensch, aber das hat mich schon überrascht.

Geschafft, aber glücklich // Bild: Tobias Köpplinger

Auch körperlich hat das Silk Road Spuren hinterlassen: eine Rippenprellung zum Beispiel, die ich mir bei einem kalkulierten Sturz in einem Sandfeld kurz vor dem Ziel zugezogen habe. Die wird mich schmerzhaft noch ein bisschen begleiten.

Dann gibt es auch diesmal wieder taube Zehen. Das wird auch ein paar Monate dauern, bis das weg ist. Ansonsten die normalen Erscheinungen des Leistungsentzugs: dicke Hände und Füße, restless Legs, Kopfschmerzen und eine leichte Erschöpfung. Aber alles soweit normal.

Tobias am letzten Pass

Und ich mache keinen Hehl daraus: Das erfolgreiche Finishen bei diesem Rennen ist mir auch von daher wichtig, als dass ich dadurch natürlich Glaubwürdigkeit als Podcaster und Blogger gewinne. Ich könnte nicht mit gutem Gewissen über all diese Themen schreiben und sprechen, wenn ich selbst nicht in der Lage wäre, diese auch zu machen. Das mag komisch klingen, aber mir ist das sehr wichtig und hat auch viel mit Selbstachtung zu tun.

Kegeti Pass // Bild: Justin Ashford

Aber nun kann ich ja angeben und mich als Ultra bezeichnen 🙂

 

Was ist der Unterschied von AMR zu SRMR?

Es klang ja schon hier und da an: Das Silk Road Mountain Race ist einfach durch seine Länge und die doch härteren klimatischen und topografischen Bedingungen anders als das AMR. Es ist dadurch nicht nur körperlich fordernder, sondern auch mental belastender.

Ausblick

In Kirgisistan sind es Temperaturen von -15 bis +40 Grad und Berge, deren Anstiege fast 100 km dauern können und deren Serpentinen dann ungemein steiler und (dank Erdrutschen) auch schwerer zu erklimmen sind.

Das Atlas Mountain Race ist gefühlt etwas technischer, hat mehr Trails und fordert den oder die MTB-Fahrer:in mehr. Das Silk Road hat das auch, aber hier ist es mehr die Langstrecke und die Leidensbereitschaft, mehrere hundert Kilometer sich durch Steine und Wellblech den Arsch versohlen zu lassen.

Nachts sind oft Rad und Zelt eingefroren

Auch ist die Versorgungslage unterschiedlich: In Marokko ist Wasser ein großes Thema und eher schwierig. In Kirgisistan nicht und Wasser ist meist gut verfügbar. Dafür sind in Marokko die Abstände zwischen Versorgungspunkten nicht so groß, wie es in Kirgisistan oft der Fall war. Kirgisistan ist zudem abgelegener und einsamer als Marokko und verfügt über weniger Infrastruktur.

Aufstieg zum Kegeti Pass Südseite

In jedem Fall sind beides sehr gute und schöne Races, die sich durch ihre Landschaften und die Herausforderungen lohnen.

Beides sind aber KEINE Gravel-Rennen oder irgend so was Komisches. 🙂 Da braucht man richtige Räder wie Hardtail MTBs oder gar Fullys.

 

Was kommt als nächstes?

Gute Frage! Erstmal nichts, denn wir müssen uns erstmal um unsere Familien kümmern, die ja über viele Monate hinweg uns den Rücken frei gehalten haben, damit wir uns vorbereiten und das Silk Road fahren konnten.

Aufwärts…

Natürlich gibt es Ideen, wie zum Beispiel die Grenzsteintrophy oder Tour Divide. Das sind aber noch alles ungelegte Eier. Vielleicht gehe ich auch wieder mehr in Richtung Bikepacking Radreisen. Einfach mal schauen, hier und da an kleineren Events teilnehmen. In jedem Fall werde ich das Fitness-Level stabilisieren und dann je nach Anlass wieder entsprechend hochfahren.

Mal sehen was als Nächstes kommt…

 

Exkurs: Bikeanalytics Fahrräder Silk Road Mountain Race 2021

Ich habe mir wieder die Fährräder des SRMR angeschaut und hinsichtlich ihrer Ausstattung ausgewertet. Insgesamt konnte ich 56 Räder auswerten, basierend auf dem Artikel der Bikepüacking.com Kollegen “Rigs of Silk Road Mountain Race 2021”.

Das ist durchaus interessant für alle, die sich für die Ausstattung und Technik interessieren und ihr Fahrrad vielleicht auch auf Rennen dieser Art vorbereiten möchten.

Bikeanalytics SRMR 2021 – Part 1

 

Bikeanalytics SRMR 2021 – Part 2
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