Heart of Africa – Mit dem Fahrrad durch Ruanda/Uganda 2010

Heart of Africa - Mit dem Fahrrad durch Ruanda und Uganda

Vor 17 Jahren – 1993 – war ich das erste Mal in Afrika. Mit dem Fahrrad. Seitdem habe ich den Kontinent sechs Mal besucht. 2010 war es die vierte Radtour auf afrikanischem Boden.

Nach Stationen in Nord- und Westafrika (Marokko, Westsahara, Mauretanien, Mali) ging es nun nach Ostafrika, in das Herz des schwarzen Kontinents, nach Ruanda und Uganda.

Am 20. Januar 2010 ging es los. Startend in Kigali, der Hauptstadt Ruandas, fuhr ich entlang der Grenze zum Kongo nach Uganda und dort mit Zwischenstation im Queen Elisabeth Nationalpark und der Äquatorüberquerung nach Kampala und weiter zum Victoria Nil. Zurück ging es am 10. Februar von Entebbe/Uganda.

Im Folgenden findet ihr die Berichte von meinen Erlebnissen unterwegs:

ffff

Tag 1+2 | 21. Januar – Kigali/Ruanda

Gerade musste ich schmerzlich erkennen, wie mörderisch die Berge hier in Kigali sind. Die Hauptstadt Ruandas verteilt sich auf mehrere Hügel. Mein Zelt steht auf einer Wiese ziemlich weit unten in einem Tal und das Stadtzentrum – wenn man es so nennen will – ist ziemlich weit oben auf einer Anhöhe. Und die 5 km dahin waren selbst ohne Gepäck eine sehr anstrengende Partie. Naja, und ich muss mich ja auch erstmal ans Radfahren wieder gewöhnen.

Also, ich bin gut in Kigali angekommen. Dem voraus ging ein 20 Stunden Trip via Amsterdam und Nairobi. Dann mit Kenya Airways – die ich unbedingt empfehlen kann, weil sie immer gleich zwei Getränke aushändigen, egal ob man fragt oder nicht – über Burundi und nach 40 minütigem Aufenthalt endlich nach Kigali. Selbst als ich 1.30 Uhr Nachts ankam waren es noch 22 Grad.

Rad und Zelt in Kigali - natuerlich musste jetzt meine Termarest Isomatte kaputt gehen.
Rad und Zelt in Kigali – natürlich musste jetzt meine Termarest Isomatte kaputt gehen.

Und jetzt schwitze ich bei schül-warmen 35 Grad und versuche mich erstmal zu orientieren. Geld ist bereits getauscht, jetzt werde ich das Essen mal checken gehen. 11 Millionen Menschen leben in einem Land mit der Fläche Baden-Würtembergs. Da ist also viel los.

Ganz schoen heiss - Kigali im Januar
Ganz schön heiss – Kigali im Januar

Heute schaue ich mir die Stadt ein wenig an und werde mich noch ausruhen. Morgen geht es dann erstmal nach Süden nach Nyatama, wo ich mir die Gedenkstätte über den Genozid anschauen will. Ist auch ein bisschen Training fürs Radfahren, denn dann wende ich wieder gen Norden und radle in die Vulkanberge. 100 km bergauf. Uff…

Update:

Nun bin ich doch noch mal den Berg hinauf gefahren, da ich noch mal ins Internet musste (gibt es hier irgendwie nur oben) und noch Essen brauche. Insgesamt waren es dann doch heute noch 50 km – allein in Kigali. Aber es hat sich gelohnt, denn ich habe mir das Kigali Genozid Memorial Center angeschaut. Das liegt etwas ausserhalb des Stadtkerns auf einer – na klar – Anhöhe.

Aber es hat mich sehr berührt und betroffen gemacht. Das Center ist von Massengräbern umgeben, die mittlerweile in einer Art Park angelegt sind. Im Zentrum an sich wird man sehr drastisch über die Vorgeschichte, den Genozid an sich und die Folgen informiert. Am betroffensten haben mich die vielen Bilder der getöteten Kinder gemacht. Das war ein unglaubliches Schlachten – mir fallen dazu keine anderen Worte mehr ein.

Abertausende Kinder sind dem Schlachten zum Opfer gefallen - eine Extrahalle erinnert an sie mit Bildern, aufgehangen durch die Eltern, Geschwister, Hinterbliebenen
Abertausende Kinder sind dem Schlachten zum Opfer gefallen – eine Extrahalle erinnert an sie mit Bildern, aufgehängt durch die Eltern, Geschwister, Hinterbliebenen

Ohne Gnade
Ohne Gnade
Von den 1,1 Millionen Opfern des Genozids in Ruanda liegen alleine 250.000 hier auf dem Gelaende des Memorial Centers begraben. Eine symbolische Grabstelle inmitten der Massengraeber gibt den Hinterbliebenen einen Ort zum Erinnern und Trauern
Von den 1,1 Millionen Opfern des Genozids in Ruanda liegen alleine 250.000 hier auf dem Gelände des Memorial Centers begraben. Eine symbolische Grabstelle inmitten der Massengräber gibt den Hinterbliebenen einen Ort zum Erinnern und Trauern
Drei Saerge symbolisieren die Opfer
Drei Särge symbolisieren die Opfer

Am nächsten Tag bin ich nach Nyamata zu einer Kirche gefahren, in der während des Genozids über 5.000 Menschen verbrannt, erschlagen, zerhackt, erschossen wurden. Man hat dort mittlerweile eine Gedenkstätte eingerichtet und alles so belassen, damit man nie vergisst. Inklusive der Toten.

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Tag 4 | 23. Januar – Ruhengeri/Virunga National Parc

Endlich bin ich oben – nach 175km. Na gut, 55 km davon waren es durch die Berge nach Nyamata, wo ich mir noch eine Kirche angeschaut habe, in der beim Genozid mehr als 5.000 Menschen verbrannt wurden.Ich erspar Euch die Details und wende mich lieber dem Lebendigen zu.

Zum Beispiel der unglaublich anstrengenden aber auch schönen Route hinauf in die Vulkanberge nach Ruhengeri.

Erstmal hoch hinauf
Erstmal hoch hinauf

Zuerst ging es ziemlich steil hinauf von 1.300m auf 2000m. Bei 30 Grad ein echtes Zuckerschlecken. Aber der Weg führte durch tropische Wälder und kleine Dörfer. Nach einem Dorf wird man meist ca 2 km durch “Musungu” (Weisser) rufende Kinder verfolgt, die einem problemlos hinterher laufen.

Gestern kam dann plötzlich Regen und Sturm auf, der Regen hielt sich in Grenzen, aber der Sturm war heftig. So plötzlich wie er anfing hörte er auch wieder auf. Und ich kam richtig gut voran.

Gorillas in the mist - nicht mehr weit bis zum Virunga National Parc
Gorillas in the mist – nicht mehr weit bis zum Virunga National Parc

An einer Kirche hielt ich – eigentlich wollte ich da mein Zelt aufbauen – aber der Pfarrer meinte, er könnte mir helfen. Ich muss nur seine Messe mitmachen. Na gut, war interessant, ich habe nix verstanden, aber freundlich gelächelt. Danach (1h) kam er wieder zu mir und meinte, dass 5 km weiter ein kleines Hotel sei. VIELEN DANK auch! Aber Gebete sind immer gut.

Es war aber noch hell und die 5 km vergingen schnell. Das Hotel war eine Truckstation, die Zimmer vermietete. Aber sie waren freundlich – über mein Zimmer müssen wir nicht reden, jedenfalls gab es Wasser.

Ich nutzte die Gelegenheit um ruandisches Bier zu probieren. 5 Prozent in einer 720 ml Flasche – die wissen noch, wie man Bier macht und anbietet.

Strassenleben
Strassenleben

Heute morgen dann die letzten 50 km nach Ruhengeri. Als der Nebel sich lichtete gab er den Blick auf die Hänge des Vulkangebirges frei. Es wurde schnell heiss, aber vor der grossen Hitze hab ich es dann noch in den Ort geschafft. Und dann kam der Regen. Ein tropisches Gewitter ist nicht uninteressant, vor allem, wenn man dabei einen Unterstand hat.

Wenn der Morgennebel sich verzieht...
Wenn der Morgennebel sich verzieht…

Tag 9 | 29. Januar – Fort Portal/Uganda

So, nun habe ich mich vergleichsweise lange nicht gemeldet, was aber an den fehlenden Internetmöglichkeiten gelegen hat und ich ja zwischendurch auch mal Radfahren wollte 😉

Aber es gibt viel zu erzählen: Virunga-Vulkane, mit Uganda ein neues Land, Pistenfahren im Regenwald, wilde Tiere im Queen Elisabeth Nationalpark und die Äquator-Überquerung.

Von Ruhengeri in Ruanda aus bin ich entlang der Virunga-Vulkankette geradelt und hatte Glück: während der gesamten Strecke zur ugandischen Grenze konnte ich die Vulkane sehen. Wirklich beeindruckend und sehr schön.

Entlang der Virunga Vulkankette nach Uganda
Entlang der Virunga Vulkankette nach Uganda

An der Grenze zu Uganda klappte alles problemlos und nach 20 Minuten war ich drin. Mit meiner Einreise in die “Perle Afrikas” hörten dann aber auch erstmal die guten Strassen auf. Auf einer wirklich üblen Piste ging es nach Kisoro, der ersten Stadt in Uganda. Naja, Stadt ist etwas übertrieben, es ist eher ein Ort, der vor sich hindämmert und immer mal durch Touristen oder Trucks auf dem Weg in den nur wenige Kilometer entfernten Kongo geweckt wird. Hier machte ich nur sehr kurz Rast und fuhr dann weiter nach Kabale. Die Piste wurde schlechter und als das offensichtlich nicht mehr reichte, fing es an wie aus Eimern zu giessen. Das weichte die ohnehin schwer passierbaren Pisten auf und das Laterit klebte bald an mir und meinem Rad. Durch dichten Bambuswald ging es wieder und wieder die Berge hinauf, der Regen bildete nebelartige Schleier – kurz es war herrlich!

Hoch und Runter und Hoch und Runter
Hoch und Runter und Hoch und Runter

Aber auf Regen folgt Sonne und nach 30 km traf ich sogar auf eine neue Asphaltstrasse, die mich dann ganz angenehm nach Kabale führte.

Der Südwesten Ugandas gleicht sehr den Alpen. Lonely Planet sagt, es sei eher Neuseeland, aber da war ich noch nicht. Schön ist es allemal.

Meine nächste Station war dann jenseits der Berge der Queen Elisabeth Nationalpark, gelegen am Lake George und Lake Edward, die durch einen kleinen Kanal verbunden sind. Herrschten oben in den Bergen noch angenehme 30 Grad, so stieg die Temperatur mit jedem Höhenmeter, den ich runter in den Nationalpark fuhr an. Unten auf ca 950 Metern Höhe waren es dann 45 Grad! Unerträglich. Eigentlich. Ich fand ein Hostel ausserhalb des Nationalparks und fuhr dann zu einer sogenannten Channel-Tour – einer Bootstour durch den Park, bei der man viele Tiere sehen kann – in den Nationalpark hinein.

Diese Bootstour hat sich echt gelohnt, denn nahezu alle dort vorhandenen Tiere kamen wie bestellt zum Wasser. Bis auf die Löwen, denn die wohnen ein bisschen weiter südlich und hatten wohl keine Lust hochzukommen. Dafür gab es Elefanten, Nilpferde, Büffel, Fisch-Adler und Warzenschweine zu sehen.

Dann nahm ich Abschied vom Nationalpark und fuhr weiter nach Norden in die mit höchsten Berge Afrikas, die über 5.000 Meter hohen Ruwenzori-Mountains. Auf dem Weg dahin überquerte ich den Äquator und bin jetzt sozusagen wieder auf Eurer Seite.

Leider sieht man die Berge nur während der Regenzeit sehr gut. Gletscher bedecken die Spitzen, aber leider ist gerade Trockenzeit und ich muss mich mit Bergen im Dunst begnügen.

Hier in Fort Portal zelte ich bei einer kleinen Mission, die neben einer Ausbildungsstätte und einem Hostel auch ein Heim für HIV positive Kinder betreibt. Geführt wird die Mission von einer 80-jährigen Amerikanerin (nahm ich an – war dann aber doch eine 65-jährige Irin…), mit der ich gestern gleich zu den Kindern gefahren bin, um eine Gasflasche zum Kochen vorbeizubringen. Das Heim in dem die Kinder leben heist Manna House und hier bekommen sie ihre Medikamente und eine gute Ernährung sowie psychologische Betreuung.

Morgen bleibe ich noch hier und mache einen Ausflug zu Kraterseen beim Kibale Nationalpark. Dann werde ich weiter nach Kampale radeln, was sicherlich zwei/drei Tage dauern wird.

Ich bin nicht der einzige Radler auf Ugandas Strassen - und manche schleppen wesentlich mehr als ich!
Ich bin nicht der einzige Radler auf Ugandas Strassen – und manche schleppen wesentlich mehr als ich!

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Tag 15 | 3. Februar – Kampala/Uganda

“Hello, I am hungry! Buy me some food!” – es ist schon lustig, was man so als Radfahrer an Anträgen bekommt, während man durch die Gegend radelt. Nicht zu vergessen natürlich das obligatorische “Hello, give me my money!”. Den besten Spruch bekam ich als ich mich mühsam einen Berg hinauf gekämpft hatte und oben voller Schweiss versuchte meine Flasche zu öffnen. Wie aus dem Nichts stand ein Junge vor mir und sagte “Give me a football!”.

Zelten in Fort Portal am Fusse der Ruwenzori Mountains
Zelten in Fort Portal am Fusse der Ruwenzori Mountains
Die Ruwenzori Mountains gehoeren mit ueber 5.000 m Hoehe zu den hoechsten Bergen Afrikas.
Die Ruwenzori Mountains gehören mit über 5.000 m Höhe zu den höchsten Bergen Afrikas.

Die letzten 300 km von Fort Portal nach Kampala waren die bislang härtesten der Tour.

Anfangs war die Strasse noch gut und führte durch die endlosen Tee-Plantagen in Ugandas Westen, bevor sie dann vom Urwald des Kibale Nationalparks abgelöst wurden. Die Strasse führte durch den Dschungel, der sich recht und links ausbreitete. Als ich einmal um eine Kurve kam, sassen Columbus Affen auf der Strasse, die aber laut schreiend in die Bäume flüchteten.

Teeplantagen praegen die Landschaft in diesem Teil Ugandas
Teeplantagen prägen die Landschaft in diesem Teil Ugandas

Urwald - durch die Auslaeufer des Kibale Nationalparks
Urwald – durch die Ausläufer des Kibale Nationalparks

Kurz darauf wich der Dschungel der Monotonie der Strassendörfer und Felder, unterbrochen durch Sumpfgebiete, sogenannte Wetlands. Besonders anstrengend war das ständige Auf und Ab. Wie eine Sinuskurve verlief die Strasse permanent 10 bis 12 Prozent bergab, um dann gleich wieder um 10 bis 12 Prozent anzusteigen. Obwohl ich immer sehr früh aufgebrochen bin, um die kühlen Abschnitte des Tages zu erwischen, lagen die Temperaturen bereits ab 11 Uhr weit über 32 Grad und ab 13 Uhr um die 40 Grad. Der heisseste Tag schlug mit 46 Grad zu Buche. Da ich nur wenig oberhalb des Äquators bin und zudem parallel zu ihm fahre, gab es leider auch wenig Schatten und die Sonne immer schön direkt drauf. Zumindest habe ich so etwas Farbe bekommen. Mehr als genug.

Die unorthodoxe Art Dinge zu transportieren ist lustig anzusehen, aber der Spass hoert auf, wenn diese Trucks an einem vorbeibrausen...
Die unorthodoxe Art Dinge zu transportieren ist lustig anzusehen, aber der Spass hört auf, wenn diese Trucks an einem vorbei brausen…

Die letzten 70 km vor Kampala waren besonders herausfordernd, denn sie bestanden hauptsächlich aus Baustellen, oder die Strasse war ohnehin kaputt. Das bedeutete wenig Asphalt und viel Piste und somit sehr viel Staub. Innerhalb kürzester Zeit war ich komplett rot eingestaubt. Augen und Nase verklebt. Je näher die Hauptstadt kam, desto dichter wurde der Verkehr. Die Strasse bestand am Ende nur noch aus einem dünnen Asphaltband, rechts und links durch Staubpiste eingerahmt. Und jeder wollte etwas vom Asphalt haben. Ich als Radfahrer hatte da ganz schlechte Karten.

Man sagt, es passen auch acht Leute drauf...
Man sagt, es passen auch acht Leute drauf…
Frisches Obst und Gemuese machen die staubige Strasse halbwegs ertraeglich...
Frisches Obst und Gemüse machen die staubige Strasse halbwegs erträglich…

Wohlbehalten bin ich dann doch in Kampala angekommen. Diese Stadt ist ein Moloch. 3,5 Millionen Menschen zwängen sich hier auf engstem Raum. Selbst in Indien habe ich nicht solche Menschen- und Automassen auf einem Fleck gesehen. Die Stadt an sich hat aus meiner Sicht nur drei Gründe sie zu besuchen: 1. Das Weltkulturerbe der Kasubi Gräber, Königsgraber des Bugandan Stammes, 2. Den Taxistand im Zentrum Kampalas und 3. Weil man durch diese Stadt einfach muss, um weiter zu den Quellen des Victoria Nils und nach Kenia zu kommen. Alle Wege führen über und nach Kampala.

Für mich bedeutet das einmal quer durch diesen Wahnsinn zu radeln, um nach Jinia zum Nil zu kommen. Und dann wieder zuück, noch mal durch die Stadt, um nach Entebbe, der alten Hauptstadt der britischen Kolonialherrschaft und internationaler Airport zu kommen.

Welcome to Kampala Traffic Jam!
Welcome to Kampala Traffic Jam!
Taxistand Kampala City - falls es hier ein System gibt, ich habe es nicht erkannt
Taxistand Kampala City – falls es hier ein System gibt, ich habe es nicht erkannt

Weltkulturerbe Kasubi Tombs - frueherer Palast und jetzige Begraebnissstaette der Buganda Koenige
Weltkulturerbe Kasubi Tombs – früherer Palast und jetzige Begräbnissstaette der Buganda Könige

Im Inneren der Grabesstaette. Das Dach aus Elefantengras wird regelmaessig durch die dem Koenig untergebenen Staemme erneuert.
Im Inneren der Grabesstätte. Das Dach aus Elefantengras wird regelmässig durch die dem Koenig untergebenen Stämme erneuert.

Kampala zeigt aber deutlich, wie sehr sich Afrika derzeit verändert. Seit 1993 war ich mittlerweile sechs Mal auf diesem Kontinent unterwegs, viermal davon mit dem Fahrrad. Ich bin sehr viel in Westafrika gereist und habe nun auch Vergleiche mit Ostafrika. Wo vor wenigen Jahren noch Pisten und kaum Telefonleitungen existierten, gibt es jetzt perfekte Strassen (gebaut meist durch die Chinesen und Japaner) und das Internet sorgt für eine Art Goldgräberstimmung. Ich habe hier in Kampala auf dem Zeltplatz mich mit einigen “Overlandern” unterhalten, also Leuten, die mit Motorrad oder 4×4 Afrika durchqueren und die mir von den Veränderungen in Westafrika berichteten. Wer das “alte” Afrika noch erleben möchte, hat dafür vielleicht noch zwei Jahre – dann hat der Kontinent meiner Einschätzung nach sein Gesicht wieder verändert . Staudämme werden, wie hier in Uganda gebaut, um den Energiehunger zu stillen. Dadurch verändert sich aber auch eine einzigartige Kulturlandschaft unwiederbringlich. Aber es wäre unverschämt als Europäer den “alten” Reise-Zeiten nachzutrauern, anstatt sich über die Entwicklung hierzulande vor allem für die Menschen zu freuen. Es ist auf jeden Fall angenehmer geworden in Afrika zu reisen.

Kampala Skyline - diese Stadt zaehlt zu den wachstumsstaerksten Afrikas
Kampala Skyline – diese Stadt zählt zu den wachstumsstärksten Afrikas

Nicht nur der Kontinent, sondern auch meine Ausrüstung verändert sich. Leider habe ich mittlerweile eine ganze Reihe an Ausfällen oder Defekten zu vermelden. Das betrifft nicht das Fahrrad – das hält und hat wie immer keine Pannen. Nein, es sind vor allem die Ausrüstungsgegenstände, die mich mittlerweile schon 10 Jahre oder länger begleiten, die jetzt den Geist aufgeben:

  1. Meine Term-a-Rest Isomatte ist innen gerissen und zeigt eine grosse Beule, die aber dennoch gut zum Schlafen ist. Nach 10 Jahren darf sie aber auch kaputt gehen.
  2. Ebenso wie der Isomatten-Stausack, der mittlerweile so porös ist, dass er langsam zerfällt. Die feuchte Hitze hier tut ihr übriges.
  3. Mein Zelt – leider erst vier Wochen alt – hat einen Konstruktionsfehler offenbart und das Gestänge ist gleich zwei Mal gebrochen. Es steht trotzdem – ich habe die Brüche geschient – und wird von Wechsel nach meiner Rückkehr ausgetauscht.
  4. Meine Ortlieb-Fahrradtaschen (Backroller) haben erste Löcher bekommen. Die werden geflickt, aber es sind Zeichen einer Materialalterung. Nach ebenfalls 10 Jahren ist das OK.
  5. Ebenso die Innentasche der Lenkertasche zerlegt sich gerade selber immer mehr.
  6. Mein Schlafsack Yeti Light – vor 10 Jahren zum Testen bekommen – ist nun am Ende seiner Kräfte und sondert immer mehr Daunen ab. Auch der Reissverschluss ist nur noch sehr sporadisch einsetzbar.
  7. Mein Innenschlafsack hat seine besten Tage auch gesehen und reisst unaufhörlich. Er taugt dann am Ende wohl nur noch als Putzlappen.
Bitte liegen sie bequem...
Bitte liegen sie bequem…
Doppelbruch - der Hersteller hat aber bereits reagiert und alles wird gut. Und neu. Das Zelt steht aber dank geschientem Gestaenge...
Doppelbruch – der Hersteller hat aber bereits reagiert und alles wird gut. Und neu. Das Zelt steht aber dank geschientem Gestänge…

Das wichtigste aber ist: mir geht es gut. Ich zeige keinerlei Ausfallerscheinungen, mal vom alten Thema Knie abgesehen. Heute früh hat mich eine Raupe in den mittleren Zeh gebissen. Daraufhin ist er angeschwollen, aber mittlerweile wieder normal. Ich wusste gar nicht, dass Schmetterlingsraupen beissen können. Naja, man lernt nie aus!

In diesem Sinne! Ich bleibe heute und eventuell noch morgen in Kampala. Dann geht es weiter nach Jinia zum Nil und zu den Bujagali Falls, die es vermutlich im nächsten Jahr nicht mehr geben wird, da dann der Staudamm eröffnet wird.

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Tag 21 | 9. Februar 2010 – Entebbe/Uganda

Nun bin ich fast am Ende meiner Reise angekommen. Etwas mehr als 1.300 Kilometer liegen hinter mir. Die letzten Tage verbrachte ich an den Bujagali Waterfalls am Nil bei der Stadt Jinja. Ein wirkliches Eldorado für passionierte Kayakfahrer und Rafting-Fans. Ich hatte oberhalb der Wasserfälle mein Zelt aufgeschlagen mit einem entsprechend wunderschönen Blick auf die Landschaft.

Die Bujangali-Falls haben eine Raftingklasse der Kategorien 4 bis 6. Ist also schon ganz ordentlich. Durch den Ausbau des bestehenden und den Neubau eines weiteren Wasserdammes zur Energiegewinnung werden die Wasserfälle so wie sie jetzt sind bald verschwunden sein. Momentan warten alle darauf, wie sich die Landschaft verändern wird. Das Wasser soll um bis zu 10 Metern steigen.

Good Morning Bujagala Falls
Good Morning Bujagali Falls

Der Campingplatz am Nil liegt weit ab der Hauptstrasse von Kampala über Jinja nach Mombasa und gehört den Nil River Explorers, einer bunten Mischung aus Briten, Südafrikanern und Neuseeländern. Trotz der fast täglichen Neuankunft von Rafting-Touristen konnte man sehr gut entspannen. Deshalb habe ich mich entschlossen, dort einige Tage zu verbringen. Man trifft sehr interessante Leute – alle aus der Wassersport-Szene. So zB. Sahra, ehemals Mitglied der amerikanischen Kayak Nationalmannschaft und jetzt als Ärztin in einem Krankenhaus in der Nähe arbeitet. Oder “Schorschi”, Vize-Weltmeister im Kayak und Erstbefahrer des Rheinfalls in Schaffhausen. Nach Südamerika, Neuseeland und Amerika ist er nun in Uganda auf der Suche nach neuen Herausforderungen und Kayak-Filmprojekten zusammen mit Discovery Channel. Oder Bill, ebenfalls ein langjähriger Kayaker, der aber in den Staaten als Soundmann für Grössen wie Michael Jackson (RIP), Pink Floyd, Madonna arbeitet und hier in Uganda mit einem amerikanischen Rapper eine Tour hatte. Oder Leoni, eine erst 17jährige Schweizerin, die hier für einige Zeit am Fluss lebt und Kayak trainiert, denn sie ist Weltklassen Dritte in ihrer Altersklasse.

Nicht nur Wassersportfans, sondern auch einige Tiere waren an den Wasserfaellen zu sehen...
Nicht nur Wassersportfans, sondern auch einige Tiere waren an den Wasserfällen zu sehen…

Schade, dass ich nicht mehr Zeit habe, denn ich hätte eine Kayak-Tour Nil abwärts machen können, zusammen mit den ganzen Freaks und das alles mal lernen. Höhepunkt der Zeit in Jinja war die Paddlers Party mit eigener Band, die so gut war, dass ich meine Abreise um einen Tag verschieben musste. 😉 Ich weiss gar nicht mehr, wann ich das letzte Mal so viel Spass auf einer Feier hatte…

Im Gegensatz zur Route hin zum Nil, habe ich nun eine Nebenstrecke gewählt, die mich zwar über Pisten, aber dafür auf einsamen Strassen durch eine schöne Landschaft nach Kampala brachte. Der Hinweg auf der Hauptstrasse war eigentlich Selbstmord, denn hier fliesst der Verkehr aus Mombasa und Nairobi nach Kampala und weiter in den Kongo. Also waren entsprechend viele Trucks und Busse unterwegs, umschwirrt durch die ständig hupenden Taxi-Minibusse und natürlich jede Menge Mopeds. Und mittendrin ich.

Abgasdunst in Kampala - Bitte Luft anhalten
Abgasdunst in Kampala – Bitte Luft anhalten

Aus Kampala raus hat man für ca 30 km keine andere Chance, als diese Strasse zu nehmen. Es ging ganz gut, aber ich empfehle sehr stark sich einen Rückspiegel zuzulegen. Dann führt die Strasse durch über einige Hügel hinaus nach Jinja, vorbei am Nelson Mandela Fussball Stadion, dass aber keinen guten Eindruck macht.

Nelson Mandela Fussballstadion
Nelson Mandela Fussballstadion

Wenig später durchquert sie eine Reihe von Zuckerrohr und Teefeldern, bevor sie durch den Mabira Forest Nationalpark verläuft um dann über den Staudamm den Nil zu kreuzen.

Leider fehlt auf einem Grossteil der Strecke der Seitenstreifen komplett oder ist total zerstört, weshalb ich immer wieder auf die Strasse an sich ausweichen musste, was zu Konflikten mit den Trucks und Bussen führt. Wie Ernst die Situation ist, konnte ich gestern morgen sehen, als ich allein auf den ersten 10 km zuerst die Blutlachen eines Buss-Moped Unfalls durchkreuzen musste, um dann wenig später mitzuhelfen, ein total zerstörtes Motorrad nebst den blutigen Kleidungsresten des Fahrers auf einen LKW zu hieven. Uganda hat ein Verkehrsproblem und jedes Jahr unglaublich viele Verkehrstote. Obwohl ausserhalb Kampalas nur wenig Verkehr herrscht, führt die Unerfahrenheit und das Rasen immer wieder zu Unfällen. Das ist hier derzeit auch heftig in der Presse diskutiert.

Ueber die Nebenstrassen nach Kampala ist wesentlich gesuender, als auf der Hauptstrasse
Über die Nebenstrassen nach Kampala ist wesentlich gesünder, als auf der Hauptstrasse

Daher war die Strecke über die Nebenstrassen und Pisten wesentlich angenehmer. Nur ab und zu kam ein Minibus oder ein Zuckerrohrtruck vorbei. So konnte ich noch mal Land und Leute weitab der Hauptreiserouten geniessen und habe viele Pausen eingelegt, einfach um zu quatschen und mir das Land anzuschauen. Leider hört das Vergnügen mit dem Erreichen der Hauptstrasse vor Kampala auf. Den Verkehrswahnsinn hier habe ich ja bereits im letzten Eintrag beschrieben. Aber zumindest rasen sie nicht so, geht auch gar nicht, bei dem Verkehrsaufkommen.

Bei meinen Gesprächen in Jinja mit den seit langem in Uganda lebenden Ausländern und auch mit vielen Ugandern habe ich herausbekommen, das dieses Land jährlich eine siebenstellige Anzahl an Toten durch Malaria, Bilharzerose und HIV zu verzeichnen hat. Allein an die 100.000 Kinder sterben jährlich an Malaria, weshalb derzeit wieder mal eine Aufklärungskampagne durchs Land rollt. Allerdings greift das auch nur dann, wenn sich die Leute die Medikamente und Vorsorgemittel auch leisten können. Derzeit verdient ein Arbeiter hier in Uganda am Tag zwischen 3000 und 5000 Uganda Schilling. Das sind zwischen 1 und 2 Euro pro Tag. In guten Jobs bekommt man auch schon mal 10.000 bis 15.000 USh. Und im Vergleich dazu gebe ich hier pro Tag inklusive Unterkunft und Essen sowie Trinken (ist ja meist der Hauptposten) zwischen 6 und 8 Euro aus. Das nur zum Vergleich. Vielleicht noch eine Zahl zu Uganda: der Altersdurchschnitt der Bevölkerung liegt bei 15 Jahren. Die Zuwachsrate ist enorm, weshalb auf lange Sicht Uganda wohl ein Problem bekommt.

Sehr schoen: ein Masgazin informiert ueber die dunkle Seite des Valentinstags
Sehr schön: ein Magazin informiert über die dunkle Seite des Valentinstags

Und nun bin ich also in Entebbe, der alten Hauptstadt der britischen Kolonialzeit. Hier befindet sich noch das State House Ugandas und damit der Sitz des Präsidenten. Ansonsten ist Entebbe ein kleiner Ort mit etwas kolonialem Charme, der hauptsächlich durch den einzigen internationalen Flughafen Ugandas dominiert wird. Nach einer regenreichen Nacht habe ich mein Zelt im Garten des Backpackers Entebbe aufgeschlagen und werde heute mit Sachen waschen und Gepäck zusammenstellen verbringen. Morgen habe ich noch etwas Zeit und werde noch an den Victoriasee radeln und hier noch etwas rumhängen, bevor es zum nur 3 km entfernten Airport geht.

Good Bye Uganda. Schoen wars...
Good Bye Uganda. Schön wars…
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