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10.000 km mit dem Norwid Gotland – eine Bilanz nach 1,5 Jahren

Mein Norwid Gotland - fast 10.000 km alt.

Im Februar letzten Jahres habe ich mir ein neues Fahrrad gegönnt: ein Norwid Gotland Reiserad mit ein paar Anpassungen.

Monatelang habe ich zuvor recherchiert und überlegt und mich dann für die kleine Manufaktur in Neuendorf bei Elmshorn entschieden. Einmal, weil Norwid natürlich eine Instanz in Sachen Fahrradbau für die große Tour ist. Aber auch, weil Norwid nur 20 km von mir entfernt liegt.

Seit anderthalb Jahren radle ich nun also mit dem Gotland. Es das Rad, mit dem ich alles fahre, egal ob Tour oder ins Büro. Knapp 10.000 km ist es bislang gelaufen – ca. 7.000 km davon auf der fast täglichen Tour 42 km ins Büro und wieder zurück. Dabei geht es mehr über Wald- und Schotterwege, als auf Straßen. Das fordert natürlich das Material. Zeit also für eine Bilanz.

Mein Norwid auf dem Weg ins Büro

Die Entscheidung für das Norwid ist nach wie vor die richtige gewesen. Ich fahre immer wieder auch andere Fahrräder, aber wenn ich auf mein Norwid steige, dann fühle ich mich wie Zuhause. Ob mit oder ohne Gepäck – das Norwid macht einfach Spaß. Ich fahre ca. 90% der Strecken mit Gepäck, meist mit zwei Taschen hinten.

 

Gepäckträger und LowRider

Daher waren es auch der Gepäckträger und der LowRider, die die ersten Gebrauchsspuren bekamen. Die Rohre sind abgerieben, aber das stört nicht weiter. Ich habe die schlimmsten Stellen mit Gaffa-Tape überklebt. Der Tubus ist einfach robust und sitzt bombensicher. Das schaukelt sich nix auf. Beim LowRider war ich gespannt, wie es sich mit der Stabilität verhält. Beim Duo gibt es kein Überrollbügel, sondern er wird jeweils von beiden Seiten an der Gabel fixiert. Beim Fahren fällt aber nix auf. Das Gepäck sitzt fest und ebenfalls wackelfrei.

Der Tubus Duo LowRider mit Gebrauchsspuren

Was mich ein bisschen nervt ist allerdings die Befestigung der LowRider-Taschen am Duo. Irgendwie muss ich immer am unteren Fixierungshaken rumschrauben, damit dieser sich sicher über das LowRider-Rohr schiebt. Das empfand ich bei meinem alten SL-LowRider als einfacher.

Auch am Tubus Logo haben die Taschen ihre Spuren hinterlassen

Auf Tour mit kompletten Taschen-Six-Pack läuft das Norwid sehr ruhig und spurtreu. Allerdings muss man dabei auf den Luftdruck achten: als ich in Georgien die ersten Kilometer vom Flughafen nach Tiflis gefahren bin, fing bei Geschwindigkeiten höher 30 km/h das Rad an sich aufzuschaukeln. Das Vorderrad flatterte richtig und ich musste abbremsen. Dann habe ich die Taschen neu austariert, aber erst mit dem richtigen Luftdruck auf den Mondials war das Flattern vorbei. Daher fahre ich auf Tour meist mit 5 bis 5,5 Bar Druck vorne und hinten.

 

Rahmen und Lack

Wirklich kaputt gegangen ist bislang nichts. Der Rahmen hat seinen ersten Schlag nur durch den Flugzeugtransport nach Georgien bekommen. Dabei wurde die Vorderlampe soweit gegen den Rahmen gedrückt, dass dieser einen Lackschaden bekam und die Lampenhalterung etwas verbogen war. Den Lackschaden habe ich mit einem farbtreuen Aufkleber überklebt, die Lampe wieder gerade gebogen.

Der Lackschaden an der Befestigung der Lampenhalterung wurde abgeklebt

Vor ein paar Wochen dann ist mir noch ein Radfahrer hinten reingefahren. Dabei ist der Schutzblechreflektor zerbrochen und das Schutzblech etwas verbogen worden. Aber auch das ist kein Drama.

Nicht schlimm: kaputter Reflektor

Bremsen

Es war also vor allem der Verschleiß, von dem das Rad betroffen war. Besonders sind die Bremsen davon betroffen. Ich habe die Magura HS33 R. Die bremsen gut, aber so richtig überzeugend finde ich sie nicht.

Zuvor hatte ich Avid Single Digit 7 an meinem alten Reiserad. Hier waren die Einstellung und das Wechseln der Bremsgummis einfacher sowie die Bremswirkung besser. Zudem war der Verschleiß gefühlt weniger, als jetzt bei den HS33.

Die HS33 sind gute Bremsen, keine Frage. Aber aus meiner Sicht bremsen sie nicht so stark, wie ich das von den Avids her kenne. Die Maguras bremsen weicher und je nach Belag bei Nässe manchmal auch gar nicht richtig. Ich bin zwischendurch immer auch mal Scheibenbremsen gefahren. Aktuell bin ich mit XT-Scheibenbremsen unterwegs und bei Nässe ist das ein Unterschied wie Tag und Nacht. Wo die Scheiben gut bremsen, rutscht die HS33 mit roten Gummis nur durch und baut nicht wirklich einen Druckpunkt auf. Hat man sich an diese Art der Bremsleistung gewöhnt, dann geht es wieder.

Die HS33 R Bremsen

Am meisten hat mich aber das Quietschen der Bremsen gestört. Das fing bereits mit den ersten Belägen an. Inzwischen habe ich da auch mit Werkstattunterstützung alles versucht, das in den Griff zu bekommen. Die Felgen wurden abgeschliffen, verschiedene Bremsgummis ausprobiert. Aber sobald es etwas feuchter ist, quietscht es. Das kenne ich natürlich auch von anderen Bremsen, aber ich habe es da immer wieder auch eingestellt bekommen. Bei den Avids habe ich die Gummis entsprechen angeschrägt, bei der Magura geht das nicht.

Vermutlich lag es aber oft an den abgefahrenen Belägen. Auf den bislang gefahrenen fast 10.000 km musste ich schon 5x die Beläge wechseln. Das ist natürlich dem Stadtverkehr und den sandigen Wegen geschuldet, die ich hauptsächlich fahre. Zweimal hatte ich die schwarzen Magura Bremsgummis drauf, einmal ein Komponentenmix-Gummi, zweimal die roten Magura Bremsgummis. Die roten Gummis haben einen höheren Abrieb an der Felge zur Folge. Beim Wechseln der Bremsgummis kann man dann manchmal die Alu-Splitter im Gummi sehen.

Nun muss ich demnächst wieder wechseln und werde jetzt wieder auf die schwarzen Original-Gummis gehen, die etwas schonender für die Felge sind, dafür aber bei Nässe nicht so gut wie die roten Gummis arbeiten.

Ich bin daher ernsthaft am Überlegen, doch bald auf Scheibenbremsen zu wechseln (Magura MT5 oder 7, bzw. Shimano XT). Das werde ich aber erst nach der Tour durch Patagonien machen.

Was ich ebenfalls als störend empfinde ist, dass ich zum Wechseln der Bremsgummis immer die Räder ausbauen und dabei die Luft ablassen muss. Das hat mit der 55er Breite der Reifen zu tun, die voll aufgepumpt nicht an den Bremskörpern vorbei kommen, selbst wenn ich eine Seite der Bremse ausgehängt habe.

 

Felge und Reifen

Die Ryde/Rigida Sputnik Felgen sind natürlich ebenfalls vom Verschleiß betroffen. Die Flanken sind schon vom Abrieb gezeichnet, aber noch ist es (aus meiner Sicht) nicht kritisch. Bis Ende des Jahres werde ich sie auf jeden Fall noch fahren und dann von Norwid mal inspizieren lassen. Sollte ein Wechsel nötig sein, überlege ich auf die Big Bull oder Andra 30 zu wechseln und dann schwarze, anstatt silberne Speichen zu nehmen.

Felgen sind stark beansprucht, aber noch gut

Die Laufräder mit den Sputniks sind aber extrem gut. Ich beanspruche das Material schon sehr und dennoch gibt es keinerlei Schaden an den Rädern. Kein Schlag, keine defekte Speiche, kein Riss in der Felge.

Felge noch mal näher

Nach den Bremsen und Felgen sind natürlich vor allem die Reifen betroffen: die Mondial Faltreifen sind wirklich sehr belastbar. Kaum Belastungs- oder Alterungsrisse und auch der Abrieb hält sich aus meiner Sicht noch in Grenzen. Natürlich ist das Profil vom täglichen Gebrauch gezeichnet.

Der Marathon Mondial ist wirklich ein Dauerrenner

Scherben, Nägel und scharfe Steine zerschneiden immer wieder den Gummi. Aber nie kritisch. Bislang hatte ich mit den Mondial einen Platten. Eine Scherbe hat sich durch den Reifen gebohrt. Die Mondial fahre ich noch auf jeden Fall bis Ende des Jahres und lasse sie dann bevor es nach Patagonien geht nochmal von Norwid begutachten.

 

Kette, Tretkranz und Ritzel

Kommen wir zum Antrieb: auch hier wütet der Verschleiß. Obwohl ich sehr oft mein Fahrrad und besonders den Antrieb reinige, habe ich nach 7.500 km eine neue KMC-Kette aufgezogen. Gleichzeitig habe ich das Rohloffritzel gedreht. Dabei meinte der Mechaniker, dass es schon sehr runtergefahren sei und demnächst gewechselt werden sollte. Der Tretkranz hat auch schon deutliche Gebrauchsspuren. Noch sind die Haifischzähne nicht bedenklich, aber auch hier ist der Abrieb schon deutlich. Ende des Jahres werde ich also hinteres Ritzel, Tretkrank und Kette tauschen.

Stark beansprucht: Kette und Ritzel

Insgesamt komme ich so vermutlich auf ca. 500 Euro an Austauschkosten, die Ende des Jahres anfallen. Zwischendurch war ich gewillt, auf Riemenantrieb umzustellen. Allerdings liegen die Kosten dafür bei 1.250 Euro (Rahmen teilen, lackieren, Gates-Ritzel auf Rohloff bauen, neue Tretgarnitur, Riemen, etc.) und damit deutlich zu hoch.

Abnutzung an Tretkranz und Ritzel

Mit der Rohloff bin ich mehr als zufrieden. Nach wie vor schätze ich sie mehr, als eine Kettenschaltung. Es macht einfach Spaß mit ihr zu fahren. Nach 5.000 km habe ich das Öl gewechselt, was sehr einfach war. Sie schaltet präzise und der Drehgriff ist gut zu bedienen. Ich habe die Bowdenzüge bislang noch nicht nachgestellt. Das werde ich bei der großen Austauschaktion Ende des Jahres machen, falls es nötig ist und dabei auch noch mal das Öl tauschen.

 

Was gibt es sonst noch so?

Der Steuersatz arbeitet unauffällig. Die Stromversorgung über The Plug funktioniert, trotz korridierter USB-Schnittstelle.

Ein bisschen Rost kann nicht schaden 😉

Der SON 28 Nabendynamo arbeitet zuverlässig, das Licht ebenfalls ohne Defekte. Anfänglich störten die Brems- und Schaltkabel etwas, denn die schoben den Schalter am Vorderlicht von An auf Aus beim Lenken. Mittlerweile habe ich eine Lampeneinstellung gefunden, die sehr gut passt und bei der sich Kabel und Lampe nicht mehr ins Gehege kommen. Die kabellose Stromaufnahme des Nabendynamos an der Gabel ist wirklich prima, erspart sie doch lästige Kabel an der Gabel.

Abrieb am Ergon GP-4 Griff

Ganz unerwartet habe ich noch an den Lenkergriffen Abrieb festgestellt. Allerdings nur auf der rechten Seite, was auf meine eher rechtslastige Fahrweise zurückzuführen ist. Die Hörnchen haben natürlich Gebrauchsspuren.

Die üblichen Abnutzungsspuren an den Ergotec Hörnchen

Beim Sattel hatte ich am Anfang noch meinen alten Brooks B17 drauf. Allerdings ging dieser gar nicht, bzw. konnte ich nicht mit dem Sattel fahren. Immer wieder bekam ich durch ihn Taubheitsgefühle in einem Bein. Ich bin dann auf den SQLab 602 active umgestiegen und seitdem habe ich keine Probleme mehr.

Der SQLab 602 nach fast 10.000 km

Einzig wenn es feucht ist, dann quietschen die Radhosen beim Fahren durch die Reibung am Sattel. Sollte ich aber irgendwann einen neuen Sattel brauchen, dann werde ich mir vermutlich wieder Brooks anschauen. Rein faktisch und funktional gibt es aber keinerlei Gründe, die gegen den SQLab sprechen.

 

Fazit:

Nach fast 10.000 km auf dem Norwid Gotland gibt es nix zu meckern. Das Rad ist nach wie vor das Beste, was ich je hatte.

Macht immer noch Spaß: das Norwid Gotland

Abgesehen von dem zu erwartenden Verschleiß, gibt es keine Ausfälle. Einzig mit den HS33-Bremsen bin ich nicht so zufrieden. Hier würde ich mir etwas mehr Bremsleistung und weniger Gummiverschleiß wünschen. Ansonsten arbeiten aber auch die unauffällig und brauchen kaum Pflege.

Rahmen und Gabel sind sehr solide und alle Anbauteile sind auch nach 10.000 km nahezu uneingeschränkt einsatzbereit.

 

Habt ihr Fragen zum Rad oder zum Verschleiß, dann einfach in die Kommentare damit!

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