Reiseradler-Interview #22: Dani und Fabi von tapinambur.de

Vor vielen Monaten bin ich auf Facebook über beeindruckende Bilder einer Radreise gestolpert: Da waren zwei Jungs unterwegs auf großer Tour und das auch noch nicht mal wirklich geplant. Das klang klasse und hat mich neugierig gemacht, genauso wie der Name der beiden: Tapinambur! Und während ihr noch überlegt, wie das ausgesprochen wird, habe ich Dani (Daniel Steinit) und Fabi  (Fabian Keilpflug) um ein Interview gebeten. Beide sind nach 3,5 Jahren „on the road“ mittlerweile wieder zuhause angekommen und haben sich nun Zeit genommen, meine Fragen zu beantworten. Hier erzählen sie, wie sie in Australien von Rucksack-Touristen zu Fahrradreisenden wurden. Ach ja, und der Team-Name Tapinambur ist eine Ableitung von Topinambur, der Süßkartoffel, der aber außer, dass er schön klingt, keine besondere Bedeutung hat.

Dani und Fabi auf großer Tour © www.tapinambur.de
Dani und Fabi auf großer Tour © www.tapinambur.de

Zum Warmwerden: Wie seid ihr zum Radreisen gekommen?

Sehr spontan. 🙂 Am Anfang unserer 3,5 jährigen Reise haben wir nicht im Traum daran gedacht, einmal auf Fahrrädern um die Welt zu fahren. Wir hatten damit nichts zu tun und auch überhaupt keinen Plan. Allerdings haben wir in Südostasien schnell bemerkt, dass uns das Reisen mit dem Bus nicht so liegt. Zu schnell zogen die Landschaft oder die Menschen an einem vorbei und oft wären wir gerne einfach ausgestiegen. Da wir trotzdem immer versuchten, abseits der Touristenwege zu bleiben, trafen wir bei der Überfahrt mit der Fähre von Singapur nach Indonesien die beiden Engländer Jamie und Henry, die zu dem Zeitpunkt schon 30.000 Kilometer im Sattel hinter sich hatten und auf dem Weg nach Australien waren. Das hat uns den letzten Kick gegeben und wir haben beschlossen, unsere Augen nach Traveller-Bikes offen zu halten. Nachdem wir 1 Jahr in Australien unsere Reisekasse aufgefüllt und erfolglos in so ziemlich jeden Laden nach bezahlbaren Reiserädern geschaut hatten, fanden wir schließlich in Sydney 2 Koga Bikes im Ausverkauf. Das war der Start, wir sind nach Neuseeland und haben als blutige Anfänger mit einer Trödelladen Ausstattung dort unsere ersten von später 25.000 Kilometern bewältigt.

Zum Träumen: Wo wart ihr schon überall und wo müsst ihr noch hin?

Mit den Fahrrädern sind wir durch Neuseeland geradelt, danach von den USA bis nach Argentinien weiter von Südafrika nach Kenia und zu guter Letzt von Istanbul zurück nach Deutschland. Ohne die Bikes haben wir Südostasien, Australien und vor allem Europa gesehen. Wenn es darum geht, wo man noch hin muss, dann sprengt das hier den Rahmen, aber als Favoriten stehen der Mittlere Osten, Russland, Indien und China weit oben.

In Bolivien © www.tapinambur.de
In Bolivien © www.tapinambur.de

Zum Nachmachen: Welches Land könnt ihr empfehlen und warum?

Das kommt sehr auf die Person an, der wir die Empfehlung geben sollen. Die Länder sind so individuell wie wir Menschen. Jedes Land hat seine Besonderheiten, seine Kultur, sein Klima etc. Für Traumstrände schau mal nach Südostasien, Australien oder Mittelamerika. Hohe Berge findet man fast überall, aber die Anden sind schon gewaltig. Wenn du Einsamkeit und Weite magst, dann ist Bolivien und Argentinien sicherlich etwas. Und wenn du Menschen ganz nah erleben magst, wilde Tiere sehen willst oder nach dem perfekten Fotolicht suchst, dann geh nach Afrika 😉

In Tansania © www.tapinambur.de
In Tansania
© www.tapinambur.de

Zum Erfahren: Was hat Euch unterwegs am meisten beeindruckt?

Am spannendsten waren für uns eigentlich immer die chaotischen Orte, die Dreckigen, Vermüllten und Überfüllten. Einfach weil es dort so anders ist als hier in Deutschland, das ist es, was wir sehen wollten und was einem als besonders in Erinnerung bleibt. Auf der anderen Seite hat uns die Gastfreundlichkeit wildfremder Menschen beeindruckt. Es gab Situationen, wo uns Leute nach 10 Minuten Quatschen ihren Hausschlüssel in die Hand gedrückt haben und im nächsten Augenblick für 2 Stunden verschwunden waren. Für viele Leute sicher undenkbar. Ein weiteres besonderes Erlebnis war die Überfahrt von Panama nach Kolumbien, über den Pazifik durch das Darien Gap. Da es dort keine offizielle Route gab, mussten wir selber einen Weg finden.

Überfahrt nach Kolumbien © www.tapinambur.de
Überfahrt nach Kolumbien © www.tapinambur.de

Zum Leben: Seid ihr lieber zu zweit unterwegs, oder käme auch mal eine Solo-Reise in Frage? Und warum?

Wir sind gerne zu zweit unterwegs, denn es ist schön, wenn man seine Erlebnisse mit jemandem teilen, Probleme besprechen und sich gegenseitig unterstützen kann. Gerade wenn man z.B. einkaufen geht, ist es einfacher, wenn einer da ist, um auf die Räder aufzupassen. Natürlich hat auch das alleine Reisen viele Vorteile, aber wenn, dann können wir uns das eher für kleinere Touren (2-3 Monate) vorstellen.

Zum Fahrrad: Stellt es uns bitte mal kurz vor: Welche Komponenten sind an Euren Rädern dran?

Wir haben beide ein ungefedertes Koga Miyata mit Tubus Gepäckträgern, 28er Laufräder, die mit Schwalbe Marathon Plus bemantelt sind. Dazu Shimano LX Ausstattung, V-Breaks und einen Brooks Ledersattel. Wir hatten ziemliches Glück damit, da wir, wie oben schon erwähnt, in Australien immer wieder nach geeigneten Touring-Bikes Ausschau gehalten, doch nie das Richtige entdeckt haben.

Das Koga  © www.tapinambur.de
Das Koga © www.tapinambur.de

Erst knapp 1 Woche, bevor wir Australien verlassen wollten, fanden wir genau 2 passende Bikes im Ausverkauf und für die Hälfte des eigentlichen Preises. In Neuseeland hatten wir dann noch mal Glück: Dort bekamen wir für jeden ein Ortlieb Taschen-Set aus zweiter Hand und zu einem guten Preis. Den Rest unsere Ausrüstung haben wir uns unterwegs zusammengestottert, da wir keinen Plan von irgendwas hatten.

Zum Mitfühlen: Gab es Pannen unterwegs und wenn ja, welche?

Wenn man so lange reist, passiert schon einiges. Ein größeres Problem hatte Dani in Peru, als wir über den Pastoruri Gletscher nach Huallanca gefahren sind. Von einem auf den anderen Moment zog sich plötzlich sein Tretlager fest, sodass wir nicht mehr weiter konnten und nun auf ca. 4400m N.N. erfolglos versuchten, das Lager aufzubekommen. Da es schon relativ spät war und es nun auch noch anfing zu regnen, entschlossen wir uns, dort die Zelte aufzuschlagen. Das Unglück kommt selten allein, denn noch in der gleichen Nacht liegt Dani bei 3°C Außentemperatur plötzlich auf dem kalten Boden, da seine Isomatte(Exped) ebenfalls den Geist aufgeben hatte und auch sie sich nicht einfach flicken ließ, da das Loch an einer sehr ungünstigen Stelle war. „Alles, was schiefgehen kann, wird auch schief gehen“ (Murphys Gesetz). Am nächsten Morgen entschlossen sich die Tapis, sich zu trennen. Und so schob Dani seinen Drahtesel knapp 40 Kilometer zurück in ein Dorf, um Hilfe zu bekommen, während Fabi fast ohne Proviant, bei Schneeregen und Sturm über den 5.000m Pass nach Huallanca fuhr.

 © www.tapinambur.de
© www.tapinambur.de

Zum Wissen: Euer ultimativer Tipp für das Reisen mit dem Fahrrad?

Sei spontan und plane nicht so viel voraus, denn es kommt immer anders, als man denkt. Es ist purer Stress, irgendwelchen selbst aufgedrückten Zeiten hinterher zu jagen oder möglichst alle Touristenattraktionen zu sehen, weil man ja gerade in der Nähe ist. Es geht eigentlich nicht darum, irgendwo anzukommen, sondern zu fahren, um zu erfahren. Oft dreht es sich auch um Kilometer, um Leistung, etc., aber es ist deine Radreise und du musst niemandem etwas beweisen, außer du willst es! Zum Kräftemessen gibt es Wettbewerbe!

Gute Nacht in Bolivien  © www.tapinambur.de
Gute Nacht in Bolivien © www.tapinambur.de

Ansonsten war für uns immer wichtig, die Sprache von dem jeweiligen Land zu lernen. Wir hatten irgendwann eine Liste von 15-20 essenziellen Sätzen, mit denen wir super über die Runden kamen und dadurch den Respekt der Einheimischen ernteten.

Noch ein wichtiger Tipp: Auch wenn du dich nicht immer waschen kannst, gib Acht auf deine Zähne.

Zum Nachdenken: Was ist schwerer: Losfahren oder Wiederkommen?

Für uns weder noch. Am Anfang haben wir uns riesig auf die Reise gefreut und am Ende auf unsere Familien und Freunde. Es ist eher schwerer, wenn man mittendrin ist, an Tagen wie Weihnachten oder Ostern. In solchen Momenten haben wir schon mal sehnsüchtig nach Hause geschaut und im Inneren überlegt, was wir hier eigentlich machen. 🙂

Ganz schön frisch in Kroatien  © www.tapinambur.de
Ganz schön frisch in Kroatien © www.tapinambur.de

Zum Abschluss: Was ist als nächstes geplant?

Wir haben noch sehr viel vor, jetzt wollen wir aber erst mal unser Projekt aufarbeiten und schauen, was wir damit alles anstellen können. Gerade sind wir dabei, unser Videomaterial zu sichten, um daraus eine Dokumentation zu produzieren. Weiter kleinere Trips sind zwar schon im Gespräch, aber da gibt es noch nichts Konkretes.

Mehr über Dani und Fabi gibt es hier:

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