Reiseradler-Interview #18: Maximilian von what-a-trip.de

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Maximilian ist mir durch seine eBike-Tour durch Australien aufgefallen. Und als ich letztens wieder von ihm las, habe ich ihn gleich zum Interview eingeladen. Aber nicht nur nach Australien führte ihn sein Weg. So radelte er auch (ohne eBike) von München nach Singapur. Seit mehr als 10 Jahren ist er in der Welt unterwegs und reist bevorzugt mit dem Fahrrad. Als Reisefotograf und Filmemacher lernt er so Land und Leute besser kennen. Und wenn er nicht unterwegs ist, lebt er zusammen mit seiner Frau in München und arbeitet hauptberuflich als Fotograf, Referent und Filmemacher.

reiseradler interview semsch 3

Zum Warmwerden: Wie bist Du zum Radreisen gekommen?

So ein bisschen wie die Jungfrau zum Kind. Im Alter von 21 Jahren bin ich zu meiner ersten Weltreise aufgebrochen und war drei Jahre lang unterwegs. Ich hatte mit Bus und Bahn zu reisen angefangen und nach wenigen Wochen hatte ich das Gefühl, nichts zu sehen und an allem nur vorbei zurasen. Somit war der Entschluss gefasst, dass ich ein Fortbewegungsmittel brauche, was mich individuell von A nach B bringt. Und da ich jung war und wenig Geld hatte, habe ich mir in Indien ein Fahrrad für 20€ gekauft. Ich hatte zu dem Zeitpunkt keine Ahnung von Fahrrädern und bin nur sehr selten Rad gefahren. Ich konnte zwar schon ohne Stützräder fahren, war aber weit von einem Fahrradfreak entfernt. Aber ich war von den ersten Tagen an sofort begeistert, von der Art des Fahrradreisens und bin diesem Transportmittel bis heute treu geblieben.

Zum Träumen: Wo warst Du schon überall und wo musst Du unbedingt noch hin?

Mit dem Fahrrad war ich in Deutschland und vielen Ländern Europas, in der Ukraine, Russland, Kasachstan, China, Laos, Thailand, Kambodscha, Malaysia, Singapur, Indonesien und Australien unterwegs. Und die Liste der Länder, in die ich noch will, ist natürlich ganz schön lang. Da wären Mittel- und Südamerika, die USA und Kanada und auch viele Länder Europas habe ich noch nicht gesehen. Mal sehen, ob ein Leben ausreicht, um alles zu sehen.

Zum Nachmachen: Welches Land kannst Du empfehlen und warum?

Es ist zwar schon ein paar Jahre her, aber Laos war wirklich ein super Land zum Fahren. Geteerte Straßen, kaum Verkehr und eine absolut malerische Natur. Allerdings, vor allem im Norden, auch jede Menge Berge, was aber riesig Spaß gemacht hat. Ansonsten finde ich für Neueinsteiger auch Thailand sehr gut. Selbst kleine Nebenstraßen sind geteert, das Land ist günstig und in jedem größeren Dorf gibt es eine bezahlbare Unterkunft und tolles Essen. Wer nicht so weit fliegen will, kann auch einfach von der eigenen Haustür aus starten, denn in Deutschland haben wir wirklich ein gut ausgebautes Netz an Radwanderwegen.

Zum Erfahren: Was hat Dich am meisten unterwegs beeindruckt?

Wenn ich es jetzt ganz allgemein halte und auf alle Reisen beziehe, dann sicherlich die Gastfreundschaft der Menschen. Beim Einschalten der Nachrichten oder beim Zeitung lesen kann ja mal schnell der Eindruck entstehen, dass sobald man Deutschland verlässt, man bereits in Lebensgefahr schwebt. Unterwegs war das Gegenteil der Fall. Mir ist in vier Jahren Reisen noch nichts passiert. Kein Überfall, keine Bedrohung und ich bin auch nicht beklaut worden. Stattdessen wurde ich immer wieder eingeladen, durfte bei wildfremden Menschen übernachten.

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Ich sitze im Restaurant in Russland und will zahlen, da erklärt mir die Bedienung, dass der Nachbartisch das bereits übernommen hat. Oder in Kasachstan haben mir Menschen sogar Geld geschenkt. Nachdem sie sich kurz mit mir unterhalten haben, haben sie mir 10€ in die Hand gedrückt und einen schönen Tag gewünscht. Die dachten wahrscheinlich, der Typ ist so arm und hat nicht mal fünf Euro für ein Busticket und muss jetzt bei 40 Grad hier Fahrrad fahren. Außerdem hatte ich schon zehn Tage nicht mehr geduscht, was wohl sein Übriges zu meinem Erscheinungsbild beigetragen hatte. Das sind Begegnungen, die ich mein Leben lang nicht mehr vergessen werde.

Zum Leben: Bist Du lieber alleine unterwegs, oder zu zweit? Und warum?

2008 bin ich alleine von München nach Singapur gefahren. Es war eine tolle Erfahrung, die ich auch nicht missen möchte. Wenn man ein halbes Jahr nur auf sich gestellt ist, lernt man unglaublich viel, vor allem über sich selbst. Im Alltag gibt es so viel Ablenkung, da bleibt kaum Zeit mal über sich und sein Leben nachzudenken. Anders natürlich, wenn man sechs bis acht Stunden auf dem Rad sitzt. Aber ich habe mich auch manchmal sehr einsam gefühlt, gerade in Ländern wie Russland und Kasachstan, wo niemand Deutsch oder Englisch spricht. Deshalb tendiere ich schon eher dazu mit Begleitung zu reisen.

Zum Fahrrad: Stell es uns bitte mal kurz vor: Welche Komponenten sind an Deinem Rad dran?

Ich hatte ja bereits mehrere Reisen mit unterschiedlichen Rädern gemacht. Meine erste Reise waren 2.500 km durch Indien auf einem indischen Hero Fahrrad. Kostet 20€ und wird von fast allen Indern gefahren. Keine Gangschaltung, gefühlt 35kg schwer (ohne Gepäck), das Bremssystem besteht noch aus Stangen und nicht aus Seilzügen und ich hatte pro Tag im Durchschnitt einen Platten. Das wichtigste Werkzeug war der Hammer, den ich auch brauchte um die Flicken auf den defekten Schlauch zu hämmern. Ich habe am Tag 35 km geschafft und es war eine großartige Reise!

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Bei meiner Reise nach Singapur 2008, war ich mit einem Storck Multitask unterwegs, ausgestattet mit einer Rohloff-Nabe und Magura Felgenbremsen. Außerdem hatte ich noch einen Monoporter Anhänger mit dabei.

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2012 in Australien war ich mit einem Pedelec unterwegs. Ein Haibike XDURO mit einem Bosch-Mittelmotor, einer NuVinci Nabenschaltung, Schwalbe unplattbar Reifen und Vaude-Taschen.

Zum Mitfühlen: Gab es Pannen unterwegs und falls ja, welche?

An meinen Rädern hatte ich relativ wenige Probleme. Klar, bei meinem Indien-Fahrrad hatte ich jeden Tag einen Platten, sonst aber wenig Probleme. Und bei Strecken von knapp 15.000 km sollte es bei einem neuen, guten Fahrrad auch keine großen Probleme geben. In Australien hatten wir auf zwei Rädern bei zusammen 26.000 km sieben Platten, einen defekten Kettenspanner, einen Speichenbruch und haben zweimal pro Rad die Kette und einmal die Bereifung gewechselt.

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Zum Wissen: Dein ultimativer Tipp für das Reisen mit dem Fahrrad?

Der ist ziemlich banal. Einfach Losfahren! Wir Deutschen sind ja schon irgendwie Planungsweltmeister und ich habe unterwegs schon Leute getroffen, die ihre dreimonatige Fahrradreise Tag für Tag im Vorfeld durchgeplant hatten. Die saßen dann am wunderschönen See und „mussten“ noch 30 km weiter fahren, um ihre gesteckte Tagesetappe zu schaffen. Wenn mich Leute fragen was sie planen sollen, sage ich immer: hol dir einen Reisepass, such dir eine Himmelsrichtung aus und fahr einfach los. Der Rest passiert dann unterwegs. Und reise mit offenen Augen, wenn es dir irgendwo gefällt, dann bleibe einfach und versuche auf gar keinen Fall, deinem gesteckten Reiseplan hinterher zu fahren.

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Zum Nachdenken: Was ist schwerer: Losfahren oder Wiederkommen?

Bei der ersten großen Reise ist das Losfahren sicherlich nicht ganz einfach. In der Regel sind die Familie und oftmals auch die Freunde nicht so begeistert von der Idee mit dem Rad um die halbe Welt zu fahren. Dadurch stellen sich vor der Abfahrt bei einem selbst vielleicht auch Zweifel ein und man geht im Kopf durch, was alles schief gehen könnte. So war das bei mir zumindest. Sobald ich dann aber unterwegs war, habe ich gemerkt, dass alles viel heißer gekocht wird, als gegessen.

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Schwieriger ist da sicherlich schon das Wiederkommen. Als ich mit Mitte 20 von meiner dreijährigen Weltreise zurückgekommen bin, habe ich mehrere Wochen gebraucht, um den Kulturschock zu überwinden. Das war der mit Abstand größte Kulturschock der gesamten Reise. Ich habe mich selten so fremd und so fehl am Platz gefühlt, wie in dieser Zeit und das im eigenen Land. Somit ist nach einer langen Reise das Wiederkommen am schwierigsten. Aber mit jeder großen Reise wird der Kulturschock danach immer kleiner, da ich mittlerweile weiß, was mich erwartet und ich mich darauf einstellen kann. Somit wird auch irgendwann das nach Hause kommen zur Routine. Ein bisschen zumindest.

Zum Abschluss: Was ist als nächstes geplant?

Wenn alles gut läuft möchte ich 2016 wieder unterwegs sein. Es ist so, dass ich      mittlerweile von meinen Reisen lebe und das hauptberuflich mache und da bin ich bei weitem auch nicht der einzige.

Leider ist es, in der schnelllebigen Zeit des Internets auch so, dass viel kopiert wird und Ideen gerne mal geklaut werden, weshalb ich mein neues Projekt erst kurz vor der Abreise bekannt machen werde. Aber eine Idee habe ich schon und die werde ich in den nächsten sechs Monaten ausarbeiten. Denn eines ist sicher: mit dem Reisen höre ich so schnell nicht auf.

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Mehr über Maximilian gibt es hier:

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14 Comments

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  1. says: BiketourGlobal

    So, ich schulde euch noch die Gewinner der DVDs von Maximilian Semsch: ich gratuliere Alex Nettelenbusch zur DVD “What a Trip – Around Oz” und Florian Brams zur DVD “What a Trip – Mit 15 km/h bis ans Ende der Welt”. Herzlichen Glückwunsch! Bitte meldet euch bei mir, damit ich eure Adresse an Maximilian weitergeben kann. Und allen anderen kann ich sagen: das nächste Gewinnspiel kommt bestimmt 🙂

    Viele Grüße,
    Martin

  2. says: Marianne

    Warum nicht ,mein Schwager ist mit meinem Neffen ( 15 ) in den Sommerferien in 19 Tagen von Olfen im Münsterland nach Monaco ( 1571 km ) gefahren und die nächste Tour soll nach Warschau gehen und ein E-Bike wäre da hilfreich

  3. says: Alex Nettelenbusch

    Mit einem EBike eher nicht. Wenn mal die Ladesysteme standardisiert sind, könnte ich mir das innerhalb Europas durchaus vorstellen. Da aber muß die Frahrradindustrie erstmal hinkommen.

  4. says: MetDeFiets

    Ja, warum auch nicht?!
    Obwohl, eigentlich lieber ohne e-unterstützung. Warum?
    – Mein Traum wäre ein “go East” und da sind die Ladestationen wahrscheinlich nicht wie an der Perlenkette aufgezogen. Selbst mit eigenem Ladegerät ist man doch beständig darauf angewiesen, dieses über längere Zeit an eine Steckdose anzuschließen – und die Reichweite dürfte auch bei moderater Unterstützung regelmäßig nicht für eine Tagesetappe reichen.
    – Wartung / Fehleranfälligkeit / Diebstahl: Warum sich zusätzliche Sorgen aufbürden? In Australien mag man (unter Ausnutzung der Infrastruktur) noch etwas repariert bekommen, was man selber ‘on the road’ nicht hinbekommt. Ob das aber auf dem platten Land in Asien auch so ist? Und wenn der Motor womöglich neben seinem Gewicht (mit Akku etc) noch bremst.
    – Geht dabei nicht ein Teil der Er-fahr-ung verloren? Nicht, dass es trotzdem eine ziemliche Leistung ist, aber ursprünglicher ist doch die eigene Leistung.
    Auf meinen Touren hier fahre ich auch ohne zusätzliches Sirren und freu mich, dabei meist schneller als die Pfuscher-Radler (sorry 😉 ) zu sein…

  5. says: Florian Brams

    eBike kommt für mich nicht in Frage, weil ich mich nicht so sehr von Strom abhängig machen möchte. Bisher hatte ich auch nie das Bedürfnis nach Unterstützung.