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Reisen trotz Familie – 6 Tipps und Erfahrungen

Heute wird es mal etwas persönlicher. Ich reise ja gerne allein und mittlerweile möchte ich es gar nicht mehr anders. Aber ich habe auch Familie. Und zwar richtig gerne. Beides zusammen verändert natürlich die Art meines Reisens und die Häufigkeit.

4 Monate, 6 Wochen, 1 Monat unterwegs sein? Früher kein Problem, als ich noch keinem wirklichen Job nachgegangen bin und vor allem noch keine Familie hatte. Heute habe ich zwei kleine Kinder, einen festen und zeitraubenden Job – und schaffe es trotzdem, auf Tour zu gehen.

Seit der Geburt meiner Kinder (das erste vor 12 Jahren, das zweite vor 9 Jahren) war ich in Vietnam (2008), Ruanda und Uganda (2010), Island (2013), Ecuador (2014), Georgien (2015), Patagonien (2017) und Ostafrika (2019) unterwegs.

Ab und zu werde ich da natürlich gefragt, wie ich denn das alles unter einen Hut bekomme und was denn meine Familie dazu sagt. Kurz: wie reise ich trotz Familie?

Grund genug, euch heute mal meine Gedanken, Erfahrungen und Tipps zu diesem Thema vorzustellen. Sechs kleine Kapitel sind es geworden und ich freue mich natürlich über eure Meinungen und Erfahrungen zu diesem Thema.

Erstens: Verständnis

Natürlich braucht es zuerst einen verständnisvollen und leidensfähigen Partner. Leidensfähig nicht, weil die Zeit der Trennung so schwierig ist, sondern weil man seinen Partner mit den Kindern alleine lässt. Mitunter ist die Zeit alleine mit den Kindern anstrengender als meine Radtour an sich. Das sollte man nicht vergessen und in gleichem Maße Verständnis für die Daheimbleibenden aufbringen. Verständnisvoll, weil es schon einer beträchtliche Portion Toleranz bedarf, um einen Partner zu ertragen, der – kaum von einer Tour zurück – schon wieder mit den nächsten Planungen anfängt. Und sei es nur für zwei Tage in die Lüneburger Heide.

Zweitens: Vertrauen

Zur Art meines Reisens gehört auch viel Vertrauen. Wenn ich reise, dann reise ich. Da genieße ich es, allein zu sein und mich ganz auf die Tour und die Erlebnisse konzentrieren zu können. Natürlich setzt das ein nicht unerhebliches Vertrauen seitens des Partners voraus (und umgekehrt), aber bislang hat das gut geklappt.

Es geht aber vor allem um das Vertrauen, dass ich nichts riskiere, mich nicht gefährde und vorsichtig bin. Natürlich war ich früher sorgloser. Jetzt als Vater benutze ich sogar einen Helm. Unterwegs nur manchmal (eigentlich selten ;-)), aber ich fahre risikoärmer und umsichtiger. Auch die Auswahl meiner Reiseziele ist eine andere, als ich sie sonst machen würde. Mich reizen die wilden Ecken, wo es auch mal gefährlich werden kann. Die müssen jetzt aber erst mal warten. Doch auch ohne solche Ziele bietet die Welt ganz reizvolle Ecken zum Radeln.

 

Drittens: (Keine) Planung

Familie zu haben heißt auch, dass der Zeitraum der Reisen meist nicht wirklich planbar ist. Dazu kommt noch der Job, bei dem man auch Urlaub rechtzeitig planen und abstimmen sollte.

Ich habe mit meiner Familie ein ganz gutes, zumindest bislang funktionierendes System: im Schnitt kann ich, solange die Kinder noch klein sind, alle zwei Jahre auf eine längere Tour gehen (2-3 Wochen). Allerdings entscheidet meine Frau den Zeitpunkt: sie signalisiert mir einige Monate vorher, wann es gut passen würde. Das kann im Winter oder Sommer, Frühjahr oder Herbst sein. Und damit entscheidet sich auch meist mein Ziel. Im nächsten Schritt kläre ich die Möglichkeit mit meinem Arbeitgeber, der mir allerdings hier dankenswerterweise viele Freiräume lässt.

Und dann geht es ans Planen: ich nehme mir die Liste meiner Ziele und Touren vor, die ich gerne machen möchte und stimme diese dann mit dem Zeitraum, Temperaturen und Klima ab. Am Ende habe ich dann meist eine gute Tour.

Viertens: Geld

Finanziell sind meine Touren nicht sehr aufwändig. Ich komme unterwegs mit teilweise weniger als 10 Euro am Tag aus. Hinzu kommen die Anreisekosten. Im Schnitt kostet mich eine Reise inklusive Flug und Ausrüstungsergänzung um die 1.000 Euro. Dafür lege ich immer wieder etwas Geld beiseite, sodass ich am Ende nur noch geringfügig das Reisebudget auffüllen muss.

Fünftens: Unterwegs

Früher war es wesentlich schwieriger, unterwegs in Kontakt mit der Familie zu bleiben. Manchmal gab es nur alle 10 Tage die Gelegenheit, ein schlecht verständliches Telefonat zu führen oder ein Fax zu schicken. Heute ist das wesentlich besser, wenn auch nicht unbedingt kostengünstig. Wenn ich reise, dann melde ich mich eigentlich nur wenig. Allerdings hat sich das auch verändert und so schicke ich schon alle 3 bis 4 Tage ein kurzes Lebenszeichen nach Hause und bin erreichbar, falls was ist. Telefonate führe ich nicht. Emails schicke ich auch nur selten bzw. kommt das auf die Region an. In Island habe ich nur 3 Mal eine SMS geschickt. In Ruanda und Uganda habe ich mich alle 5 Tage per Email gemeldet. In Vietnam nur 2-3 Mal insgesamt.

Sechstens: Wiederkommen

Da ist man voller neuer Eindrücke, Erlebnisse und Begegnungen, hat Distanz zum Alltag aufgebaut, fühlt sich beschwingt und als Eroberer unbekannter Welten – und kommt dann nach Hause. Das muss aber nicht schlimm werden. Ich jedenfalls freue mich meist auf Zuhause und kann damit gut umgehen, dass sich hier trotz meiner Abenteuer und Einsamkeit die Welt weitergedreht hat. Daher sollte man damit klar kommen bzw. sich darauf einstellen, dass nicht die eigenen Erlebnisse erstmal im Vordergrund stehen, sondern die organisatorischen Detailfragen des Familienalltags. Früher war Wiederkommen wesentlich entspannter. Heute ist es realistischer. Und am Ende ist Familie so etwas wie eine sehr lange Reise, von der ich ab und zu mal abbiege.

Wie seht ihr das? Bzw. wie macht ihr das mit Reisen und Familie?

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