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Wenn die Heide nicht blüht: Bikepacking Heidschnuckenweg

Bikepacking Heidschnucken Wanderweg

200 km durch die Heide auf dem Heidschnuckenwanderweg

In wenigen Tagen ist es soweit und ich starte Anfang Juni zusammen mit mehr als 700 anderen Fahrern aus der ganzen Welt beim Tuscany Trail 2018. Drei bis vier Tage habe ich mir für die 530 km über mehr als 9.000 Höhenmeter durch die Toskana vorgenommen.

Und obwohl ich recht fit bin und viel Rad fahre, wollte ich mich doch noch mal etwas spezieller auf diese Fahrt vorbereiten. Vor allem aber wollte ich mein Rad und meine Ausrüstung testen und optimieren.

Nach einer kurzen Recherche wurde ich auf den Heidschnucken Wanderweg aufmerksam (Danke Harald!), der über 200 km von Celle bis nach Neu Wulmsdorf an der Elbe, südlich von Hamburg, verläuft. Dabei führt er durch sandige Heidelandschaften genauso wie durch dichte Wälder – auf breiten Pisten und engen Trails. Eine ideale Übungsstrecke also.

Test für den Tuscany Trail

Als Tour habe ich den Heidschnuckenweg nicht geplant. Vielmehr ging es mir darum zu erfahren, ob ich mit meinem Rad und Set-Up, um die 150/160 km am Tag auch in schwierigem Gelände fahren kann. Und was ich vor allem noch für die Toskana weglassen kann.

Bevor ich startete, galt es erstmal zu packen. Ich benutze die Bikepacking Taschen von Ortlieb, die mir freundlicherweise für einen Langzeittest gestellt worden sind. (Den Testbericht findest Du hier). Zudem habe ich am Lenker sogenannte Stem-Bags von Restrap. Diese Taschen können entweder eine Flasche fassen, oder halt Riegel und was sonst noch so an Kram direkt verfügbar sein soll. Zudem kann ich an der Gabel auch noch Taschen befestigen. Hier verwende ich derzeit 5L Packsäcke von Decathlon, wechsle aber vermutlich noch mal auf andere Säcke.

Eigentlich bin ich ein klassischer Reiseradler (und mache das auch noch weiterhin so), der sich auch für das Bikepacking begeistert. Das bedeutet natürlich auch für mich beim Gepäck eine Konzentration auf das Nötigste. Aber das fiel mir nicht schwer, zumal ich das Platzangebot der Bikepacking-Taschen mehr als ausreichend finde und bei meinen Radreisen selten mehr als 15kg Gepäck (ohne Essen) dabei habe.

Mein Beyond 2018 mit Gepäck

Auf den Heidschnuckenweg sollten mit:

Das Zelt, Isomatte und Innenschlafsack habe ich in der Lenkerrolle verpackt. Schlafsack, Klamotten, Gamaschen und Waschkram kamen in die Satteltasche aka Arschrakete. Riegel und Ersatzschlauch landeten in der Stem-Bag, Geldbörse, Basecap, Mütze und Sonnenbrille in der kleinen Zusatztasche auf der Lenkerrolle (Accessory Pack) und der Rest in die 4L große Rahmentasche. Ich habe noch eine 6L große Rahmentasche, die dann aber den Rahmen komplett ausfüllt und somit der Flasche keinen Platz einräumt. Momentan brauche ich allerdings die große Rahmentasche nicht.

Insgesamt also nicht viel und ich würde aus dieser Liste noch Sachen streichen, die nicht mit in die Toskana kommen. Dafür werde ich aber vermutlich noch ein oder zwei 1L Wasserflaschen an der Gabel mitführen.

Blick auf das Lenker-Set-up

Mit leichtem Gepäck fuhr ich also am späten Freitagnachmittag zum Bahnhof, um meinen Zug nach Celle zu besteigen. Nach einer Stunde Fahrt (die mich 50 Euro inkl. Radkarte kostete!), war ich am Startpunkt des Heidschnuckenwegs angekommen.

Mein Navi tat sich erstmal schwer und führte mich kreuz und quer durch die Stadt, anstatt auf den Heidschnuckenweg. Immerhin kam ich so an einem Radladen vorbei und konnte so noch schnell Ersatzbatterien für das sich immer wieder neu berechnende Navi kaufen.

Heidschnucken-Idylle

Irgendwann war die Route gefunden und ich rollte gemütlich über sandige, aber breite Forstwege nach Norden. Mein erstes Ziel war der Naturcampingplatz in Oldendorf, 30 km entfernt. Bis dahin führt der mit einem weißen H auf schwarzem Grund (oder einem weißen X auf einem Baum) gekennzeichnete Heidschnucken Wanderweg mich durch eine sehr waldreiche Gegend. Immer wieder geht es an Militär-Übungsgeländen vorbei und manchmal auch zwischen Artillerie-Stellungen hindurch.

Auf breiten sandigen Wegen nach Norden

Obwohl es die Tage zuvor geregnet hatte, waren die Wege recht trocken. Immer wieder gab es Stellen mit tiefem Sand, aber größtenteils waren die Pisten gut befahrbar. In jedem Fall haben sich die 2.25 breiten Reifen ausgezahlt. Sie gaben mir auch bei hoher Geschwindigkeit eine gute Traktion auf dem sandigen Untergrund.

Mit einsetzender Dämmerung erreichte ich dann den nahezu leeren Campingplatz. Nicht mal die Gastwirtschaft hatte offen und so holte ich mir noch schnell bei der Campingplatzwartin ein Bier und einen Tipp für ein offenes Restaurant in der Nähe. Fix stand das Zelt und ich radelte noch die 2 km bis zum empfohlenen Restaurant. Wenig später lag ich dann satt im Zelt und schlief schnell ein.

Zelt und Gute Nacht!

Mit bestem Wetter begrüßte mich der nächste Tag. Eigentlich war das der Tag 1 auf dem Heidschnuckenweg und alles zuvor eher Anreise. Knapp 160 bis 170 km lagen heute vor mir und ich wollte – da Training – diese Strecke auch an einem Tag schaffen. Gegen 7.30 Uhr startete ich und wie auch sonst auf meinen Touren, fuhr ich erstmal einige Kilometer bis zum Frühstück. Und als ob der Weg mich testen wollte, führte er mich gleich in dichten Wald, wo offensichtlich gerade Baumarbeiten durchgeführt wurden und nahezu alle Wege von Maschinen umgepflügt waren. Das machte das Fahren zu einer sehr matschigen und anstrengenden Angelegenheit.

Wald-Prüfung

Nach 40 km kam ich dann endlich an einem Bäcker vorbei und konnte Frühstücken. Frisch gestärkt führte mich der Weg dann durch eine offene Heidelandschaft und machte seinem Namen alle Ehre. Es war ein sehr schönes Erlebnis, allein durch eine menschenleere Heide zu rauschen und sich auf den schmalen Wegen auszutoben.

Einsam ist die Heide am Schönsten

Aber es zeigte mir auch, dass dieser Weg nur dann gut und angenehm zu befahren ist, wenn die Heide leer ist. Das ist Ende April, unter der Woche oder zu Beginn des Wochenendes sicherlich eher der Fall, als in der Hauptsaison und an den Wochenenden im Sommer/Frühherbst, vor allem wenn die Heide blüht.

Mir sind auf den 200 km nur ca. 15 Wanderer und 3 andere Radler (Mountainbiker) begegnet. Allerdings weiß ich aus vergangenen Touren durch die Heide, dass es sehr beschwerlich sein kann, wenn mehr Wanderer und Ausflügler unterwegs sind. Vor allem auf den sehr engen Wegen in der Heide und im Wald kann man nur wenig ausweichen. Und ob es dann auch noch auf Gegenliebe stößt, wenn man da mit dem Rad entlang kommt, sei dahingestellt.

Kann schon mal eng werden auf dem Heidschnuckenweg

So lange die Heide leer ist, macht das Radeln also richtig Spaß. Mein Navi gab sich aber alle Mühe, diesen durch komische Streckenführungen zu verderben. Ohne Erfolg, denn das Land hier ist einfach wunderbar: mit viel Wald, wilden Hütten und einsamen Pfaden. Kilometer um Kilometer rollte ich dahin und fuhr der ein oder anderen dunklen Wolke davon. Gegen Mittag hatte ich um die 80 km auf dem Tacho und belohnte mich mit einem Stück Bienenstich, den ich allerdings nicht aufgegessen habe.

Ich lag also gut in der Zeit und war gespannt, wie weit ich es heute schaffen würde. Vor mir breitete sich die Lüneburger Heide aus, in der es noch mal richtig sandig wurde. Der Himmel bewölkte sich und gab der Landschaft einen mystischen Charakter. Ich erwartete jeden Augenblick den Hund von Baskerville. Doch dann riss der Himmel wieder auf und tauchte das Land in sonniges Gold und der Spuk war vorbei.

Die dramatische Heide

Der Heidschnuckenweg führt den Radler gerne über alle verfügbaren Hügel im Umkreis, die zwar insgesamt nicht besonders hoch sind, aber durchaus steil zu erklimmen. Ab und zu musste ich absteigen und schieben. Auch die Wege waren immer mehr durch Wurzeln, Sand und Steine geprägt und machten das Fahren mehr zum Mountainbiken. Das trainierte die technischen Fähigkeiten und machte zudem Spaß, auch wenn es anstrengender war, als das normale Dahinrollen auf Waldwegen.

Durch die Heide auf schmalen Wegen

Hinter der Heide liegen die Schwarzen Berge, die ich so zum ersten Mal durchradelte. Sie sind bekannt für ihre vielen durchaus herausfordernden Trails und Routen für Mountainbiker und Wanderer. Und so wurde ich auch gleich mit einem Auf- und Ab an Waldwegen begrüßt, wobei auch die Abfahrten manchmal so steil waren, dass ich bergab geschoben habe. Mittlerweile hatte ich auch mehr als 140 km auf dem Buckel und ein Check auf dem Navi zeigte mir, dass ich es definitiv noch heute bis nach Neu Wulmsdorf schaffe. Und nicht nur das: es war gar nicht mehr weit.

Schöne Sandwege durch tiefe Wälder

Aber die letzten 20 km hatten es in sich: die Schwarzen Berge holten noch mal alles aus mir raus. Permanent ging es auf wurzel- und steinreichen Trails steil bergauf, um sich dann wenig später genauso in die Tiefe zu stürzen. Eine echte Herausforderung für Mensch und Material. Irgendwann habe ich dies dann auch geschafft und erreichte wieder normale Gravel-Wege und rollte den Rest des Weges an die Elbe.

Genau 18 Uhr erreichte ich den S-Bahnhof Neu Wulmsdorf und damit mein Trainingsziel, eine vernünftige Strecke in einem Tag im Bikepacking-Stil zu fahren. Ich war zwar etwas platt, aber das lag vermutlich auch nur daran, dass ich mal wieder vergessen hatte zu essen und zudem auch keine wesentlichen Pausen eingelegt habe. Auch diese habe ich vergessen.

In den Schwarzen Bergen

Körperlich ging es mir sehr gut und nach 20 Minuten Pause und etwas Essen hätte es auch weitergehen können. Ein gutes Zeichen für den Tuscany Trail, wo ich am Tag um die 150 bis 180 km zurücklegen möchte. Der Heidschnuckenweg ist zwar von den Höhenmetern nicht vergleichbar (insgesamt um die 1.400 HM), aber die zahlreichen Trails haben eine vergleichbare Anstrengung geboten.

 

Fazit:

Der Heidschnuckenweg ist in erster Linie ein Wanderweg, auf dem man streckenweise auch sehr gut radeln kann. Und er ist für ambitionierte Fahrer durchaus an einem Tag machbar. Breite Reifen und eine steigungsfreundliche Übersetzung sind hilfreich. In der Vor- oder Nachsaison wird man als Radler mehr Spaß haben, da dann weniger Wanderer unterwegs sind, mit denen man sich auf den durchaus schmalen Pfaden durchaus ins Gehege kommen kann.

Kann schon recht trailig werden: der Heidschnuckenweg

Wer sich mehr Zeit nehmen möchte, der kann sicherlich in einem der vielen Unterstände/Hütten am Weg lagern oder sucht sich einen Campingplatz. Landschaftlich ist der Weg beeindruckend und zeigt mal wieder, wie nah doch das Schöne sein kann.

In jedem Fall ist es eine gute Trainingsstrecke fürs Bikepacking und für alle, die Ausrüstung und Rad in toller Natur testen möchte. Ich kann es jedem nur empfehlen und werde hier sicherlich noch mal fahren.

Immer eine Tour wert: der Heidshcnuckenweg

HIER kann man sich den GPX-Track runterladen.

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