Ganz groß über Stock und Stein: Testfahrt mit dem Velotraum Finder

Das Velotraum Finder in freier Wildbahn

Das wusste ich auch nicht: die Laufradgröße 650B hat „am Reiserad (…) bereits eine lange Tradition: Die spektakulären französischen Randonneur-Räder der 1930er- bis 50er-Jahre rollten auf diesem Felgenmaß“, so der Fahrrad Pressedienst im Begleittext zum Velotraum Finder, das ich Ende letzten Jahres mal testen konnte. (Danke an dieser Stelle noch mal an den Pressedienst Fahrrad für die Unterstützung.)

650B bzw. 27,5 Zoll ist also eine „Brückengröße“ zwischen den 26 Zoll Rädern der klassischen Reiseräder und den großen 28/29 Zoll Reifen.

Für Quer-Wald-ein genau das Richtige: das Velotraum Finder

Mit dem Velotraum Finder gibt es seit dem letzten Jahr ein 650B Reiserad, das auch Reifen bis zu 3 Zoll vertragen kann, also 27,5 x 3 Zoll. Damit kann man Radtouren machen? Ja, kann man. Kommt halt auf die Bereifung drauf an. Und den Luftdruck.

Bei der Bereifung ist das Angebot an Mänteln für die 650B Größe noch nicht ganz so umfangreich, wie man das bei den herkömmlichen Größen so kennt. Schwalbe hat mit dem Marathon Almotion und dem Super Moto 650B Reifen im Angebot, die sich eher für die Straßennutzung eignen. Die Schwalbe G-One Reifen zum Beispiel sind dann für das Gelände gedacht und bieten hier auch ordentlich Traktion.

Die Schwalbe G-One am Finder

Beim Luftdruck muss man etwas umdenken, wenn man vom klassischen Reiserad kommt: die G-One Reifen brauchen im Gelände um die 1 Bar Luftdruck, auf der Straße gefahren 1,5 Bar, damit es hier ein bisschen besser rollt.

Ich hatte das Finder (oder den Finder?) schon bei Walter Lauter gesehen, der ein blaues sein Eigen nennt und damit immer wieder durchs Land fährt. Und als sich die Gelegenheit ergab, nahm ich das Test-Finder mit 2,3 Zoll breiten und schlauchlosen Schwalbe G-One Schlappen für das Bikepacking Abenteuer, anstatt im Straßentouren-Set-up mit Schwalbe Super Moto Reifen.

Rein ins Vergnügen…

Was für ein Vergnügen! Kaum hatte ich es ausgepackt, bin ich auch schon los, hinein in den Wald und einfach mal über alles was geht. Unglaublich, wie sich der Finder da ruhig durchfrisst. Mit meinem 26 Zoll Reiserad wäre hier schon lange Ende gewesen. Aber es muss ja auch nicht, denn – Nomen est Omen – das Finder ist ja genau für eine gröbere Umgebung gemacht, für das Bikepacking abseits von Asphalt und feinen Wege.

Raus ins Grü… Schlammige!

Unbeladen ist das Finder trotz der Rohloff leicht: der Aluminium-Rahmen macht schon einiges aus. Und vermutlich auch der Riemenantrieb, den ich bei dieser Gelegenheit gleich mal mit ausprobieren wollte. Um die 15/16 kg bringt das Musterrad auf die Waage – und damit immer noch etwas weniger als mein Norwid Gotland mit seinen 17,5 kg.

Hält was aus und kann ordentlich was ab: Rohloff mit Gates Carbon Drive

Als ich so Richtung Wald rollte, war ich überrascht von der Leichtläufigkeit und Agilität des Finder, hatte ich doch bei den breiten Reifen und dem geringeren Luftdruck eher etwas mehr Schwerfälligkeit erwartet. Auf Asphalt brummt das Rad natürlich etwas langsamer vor sich hin als vielleicht ein normales Tourenrad mit normalen Reifen drauf. Aber sobald der Untergrund ungemütlich wurde, fuhr das Leben in das Rad und es ging richtig los. Ich bin kein „Heizer“, aber ich musste einfach durch den Wald und über die Wiesen rasen. Das machte solch einen Spaß, dass ich danach komplett dreckig und auch fertig war, so sehr hat mich dieses Rad begeistert.

Nicht nur ich fand das Finder toll…

Und das ging nicht nur mir so! Als ich auf Instagram ein Bild vom Finder postete, schrieb mir Carsten aus Flensburg, dass seine Frau Sandra und er schon lange mit dem Finder liebäugeln und sich das Rad gerne mal anschauen würden. Gesagt getan: an einem schön schlammig-kühlen Tag kamen er und seine Familie zu mir nach Hamburg und gemeinsam schwärmten wir um das Finder herum. Und auch hier war man sich nach einer Testfahrt einig: das Ding rockt! (Vielen Dank an dieser Stelle an Carsten und Familie für den vorzüglichen Rum aus Flensburg! Die Flasche ist natürlich schon alle – ich muss also mal wieder ein Testrad besorgen 😉 )

Hier fühlt sich das Finder wohl – in freier Wildbahn

Was die Ausstattung angeht, so verweise ich auf das Velotraum Baukastensystem: es gibt ein Basis-Set-up und der Rest liegt letztendlich beim Nutzer. Mein Testrad hatte eine Rohloff mit Gates Riemenantrieb und dazu SRAM Level TL Scheibenbremsen. Die Schwalbe G-One liefen auf DT Swiss XM 551 Felgen.

Die SRAM Level TL am Finder

Der Star war aber der Rahmen, der mit seiner Signatur – dem Knick im Oberrohr – als Plattform-Rahmen angelegt ist und somit Rohloff, als auch Kettenschaltungen aufnehmen kann. Zudem ist das Steuerrohr so ausgelegt, dass auch Federgabeln bis zu 100 mm Federweg eingebaut werden können. Ansonsten sind Rahmen und Gabel mit allen notwendigen Anlötteilen versehen, um Gepäckträger, Schutzbleche und Anything Cages aufzunehmen. Das Gewicht des Rahmens beträgt laut Velotraum 2.600 g. Das Maximalgewicht in der Belastung liegt bei 140 kg.

 

Fazit

Velotraum preist das Finder als Generalist für Touren abseits des Asphalts an, also ein Rad für alle, die vornehmlich abseits der befestigten Wege unterwegs sind oder sein wollen.

Aber ist das Finder jetzt ein Rad für die große Reise? Ich meine nein bzw. noch nicht!

Aber das liegt keineswegs am Rad selbst, sondern vielmehr an der Verfügbarkeit seiner Komponenten im Ausland. Die 650B Reifen und Felgen sind nicht immer zu bekommen und schlauchlos ist ein weiterer Punkt, den man beachten sollte.

Ideal für die Bikepacking Tour

Ist das Finder ein Rad für die mehrtägige Tour? Ich meine ja!

Wer sich damit in Gebieten mit möglicher Ersatzteilversorgung aufhält, kann nix verkehrt machen und wird viel Spaß haben! Egal ob im Bikepacking-Stil oder mit normalen Radtaschen – das Finder macht seinem Namen alle Ehre, denn damit entdeckt und befährt man tatsächlich neue Strecken und Wege.

Ideal für die Bikepacking Tour

In jedem Fall wird man mit dem Finder sehr viel Spaß haben. Ich bin gerade auf der Suche nach einem 27,5 Zoll Rad für das Bikepacking und habe mir fest vorgenommen, damit die GrenzsteinTrophy als auch den Candy B. Graveller zu fahren. Momentan gibt es drei Räder dafür in der engeren Auswahl: das Velotraum Finder, das Bombtrack Beyond Plus und das Surly ECR.

Der Preis für ein Finder mit Basisaustattung geht bei 2.300 Euro los. Je nach Ausstattung wird es dann teurer. Zum Vergleich: das Bombtrack gibt es ab 1.900 Euro und für das Surly ECR fallen 2.300 Euro an.

Was zum in den “Sonnenuntergang reiten”: das Velotraum Finder

Weitere Testberichte

Für die FAZ hat Hans-Heinrich Pardey das Finder mal getestet: http://www.faz.net/aktuell/technik-motor/auto-verkehr/breite-fahrradreifen-was-ist-dran-an-dicken-schlappen-13812579.html

Andrea Reidl ist das Finder für Die Zeit auch mal gefahren: http://blog.zeit.de/fahrrad/2015/11/10/finder-velotraum-fatbike-reiserad/

Florian von FollowMe hat auch was zum Finder im Reiseradaufbau geschrieben: http://www.fome.de/bike/neue-raeder/velotraum-finder-tourenrad-fuer-alle-faelle/

Die TrekkingBike hat das Finder zum „Super-Reiserad 2016“ mit erkoren: http://www.trekkingbike.com/test_technik/raeder/alle-wege-ein-bike-velotraum-finder-fd1/a5495.html

Fabian Baum von Velomotion hatte das gleiche Finder im Test, wie ich. Hier gibt es seinen Bericht: http://velomotion.de/2017/01/velotraum-finder-b-tourenallrounder-auf-breitem-fuss/

 

Hinweis

Alle Tests, die ich hier auf BiketourGlobal vorstelle, werden von mir subjektiv durchgeführt. Ich teste viele Produkte, die ich mir selbst gekauft habe. Wenn mir Produkte für einen Test gestellt wurden, so mache ich dies im Text für den Leser klar und deutlich.

Vor allem aber teste ich nur Produkte, die mich persönlich interessieren. Meine Bewertungen und Einschätzungen erfolgen unabhängig von einer Produktstellung. Ich stelle sowohl positive als auch negative Eigenschaften dar.

Dabei steht meine persönliche Meinung im Vordergrund, meine Begeisterung für das Produkt und meine Einschätzung, inwieweit dieses Produkt für einen Tour-Alltag tauglich ist.

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3 Comments

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  1. says: jan

    Die Euphorie in Ehren, aber daß der Unterschied zum 559er mit 50+ Reifen so gravierend sein soll erschließt sich mir nicht. Das ist wohl eher dem Reifen ansich geschuldet, als der Breite. Die Seitenstollen des Travel Contact bringen so viel Griff nicht. Dennoch gab es wenig Strecken vor der mein 559er Velotraum nicht langgebracht hätte- von so Sachen wie einigen nassen Steinstrecken im Harz mal abgesehen- da ging es nur sehr behutsam voran… Im Schlamm funktioniert der 50er Winter Contact übrigens super;-)

    1. Hallo Jan,
      ich weiß jetzt zwar nicht, worauf du dich hier beziehst, aber wir sprechen beim Finder über die One Reifen von Schwalbe, die 3 Zoll breit sind. Und das ist ein erheblicher Unterschied zu den Mondial 55mm, die ich sonst fahre. Nicht nur in der Breite, sondern auch im Luftdruck.
      Die Travel Contact mit 50er Breite bin ich nur in Patagonien gefahren.

      Wenn du die Möglichkeit hast, dann fahr mal 27,5 oder 29+ Reifen im Vergleich zu den herkömmlichen 26er Reiseradreifen. Ist im Gelände wie beschreiben ein spürbarer Unterschied.

      Viele Grüße,
      martin