Reiseradler-Interview #14: Stephan und Monika von cyclingeurasia.com

Stephans Fahrrad © www.cyclingeurasia.com

Der Wunsch, einfach mal auf das Rad zu steigen und der Nase nach zu fahren, bis eines der großen Weltmeere den Weg versperrt. Das war der Wunsch von Monika und Stephan. Damit war die Idee ihrer „Eurasia-Tour“ geboren, der Durchquerung Europas und Asiens auf dem Fahrrad. Stephan war der erste „on the road“, startete 2012 in Deutschland und fuhr in anderthalb Jahren 28.000 km bis nach Indonesien. Monika unterstützte das Reiseprojekt und fuhr ein Vierteljahr in China und Südostasien mit. Das Besondere an dieser Reise ist, dass Monika und Stephan die Stiftung „Window of Life“ unterstützen, die ein Waisenhaus in Uganda betreibt. Jeder gefahrene Kilometer bringt 50 Cent für die Kinder in Uganda. Und nun begrüße ich Stephan im Reiseradler-Interview! Herzlich willkommen!

Monika und Stephan auf ihrer Eurasia Tour © www.cyclingeurasia.com
Monika und Stephan auf ihrer Eurasia Tour © www.cyclingeurasia.com

Zum Warmwerden: Wie seid ihr zum Radreisen gekommen?

Bei mir war das eine längere Entwicklung. Als Kind und Jugendlicher habe ich das Fahrrad vor allem für Alltagswege und kleinere Radtouren am Wochenende genutzt. Irgendwann als Student kam mir dann die Idee, ganzjährig auf den öffentlichen Personennahverkehr zu verzichten und innerhalb der Stadt alle Alltagswege ausschließlich mit dem Rad zurückzulegen.

Das mache ich bis heute so. Irgendwann wurden dann auch die Radtouren immer größer, bis ich auf die Idee kam, einen Sommerurlaub zu nutzen, um mit dem Rad von München über die Alpen nach Dubrovnik in Kroatien zu radeln. Ich erinnere mich bis heute genau an das Gefühl, das mich damals überkam, als ich auf einmal mit dem Fahrrad direkt am Strand des Mittelmeers stand und begriff, dass ich es tatsächlich ausschließlich mittels Radfahren bis hierher geschafft hatte. Ich glaube, damals hat es bei mir sozusagen „den Schalter umgelegt“.

Bei Monika war das Fahrrad zunächst ebenfalls ein viel genutztes Transportmittel im Alltag. Später habe ich sie wohl dann mit der Lust am Radreisen angesteckt.

Zum Träumen: Wo wart ihr schon überall und wo müsst ihr unbedingt noch hin?

Wenn ich jetzt mal nur die Radreisen betrachte, so habe ich bisher Deutschland auf verschiedenen Routen durchquert. Ich bin mehrmals von Deutschland aus in die Tschechische Republik gefahren und von Deutschland nach Kroatien. Irgendwann führte mich dann eine weitere Reise von Deutschland über die Schweiz und Frankreich in die Pyrenäen bis nach Spanien. Und dann kam schließlich die Eurasien-Durchquerung, die mich von Deutschland bis nach Indonesien führte. Monika begleitete mich dabei eine Weile. Das war die erste größere Radreise für sie und entsprechend groß das damit verbundene Abenteuer.

Zum Nachmachen: Welches Land könnt ihr empfehlen und warum?

Ach, eigentlich kann man ja fast überall interessante Dinge sehen und erleben. Aber woran ich besonders oft zurück denke ist das Pamir-Gebirge in Tadschikistan, welches aufgrund seiner Wildheit und atemberaubenden Schönheit und der Menschen mich beeindruckte. Diese leben dort meistens in sehr einfachen Verhältnissen und wirkten trotzdem meist recht glücklich. Ich bin im Ost-Pamir mehrmals kirgisisch-stämmigen Nomaden begegnet, deren Lebensrhythmus ausschließlich durch den Lauf der Sonne und den Gang der Jahreszeiten bestimmt wurde. Alles, was diese Leute besaßen, bestand aus einer Herde Tieren, einer transportablen Hütte und ein wenig Hausrat. Diese Leute strahlten eine solche innere Ruhe aus, wie man sie wohl nur haben kann, wenn man über so viel Zeit verfügt und so wenig Besitzstand sein Eigen nennt, dass man sich darüber nicht ständig den Kopf zerbrechen muss.

© www.cyclingeurasia.com
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Zum Erfahren: Was hat euch am meisten unterwegs beeindruckt?

So spektakulär die durchfahrenen Landschaften oder vollbrachten sportlichen Leistungen manchmal auch waren, am meisten haben uns die scheinbar unscheinbaren Erlebnisse mit Menschen beeindruckt. Als ich gerade in Kirgisien unterwegs war, traf ich einen alten Mann, der einfach vor seiner Hütte saß, sich die Sonne in das Gesicht scheinen ließ und in die schneebedeckten Berge des Altai-Gebirges schaute. Er lächelte und sang kirgisische Hirtenlieder vor sich hin. Dieses faltige, wettergegerbte und lächelnde Gesicht, das so viel Ruhe und Zufriedenheit ausstrahlte, werde ich wohl nie mehr vergessen. Man stelle sich einmal vor, dass hier bei uns ein Büroangestellter sein Telefon abschaltet, das Fenster öffnet, sich auf das Fensterbrett setzt und dann anfängt zu lächeln und zu singen. Nahezu unvorstellbar!

Zum Leben: Seid ihr lieber alleine unterwegs, oder zu zweit? Und warum?

Beides hat für mich seine Vor- und Nachteile. Wenn man alleine fährt, fühlt man sich vielleicht manchmal einsam und hat niemanden, mit dem man seine Erlebnisse teilen oder in der Muttersprache reden kann. Dafür ist man weniger von der Umwelt abgelenkt und kann wesentlich spontaner agieren. Man erlebt Dinge deutlich intensiver und hat viel mehr Kontakt zu Einheimischen. Die trauen sich meistens eher, einen Fremden anzusprechen, wenn er alleine ist. Monika war grundsätzlich froh, nicht alleine zu reisen. Sie hatte damals keine Erfahrung im Radreisebereich und hätte sich wohl auch gegruselt, nachts irgendwo alleine zu zelten.

Zum Fahrrad: Stellt es uns bitte mal kurz vor: Welche Komponenten sind an euren Rädern dran?

Wir haben uns 26 Zoll-Räder von der Stange besorgt, mit Stahlrahmen. Dort haben wir extra breite Schutzbleche dran gebaut und haben Kettenschaltungen mit Achtfach-Ritzelblock verwendet. Dazu Tubus-Gepäckträger vorne und hinten, an die wir wasserdichte Packtaschen hängten. Mehr zu den technischen Details und wie sie sich unterwegs bewährt haben kann man auf unserer Seite www.cyclingeurasia.com unter Ausrüstung nachlesen.

Stephans Fahrrad © www.cyclingeurasia.com
Stephans Fahrrad © www.cyclingeurasia.com

Zum Mitfühlen: Gab es Pannen unterwegs und falls ja, welche?

Wenn man 28.000 km mit dem Rad fährt, bleibt natürlich auch die ein oder andere technische Panne nicht aus. Wir hatten kiloweise Ersatzteile und Werkzeug mitgenommen, um gegen möglichst viele Probleme gewappnet zu sein. Wie wir unterwegs erkannten, ein sehr deutsches Verhaltensphänomen. In Thailand brach mir am Hinterrad die Achse des Schnellspanners. Uns blieb nichts anderes übrig, als in eine Stadt zurück zu trampen, in der es einen Radladen gab, der das Teil hatte. Als wir wieder zurück waren und das Rad repariert war, bekam Monika starkes Fieber und wir mussten am nächsten Tag abermals in diese Stadt trampen, um ein Krankenhaus zu suchen…

An meinem Rad waren Hydraulik-Felgenbremsen dran und in Zentralasien wurde die Vorderbremse undicht. Ich war kurz vor dem Pamir-Gebirge und konnte unmöglich mit nur einer funktionierenden Bremse weiterfahren. Ich hatte zwar alles Mögliche an Ersatz mitgenommen – Verschraubungen, Ersatzölleitung, sogar Ersatzöl. Was aber undicht wurde, war der Zylinder im Bremsgriff. Über tausend Ecken machte ich in Usbekistan einen russischen Radmechaniker ausfindig, der zwar keine Ersatzteile hatte, dafür aber unglaublich geschickt im Zerlegen und Warten von scheinbar nicht zerlegbaren Komponenten war. Der kümmerte sich dann um meinen undichten Bremsgriff, der dann in Tadschikistan allerdings wieder anfing zu tropfen. In der Hauptstadt des Landes ging ich auf einen Basar und erhandelte eine chinesische Felgenbremse, die ich dann statt der Hydraulikbremse montierte. Die hielt dann bis zum Ende der Reise durch.

Zum Wissen: Euer ultimativer Tipp für das Reisen mit dem Fahrrad?

Wenn man spontan ist und unterwegs immer Augen und Ohren offen hält, kann man eine Menge Dinge erleben, die man vorher noch nie gesehen hat. Deshalb raten wir allen Radreisenden, unterwegs immer neugierig und offen zu sein und wenn immer möglich, Kontakt zu Einheimischen zu suchen.

Zum Nachdenken: Was ist schwerer: Losfahren oder Wiederkommen?

Bei mir war definitiv das Ankommen schwerer. Ich war anderthalb Jahre weg gewesen und hatte mich der westlichen Lebensweise und Gesellschaft schon recht stark entfremdet. Dazu kam, dass ich mich an die nach der Reise wiedergewonnene Sesshaftigkeit nur sehr schwer gewöhnen konnte. Monika fiel das Wiederkommen deutlich leichter, sie kehrte nach drei Monaten gemeinsamen Reisens nach Hause zurück und freute sich, ihre Forschungsarbeit wieder aufnehmen zu können.

Zum Abschluss: Was ist als nächstes geplant?

In Sachen Planung wollen wir uns ein wenig Spontanität erhalten und lassen uns einfach mal überraschen, was die Zukunft bringt. Darüber hinaus produziere ich gerade eine Multimediashow, die die Radreise zum Inhalt hat und die in naher bis mittlerer Zukunft präsentiert werden soll.

Hier gibt es mehr über Stephan und Monika:

website cyclingeurasia.com

logo window of life

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