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Outdoor Research Helium Bivy im Praxistest: Was taugt der ultraleichte Biwaksack?

Outdoor Research Helium Bivy im Praxistest: Was taugt der ultraleichte Biwaksack? // Outdoor Research Helium Bivy in practice: How good is the ultra-light bivy sack?

Beschäftigt man sich mit dem Bikepacking, dann kommt man irgendwann natürlich auch auf das Thema Übernachten oder Campieren. Und dann ist es nicht mehr weit und man steht vor der Entscheidung zwischen Zelt oder Biwaksack (oder Tarp oder Hängematte, aber das lassen wir mal außen vor).

Ich bin eigentlich ein klassischer “Zelter” und werde es auch bleiben – soviel schon mal vorweg. Aber es gab zwei Gründe, warum ich mir Biwaksäcke als Alternative oder Ergänzung meines Set-up näher angeschaut habe:

18 ZELTE FÜR RADREISE UND BIKEPACKING

In Vorbereitung meiner diesjährigen Touren, dem Mainfranken Graveller und dem Bohemian Border Bash Race, stehe ich nun ebenfalls vor der Entscheidung zwischen Zelt oder Biwaksack.

Biwaksäcke sind:

Allerdings haben sie auch Nachteile:

Aus meiner Sicht eignen sie sich daher eher für das ultra-leichte Bikepacking-Touren, wo man entweder in Schutzhütten unterkommen kann, oder aufgrund des eher trockenen Wetters nur einen leichten Schutz und zusätzliche Isolierung benötigt.

Biwak in Marokko

Theorie ist das eine, Praxis das andere. Ich habe mir zuerst den Alpkit Hunka Biwaksack gekauft und mit ihm in Marokko ganz gute Erfahrungen gemacht. Er ist nicht der leichteste Biwaksack, hat aber in Marokko bei trockenem Wetter und Temperaturen um die 0 Grad kaum bis gar kein Kondens gebildet. In den normalen Hunka passt bei mir keine Isomatte mit in den Sack, weshalb ich mir den Hunka XL holte, der groß genug ist, um neben Schlafsack auch die Isomatte mit aufzunehmen.

Ich komme soweit eigentlich gut mit Biwaksäcken klar, aber einmal hatte ich im Sommer massive Probleme mit Mücken. Da half kein Spray und auch nicht, dass ich die Schlafsackkapuze so sehr zugemacht hatte, dass nur noch die Nase herausschaute. Das war einfach zu warm und unkomfortabel.

Daher habe ich nach einer Lösung gesucht, die so praktisch wie ein Biwaksack ist und dennoch bei Bedarf den Kopfbereich gegen leichten Regen und vor allem Mücken schützt.

Quelle: outdoorresearch.com

Und diese Lösung habe ich im Outdoor Research Helium Bivy gefunden. Er ist 208cm lang, hat eine Fußbreite von ca. 48cm und eine Schulterbreite von 66cm. Der Boden des Helium ist aus Nylon gefertigt, das Obermaterial aus wasserdichtem Pertex Material. Die Nähte sind versiegelt und der Boden laut Hersteller TPU-laminiert. Dadurch ist er wasserdicht, was ich bestätigen kann. Ab und zu habe ich aber noch eine ultraleichte Tyvek-Folie mit dabei, die ich unter den Biwaksack lege. Nötig wäre das aber nicht, da der Boden recht stabil ist und spitze Gegenstände ganz gut abwehrt.

Das Besondere am Helium ist aber der Kopfbereich, der mit einer Stange aufgestellt wird und so Raum schafft für ein Mückennetz und mehr Platz im Kopfbereich, wie in einem sehr kleinen Zelt. Ich habe meist auch eine kleine Schnur dabei, denn es gibt eine kleine Schlaufe an der Stangenführung, mit der ich die Stangenkonstruktion an einem Ast oder ähnlichem fixieren kann. Das ist aber nicht unbedingt nötig, denn die Stange steht von alleine, vor allem, wenn man drinnen liegt.

Am Fußende ist zudem an einer Seite eine weitere Schlaufe, durch die man einen Hering stecken kann, um den Sack am Boden zu fixieren. Das kann beim Ein- und Ausstieg etwas helfen, ist aber eigentlich nicht nötig.

Biwaksäcke sind alles andere als bequem. Sie sind in erster Linie praktische Notlösungen. So ist auch der Ein- oder Ausstieg immer ein kleiner Akt. Einmal drin, passen aber in den Raum am Kopf gut die nötigen Wertgegenstände und ein paar Klamotten. Ich habe mir dann oft auch meine Sachen in einem Packsack als Kissen im Kopfbereich platziert, meine Radhose, Trikot und Jacke meist rechts und links neben den Schlafsack gelegt.

Im Helium

Nun kann man entweder das Mückennetz aufziehen, oder verschließt den Biwaksack im Kopfbereich komplett – zum Beispiel wenn es regnet. Allerdings sollte man beachten, dass der Biwaksack sehr dicht schließt, weshalb man immer einen kleinen Spalt offen lassen sollte, um nicht durch Sauerstoffmangel Probleme zu bekommen.

In den Helium passen die Isomatte und der Schlafsack gut rein, die Hülle des Biwaksacks liegt aber natürlich an. Das heißt, die feuchte und warme Luft aus dem Schlafsack trifft direkt auf die Biwaksackhülle. Und auch wenn Outdoor Research von einer atmungsaktiven Hülle spricht, so endet das in der Praxis oft mit einem feuchten oder nassen Schlafsack. Hinzu kommt, dass wenn der Helium dicht geschlossen ist, die Atemluft nicht mehr problemlos abziehen kann, was wiederum in massivem Kondens endet.

Feuchtigkeit tritt zwar auch im Zelt auf, ist dort aber meist wegen einer doppelwandigen Bauweise und dem größeren Platzangebot und der besseren Belüftung eher ein geringeres Problem.

Im Sommer habe ich nicht oft Probleme mit Kondenswasser im Helium, auch weil da eigentlich ein Biwaksack nicht nötig ist. Da reicht es sich einfach so auf die Matte zu legen. Ich war im Winter im Helium unterwegs, bei 5 Grad, Sturm und Regen. Da bin ich nachts wach geworden, da es “reingeregnet” hatte. Ich hatte nur das Mückennetz aufgezogen und schloss dann entsprechend des Sack auch im Kopfbereich. Das wiederum hatte Kondens durch Atemluft zur Folge, zudem herrschte auch eine hohe Luftfeuchtigkeit. Das Ergebnis war, dass ich mich dann nur mit dem nassen Schlafsack auf einen nahegelegenen überdachten Rastplatz-Tisch gelegt habe, was angenehmer war und der Schlafsack durch den Wind auch trocknete.

Es hat dann auch lange gedauert, bis der Helium innen getrocknet war. Das muss man dann mit beachten, denn das Kondenswasser steht im Inneren und läuft nicht ab. Deshalb muss der Sack gewendet werden, um richtig zu trocknen.

Ihr merkt also, so richtig ist das alles nix. Und wenn man sich den Preis von ca. 230 Euro anschaut, dann fragt man sich schon. Aber wie ihr wisst, habe ich lieber Ahnung, als nur eine Meinung, weshalb ich mir den Biwaksack mal gekauft habe.

Seine Mückenschutzfunktion erfüllt er, aber die Nachteile des Kondenswassers und der doch recht einschränkenden Praktikabilität beim Schlafen, muss man einkalkulieren.

Max Riese ist mit dem OR Helium das Silk Road Mountain Race gefahren. Dafür hat er meinen Respekt. Er schrieb mir auf Instagram aber auch, dass er den Helium schon mag und das Mückennetz schätzt. Aber auch er hatte mit viel Kondens zu kämpfen und ist weiterhin auf der Suche nach der ultimativen Lösung.

Was für den Biwaksack spricht sind das niedrige Gewicht von nur 503g und das geringe Packmaß (ca. 30 x 10 x 8 cm). Damit passt der Helium zum Beispiel in das obere Fach meiner Rahmentasche.

Ich bin aber irgendwie dann doch eher Fraktion Zelt. Da gibt es mittlerweile auch 1-Personen Zelte, die vom Gewicht nicht mehr wirklich den Unterschied zum Helium machen. Zum Beispiel das Nordisk Lofoten 1 mit um die 500g oder das MSR Carbon Reflex 1 mit 790g und einem weitaus besseren Raumangebot, als ein Biwaksack. Nils Thomsen hat das und war beim Bohemian Border Bash Race sehr davon angetan. In Marokko beim diesjährigen Atlas Mountain Race hatte er den OR Helium dabei und ebenfalls Kondens-Erfahrungen gemacht.

Ich habe das Big Agnes Copper Spur HV UL1 Bikepack, das ca. 1.200g wiegt. Ich habe den schweren Packsack des Zeltes weggelassen und komme so auf ca. 1.100g. Das wäre eine Differenz zum Helium von ca. 600g. Aber dafür habe ich eine Behausung, in der ich bequem auch bei schlechtem Wetter sitzen kann, mich umziehen und mein Zeug packen kann, bevor es raus in den Regen oder Schnee geht. Vom Packmaß nimmt es natürlich etwas mehr Platz ein, aber der Zugewinn an Komfort ist mir das Mehrgewicht wert.

Aber dennoch weiß ich, dass ich beim Packen für das Race wieder vor der Entscheidung stehe, ob Biwaksack oder Zelt. Und ich dann – je nach Wettervorhersage – mich dann vielleicht doch für den Biwaksack entscheide. Oder nicht?

Wie ist es bei dir? Team Biwak oder Team Zelt oder Team Tarp oder Team Hängematte oder Team ohne alles?

Oder ohne alles…

 

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