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Vom Aufgeben

Vor ein paar Tagen las ich auf Facebook, dass Markus Schorn zwei Wochen nach dem Start seiner Adventure World Trip Tour diese abgebrochen hat. Ursprünglich sollte es für ihn in den kommenden 4 bis 5 Jahren mit Fahrrad und Kanu durch die Welt gehen.

Er schreibt:

“Es gab Zeiten, da habe ich morgens voller Vorfreude die Augen aufgeschlagen. Das Wetter war egal, es war einfach die Spannung, die mich meistens noch vor Sonnenaufgang wach werden ließ. Die Freude, einen neuen Tag zu starten, voller Ereignisse und ungeahnter Möglichkeiten.

 

Während der letzten Monate habe ich dieses positive Gefühl verloren. Ich bin nicht mehr neugierig, was wohl kommen mag und hoffe möglichst nicht, dass etwas Unerwartetes passiert. Es gibt für alles eine Zeit und vielleicht ist meine Fahrrad- Reisezeit einfach vorbei. Ich wollte nie einer dieser Hippies sein, die den Absprung verpassen und plötzlich ist es zu spät.”

Da ist die große Tour schon lange geplant, die Ausrüstung gekauft, das Zuhause verabschiedet, das Hab und Gut auf dem Rad verstaut, bereit die Welt zu entdecken, weg zu sein. Die ersten Kilometer geschafft, die erste Woche, vielleicht sogar die ersten Monate. Und dann: Zweifel, Unzufriedenheit oder gar körperliche Beschwerden führen zum Abbruch der Tour, zum Aufgeben des Traums. Und manchmal ist es einfach nur wie bei Markus die Erkenntnis, dass das Radreisen doch nicht so das Richtige ist.

Facebook Post von Markus

Vom Aufgeben lautet die Überschrift dieses Beitrags. Und in Aufgeben steckt immer auch ein Vorwurf, etwas Negatives wie „Du hast es nicht geschafft!“ oder „Los, beiß Dich durch, gib nicht auf!“.

Oft sind es die großen Touren, bei denen die Aufgabe erfolgt. Die Weltumradlung, die dann doch zu groß, zu herausfordernd wird. Die vielen Eindrücke und neuen Länder, die einen überfordern, oder die Erwartungshaltung von Familie, Freunden, Fans und oft auch Sponsoren, die einen unter Druck setzen können.

Wenn man alleine reist, fehlt einem dann manchmal natürlich diese Motivation, dieser Antrieb, den eigenen Schweinehund zu überwinden und sich dem zu stellen, was man sich all die Jahre überlegt und vorgenommen hat, auf das man hingelebt hat. Genauso gehört aber auch viel Mut und Selbstreflektion dazu, dann alles über den Haufen zu schmeißen und völlig neu zu planen.

Egal ob eine mehrtägige Tour entlang der Mosel, der große mehrwöchige Trip durch fremde Länder oder die Weltumradlung: Ich glaube, dass das Aufgeben, Aufhören, Abbrechen, Scheitern zu einer Tour dazu gehören. Das muss nicht immer das große Aufgeben sein, sondern oft sind es die kleinen Abbrüche, die sicherlich jeder schon erlebt hat.

Mir ist das bislang zwei Mal passiert: 2006 war ich in Norwegen unterwegs. Ich wollte über Ostern zwei Wochen durch den Süden des Landes radeln. Doch durch die Kälte entzündete sich mein Knie und ich konnte nicht mehr weiterradeln. Ich musste abbrechen.

Ich musste Aufgeben: im Zelt in Norwegen 2006

Und obwohl es nachvollziehbar war und einen guten Grund hatte, ärgere ich mich noch heute darüber, gescheitert zu sein. Umso wichtiger war dann für mich die Tour durch Marokko im Jahr darauf. Hier wollte ich mir vor allem beweisen, dass ich es „noch kann“ und weiterhin Radreisen machen kann.

Marokko 2007: ich kann es noch!

In Marokko gab es dann aber ein Aufgeben anderer Natur: ich wollte ursprünglich aus der Wüste an die Küste fahren. Doch starker Gegensturm machte die Fahrt unerträglich anstrengend. Und so drehte ich nach einem Tag gegen den Sturm fahren um und wählte eine andere Route, die mich über den Atlas nach Marrakesch brachte.

Ja, Routenänderungen sind völlig normal und das Abweichen von Plänen ist erste Radlerpflicht. Aber dieses Kapitulieren vor dem Sturm hat mich getroffen und ärgert mich noch heute. Deshalb habe ich beispielsweise auf Island nie aufgegeben, wenn es gegen ungleich stärkeren Sturm zu radeln galt.

Wenn man alleine reist, fehlt einem manchmal die Motivation und es ist schwer, den eigenen Schweinehund immer wieder überwinden zu können. (in der mauretanischen Sahara)

Das mögen jetzt für einen Außenstehenden banale Beispiele des Abbrechens und Aufgebens sein. Aber es zeigt, dass Aufgeben und Scheitern Bestandteil jeder Tour sind (und sein dürfen).

Natürlich kommt dieser Beitrag zu keinem echten Fazit. Für mich persönlich ist das Aufgeben natürlich erst mal doof, aber oft gehört mehr Mut dazu und oft fängt dann eine Reise auch erst richtig an, auch wenn sie dann vielleicht ganz anders wird. Auf jeden Fall hat man etwas dazugelernt.

Nun bin ich auf eure Meinungen dazu gespannt…

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