Wie vermarkte ich eine Radreise? Erfahrungen, Tipps & Tricks in 4 Kapiteln

Fotografiert auf meiner Tour durch Ruanda und Uganda

Wer mit dem Gedanken spielt, seine Radreise zu vermarkten, sollte sich bewusst sein, dass es mittlerweile unzählige Bücher, Blogs, Webseiten, Bildbände und Filme über Radtouren und das Reisen mit dem Fahrrad gibt. Fast alle Winkel der Welt sind mit dem Fahrrad erforscht, nahezu jede Art, eine Radtour zu gestalten, ist gemacht. Radreisen erfreuen sich zudem einer sehr großen Beliebtheit, was es umso schwieriger macht, hier mit seiner Tour hervorzustechen.

Aber natürlich gibt es immer noch Möglichkeiten, seine Erlebnisse und Abenteuer zu vermarkten. Das erfordert allerdings etwas Planung, viel Disziplin und vor allem Talent, seine Erlebnisse, Gedanken und Begegnungen relevant und authentisch in Wort, Bild und Film zu bannen.

Ich habe meine Erfahrungen und Kenntnisse zu diesem Thema zusammengeschrieben. Herausgekommen ist ein mehrseitiger Text, der mal (fast) alle Möglichkeiten einer Vermarktung beleuchtet und mit Tipps & Tricks denjenigen helfen soll, die gerne mehr von ihrer Reise berichten wollen, als nur der Familie und den Freunden.

Nicht nur eine Radtour macht Spaß, sondern auch darüber zu schreiben
Nicht nur eine Radtour macht Spaß, sondern auch darüber zu schreiben

Vier Kapitel werden euch in den kommenden Wochen durch das Thema führen:

  • In Kapitel 1 geht es um grundsätzliche Gedanken zum Thema Vermarktung, was man bei klassischen Medien beachten sollte und was einen guten Bericht ausmacht.
  • Kapitel 2 ist dem Bloggen gewidmet und wie man einen Blog aufbaut.
  • Kapitel 3 zeigt die Möglichkeiten von Facebook, Twitter, Instagram und Co. und gibt ein paar Tipps für das „richtige“ Video über die Radtour.
  • Kapitel 4 behandelt die Möglichkeiten, seine Radreise als Buch oder Bilder-Vortrag zu vermarkten.

 

Kapitel 1 – Grundsätzliches, klassische Medien und Kriterien einer guten Erzählung

Am Anfang muss sich ein jeder erstmal die Frage beantworten, warum man die eigene Radreise vermarkten möchte:

  • Sind es finanzielle Gründe und man möchte/muss durch die Vermarktung die Kosten der Radreise wieder reinspielen?
  • Oder möchte man möglichst viele Menschen an seiner Radreise teilhaben lassen und somit mediale Aufmerksamkeit generieren (und dadurch bekannt werden, was wiederum eine mögliche Refinanzierung leichter macht)?
  • Vielleicht plant man ja eine Radreise aus karitativen Gründen und möchte ein bestimmtes Projekt oder eine Organisation unterstützen?
  • Oder plant man mit der Radreise den Einstieg in die Selbstständigkeit als Berufs(rad)reisender und möchte durch seine Reisen leben können, als Nomade sozusagen?

Nur den wenigsten gelingt es am Ende, mit der Vermarktung einer Radreise genügend Geld einzunehmen, um die Tour zu refinanzieren oder gar dauerhaft davon leben zu können. Tilmann Waldthaler ist beispielsweise einer der wenigen, der durch seine Bilder, Bücher und Vorträge von seinen Reisen durchaus leben kann.

Zudem hat sich auch in Europa eine recht lebendige Reisebloggerszene entwickelt. Einige dieser Blogger versuchen, von ihren Reisen und dem Schreiben darüber zu leben. Aber nur einer Handvoll gelingt es wirklich, nennenswerte Summen einzunehmen, um damit ihr Gewerbe als „digitale Nomaden“ und ihre Reisen zu finanzieren.

Einen guten Einblick in die Herausforderungen und Möglichkeiten dieser Art der „Vermarktung“ bieten die Blogs „Off-the-path“ von Sebastian Canaves oder der „Flocblog“ von Florian Blümm. Hier findet ihr viele Informationen und bei Florian sogar einen monatlichen Bericht über Ausgaben und Einnahmen eines Dauerreisenden.

 

Aber welche Möglichkeiten der Vermarktung gibt es?

 

Die Klassiker: Zeitungen, Zeitschriften, Radio und TV

Hier hat sich in den letzten Jahren nichts und gleichzeitig unglaublich viel geändert. Nichts, denn es zählt immer noch die besondere Geschichte, die für Medien und Öffentlichkeit interessant ist. Es geht um das Außergewöhnliche, aber gleichzeitig auch Übersichtliche, Einprägsame und leicht Verständliche einer Geschichte.

Was sich aber geändert hat, ist die Vielfalt der Öffentlichkeiten, der Plattformen, auf denen kommuniziert werden kann und auf denen Vermarktung stattfindet. Und das setzt natürlich auch die klassischen Medien unter Druck.

Beitrag im Radtouren Magazin 2/2016
Beitrag im Radtouren Magazin 2/2016

Nach wie vor sind lokale Zeitungen und fahrradspezifische Fachmagazine, wie das RADtouren Magazin, aktiv Radfahren oder TrekkingBike immer gute Adressen, um mit seiner Reise vorzusprechen. Allerdings ist es hier schwer mit einer Story über seine Fahrrad-Fernreise unterzukommen, da vielfach der Schwerpunkt auf „nachvollziehbaren“ Radtouren liegt. Und oft auch nur an Touren in Deutschland bzw. in der Nähe zu Deutschland.

Neben den fahrradaffinen Magazinen gibt es noch Reise- und Outdoormagazine (z.B. FreemansWorld, Outdoor, Abenteuer&Reisen, LonelyPlanet Magazin), die immer mal an Beiträgen über Radtouren interessiert sein könnten. Allerdings ist auch hier eine Radtour immer auch etwas Spezielles, was sich nur manchmal integrieren lässt. Sehr gute Bilder sind hier (wie auch sonst) schon mal die halbe Miete. Noch besser ist es, wenn man allein mit Bildern und etwas Text eine Reise oder Erlebnis erzählen kann. Das macht es manchmal leichter für diese Magazine, einen Beitrag einzubauen.

Martin Look-alike
Martin Look-alike

In jedem Fall lohnt sich ein Blick in die sogenannten Themenpläne der Magazine, bei denen ihr was unterbringen möchtet. Diese Pläne kann man oft im Internet einsehen. Allerdings sind diese eher als grobe Rahmenplanung zu verstehen. Sie zeigen die (oft immer wiederkehrenden) Leitthemen einer jeden Ausgabe. Aber vielleicht gibt es dann eine Ausgabe, in der es um „Anders Reisen“ geht, oder ein bestimmtes Land, zu dem eure Tour passt. Und dann könnt ihr direkt eure Geschichte mit Bezug auf diese passenden Themen anbieten.

Auch lokale Medien veröffentlichen gerne vor der Tour, während der Reise und nach der Tour kurze Beiträge, wenn der lokale Bezug stimmt. Hier bietet es sich an, bereits im Vorfeld den Kontakt zum örtlichen Blatt und dessen Redaktion herzustellen und mal vorzusprechen. Auch haben größere Tageszeitungen, wie Hamburger Abendblatt oder die BILD manchmal Lokalredaktionen, die dann eure Geschichte für den Lokalteil mit in die Redaktionssitzung nehmen.

Schaut zudem nach lokalen Internetseiten, die sich mit den Nachrichten und Ereignissen einer Region beschäftigen. Stadtmarketinggesellschaften betreiben oft Internetseiten über die jeweilige Stadt und sind interessiert an der Geschichte eines Radreisenden ihrer Stadt.

Ein Bericht über mich im Hamburger Abendblatt / Lokalteil Pinneberg
Ein Bericht über mich im Hamburger Abendblatt / Lokalteil Pinneberg

Auch Radio kann eine Möglichkeit sein, allerdings werden die meisten Stationen nur noch von Computern gesteuert und das Programm sieht wenig Platz für die Reise-Geschichte vor. Aber dennoch gibt es immer wieder bei lokalen Radiosendern Formate, die hierfür ggf. Platz haben.

Das gleiche gilt für Fernsehsender. Besonders Lokalmagazine oder lokale TV-Stationen können gute Ansprechpartner für einen Bericht über die Radtour sein. Hier braucht es natürlich Filmmaterial von euch. Das sollte mittlerweile in HD gedreht sein und im Idealfall habt ihr einen kurzen (max. 1:30 min) Film zusammengestellt, den sich die Kollegen in der Redaktion schon anschauen können.

Für den ersten Eindruck gibt es keine zweite Chance

Was man aber vor allem braucht ist ein langer Atem: Viele Redaktionen sind unterbesetzt und bekommen ihre Inhalte nur noch aus Zentralredaktionen oder Nachrichtenagenturen. Da bleibt nicht viel Zeit, sich mit einer Radtour-Geschichte auseinanderzusetzen. Nehmt es also nie persönlich, wenn auf eure Anfragen keine Reaktionen oder nur Absagen kommen.

Hilfreich ist es in jedem Fall, einen sogenannten „Pitch“ vorzuformulieren, der es dem jeweiligen Journalisten leichter macht, eure Geschichte zu erfassen und die Relevanz zu prüfen.

Euer Pitch stellt kurz und knapp die 5 „Ws“ vor: Wer, Was, Wann, Wo, Warum – idealerweise auf maximal einer Seite.

Der Journalist geht nämlich meist damit in eine Redaktionskonferenz, in der entschieden wird, welche Themen reingenommen werden und welche nicht. Und damit er da eure Geschichte entsprechend spannend und interessant vorstellen kann, hilft ihm diese Übersicht.

 

Mach den Perspektivwechsel!

So viele Menschen machen wirklich schöne Touren. Doch oft sind die Berichte aber meist sehr deskriptiv, eher tagesablauf-orientiert und aus einer starken Eigenwahrnehmung heraus geschrieben. Das ist völlig ok, wenn man ein Tagebuch für sich schreibt. Für Außenstehende ist das eher langweilig.

Outside-In lautet hier das Stichwort: Stellt euch also immer auch die Frage, was die Menschen da draußen wirklich interessiert und was nicht. Und was ihr genau den Menschen da draußen erzählen wollt. Anstatt die letzten 4 Tage der Tour wiederzugeben, wo man genau ist, wo das Zelt stand und wie die Sonne schien, lohnt es sich eine Kerngeschichte um ein besonderes Erlebnis, eine interessante Begegnung oder Herausforderung zu erzählen.

Dabei geht es nicht darum, euch zu verstellen. Es geht einfach darum, eine Geschichte anders, verständlicher zu erzählen. Und dabei vielleicht etwas weglassen und sich auf weniges zu konzentrieren.

Perspektivwechsel!
Perspektivwechsel!

Es ist wie bei einem Foto: man steht auf einem Gebirgspass, ist völlig fertig vom Hinauffahren und möchte nun diesen tollen Ausblick und das Gefühl, welches man dabeihatte, mit einem Bild transportieren. Auf dem Bild ist dann der Ausblick und man selber erinnert sich beim Betrachten immer auch an das Gefühl. Für einen Außenstehenden ist es einfach nur ein Ausblick – im Idealfall ein beeindruckender. Aber das Gefühl wird nicht transportiert.

Und so wie man eine andere Art Bild machen muss, so muss man auch eine andere Art der Geschichte erzählen, um sein Erlebnis so persönlich als möglich rüberzubringen. Anstatt also den Tag in den Bergen deskriptiv zu beschreiben, fokussiert der Beitrag ganz auf den Gipfelsturm: der Schweiß, der auf das Oberrohr des Rades tropft, die brennende Sonne, das Schmerzen der Muskeln. Nur noch die nächste Kehre nehmen, die Steigung, die einen fast verrückt macht. Und dann endlich oben. Das Rauschen des Blutes in den Ohren, die Atemnot und dann das unendlich befreiende Gefühl, wenn man sich den Lohn der Schinderei anschaut und die Augen der Straße ins Tal folgen und am bergigen Horizont hängen bleiben.

Ihr merkt schon – eine Emotionalisierung der Erzählung saugt den Leser mehr ins das Abenteuer. Szenische Einstiege nennt man das auch, wenn man direkt ins Erleben springt und erst nach und nach enthüllt, wo man ist, was man macht und worum es geht. Zusammen mit ein paar sehr ausgewählten Bildern ergibt das ganze dann eine attraktive Mischung.

Aber Achtung: gerade bei Bildern neigt man schnell dazu verschwenderisch zu werden. Hier ist aber weniger mehr. Postet nicht tausende Bilder, sondern nur die 5 Bilder, die eure Geschichte erzählen.

Oft braucht es nur ein Bild, um eine Geschichte zu erzählen.
Oft braucht es nur ein Bild, um eine Geschichte zu erzählen.

Wie die BILD denken, aber nicht so schreiben

Es hat sich auch viel in der Art des Medienkonsums geändert: die Bereitschaft, lange Berichte und ausführlichste Erzählungen der unglaublichen Radabenteuer in der Mongolei zu lesen, ist deutlich gesunken. Heute werden Texte (nicht nur im Internet) erstmal gescannt, statt gelesen. Die Entscheidung, einen Text wirklich zu lesen wird sehr rational getroffen: Verspricht das Bild, die Überschrift, der Teaser für mich interessante Informationen oder nicht?

Das heißt für euch, dass ihr im Prinzip wie ein Redakteur der BILD Zeitung denken solltet: Was ist die starke Überschrift, die alles verdichtet, was man sagen will und gleichzeitig interessant genug ist, den Leser aufmerksam zu machen? Was sind die ersten 5 Sätze, die den Leser packen und in eure Geschichte ziehen? Und was sind die wichtigsten Punkte, die ihr dem Leser erzählen möchtet, bevor er nach 15 bis 20 weiteren Sätzen endgültig entscheidet, ob er weiter dabei bleibt oder weggeht? Welche Bilder sind stark genug, um den Text zu unterstützen oder gar eine eigene Geschichte zu erzählen?

Die BILD Zeitung über meine Tour nach Timbuktu
Die BILD Zeitung über meine Tour nach Timbuktu

Aber hier liegt auch viel Verantwortung: reißerische Überschriften und Listicals (10 Gründe, warum dieser Mann nie eine Frau bekommt! Oder 10 Tipps für Island mit dem Rad 🙂 ), die dann nicht ihr Versprechen einlösen, sorgen eher für Ärger unter den Lesern. Dieser „Buzzfeed-Style“ bedient eher niedere Klick-Instinkte und ist aus meiner Sicht weniger empfehlenswert, wenn man sich eine treue Leserschaft aufbauen möchte.

 

Im nächsten Kapitel lest ihr dann, wie ein Blog eine gute Kommunikationsplattform sein kann und was einen guten Blog ausmacht.

 

Habt ihr Fragen oder Anmerkungen zum bisherigen? Dann her damit!

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3 Comments

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  1. says: Florian

    Interessantes Thema und danke für’s Erwähnen.

    Reiseradler können ähnliche Ansätze bei der Monetarisierung verfolgen wie Reiseblogger, aber es gibt auch Unterschiede.

    Ich denke z.B., dass Spenden bei Radlern vieeel besser laufen. Warum sollte ich irgendeinem ollen Reiseblogger Geld geben? Aber dem Radler, der sich durch die Welt “quält”, dem kann ich zumindest nen Kaffee spendieren oder auch mal ne Nacht im Hotel, so wie der schon wieder ausschaut 😉

    Apropos, kennst Du den Alpenzorro?
    http://www.alpenzorro.de/

  2. Endlich wird hier auch mal dieses sehr wichtige Thema aufgegriffen. Meine Frau und ich machen jedes Jahr mindestens eine mehrwöchige Tour in Deutschland und Europa. Wir möchten gerne andere an unseren Erlebnisssen teilhaben lassen. Bisher hat meine Frau Silvia Sosnowski mehrere eBooks bei Amazon veröffentlicht. Auch wenn nur wenige gekauft werden, gibt es doch Interesse. Außerdem kann man meine Bilder auf unsere Website und bei Flickr ansehen.
    Ich bin schon gespannt auf die Fortsetzung dieser Serie über die Vermarktung.

    1. Hallo Ulrich,

      vielen Dank. Ich überlege auch ab und an, ob ich mal ein Buch versuchen sollte.
      Aber das kostet Zeit… da fahre ich lieber Fahrrad (erstmal) 😉

      Viele Grüße,
      martin